Rede von
Adolf
von
Thadden
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(Fraktionslos)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DRP)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch wir sind der Auffassung, daß das innerbetriebliche Mitbestimmungsrecht ausgebaut und erweitert werden sollte, und zwar in Richtung auf Gewinnbeteiligung, die unseres Erachtens die beste Grundlage für einen dauerhaften Frieden zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite sein wird. Wir glauben auch, daß die Gewerkschaften im Rahmen ihrer sozialpolitischen Aufgaben durchaus ihre Bedeutung und ihre absolute Existenzberechtigung haben. Aber das, was in den letzten Wochen vor sich gegangen ist, ist unseres Erachtens ein Alarmsignal, und wenn die Gewerkschaften in Zusammenarbeit miit der Sozialdemokratie und mit der KPD politische Streiks anzetteln — um nach den Worten des Herrn Kollegen Imig die Macht zu erringen —,
dann ist der Boden des Rechts ziemlich durchlöchert.
Alles in allem: das 'Gesetz in 'der Ausschußfassung ist ganz leidlich, und zwar weniger deswegen, was drinsteht, als deswegen, was nicht hineingekommen ist, obwohl sich die SPD im Auftrag des DGB die größte Mühe gegeben hat. Wir freuen
uns auch, daß die Regierungskoalition inzwischen begriffen hat, daß Kompromißlereien auf diesem Gebiete wenig nützlich sind und man hier eine klare Stellung beziehen muß. Wenn das Gesetz so aussehen würde, wie es — Gott sei Dank ist das nicht der Fall — DGB und SPD vorhatten, dann würde die Befugnis zur Kontrolle der gesamten deutschen Wirtschaft praktisch in die Hand einer großen Organisation gegeben werden, die in .Wirklichkeit aber nur einen Teil der Arbeitnehmerschaft umfaßt.
In diesem Zusammenhang sollten sich einige Unternehmer, die immer über die Gewerkschaften klagen, fragen, ob es richtig ist, die Gewerkschaften zu stärken, indem sie freiwillig die Gewerkschaftsbeiträge vom Lohn abziehen, anstatt das dem Hauskassierer des DGB zu überlassen.
Die Wünsche des DGB und der SPD bedeuten nur eine besonders raffinierte Form der Sozialisierung. In England hat man nicht nur die Machtmittel der Wirtschaft sozialisiert, sondern man hat auch das Risiko sozialisiert, das Risiko des Defizits, indem man das auf den Steuerzahler ,abgewälzt hat. Hier macht man es ganz anders. Man will die Machtmittel sozialisieren und das Risiko beim Unternehmer belassen. Wir glauben, daß dies unzweckmäßig ist, und wir hoffen, daß bei den Abstimmungen, die jetzt vor uns stehen, die Änderungsanträge Euler, Preusker und Genossen angenommen werden. Wir glauben, daß sie den Charakter dieses Gesetzes wesentlich verbessern könnten, so daß auch wir dem Gesetz dann zustimmen könnten.