— — automatisch niedergestimmt. Die Durchpeitschung des reaktionären Betriebsverfassungsgesetzes steht in engem Zusammenhang mit dem Generalkriegsvertrag und den verstärkten Kriegsvorbereitungen in Westdeutschland.
Die gewaltigen Demonstrationen und Proteststreiks der Arbeiter, der 6 Millionen Gewerkschaftler in den letzten Wochen haben gezeigt, daß die Arbeiterschaft der Kriegspolitik der Bundesregierung entschiedenen Widerstand entgegensetzt.
Mit dem Betriebsverfassungsgesetz unternimmt die Regierungskoalition den Versuch, den Widerstand der Arbeiter zu brechen. Um ohne Störungen die Rüstungsproduktion durchführen zu können, sollen die Rechte der Betriebsvertretungen, die Meinungs- und Versammlungsfreiheit der Belegschaften weitgehend eingeschränkt und die Rechte, die sich die Arbeiterschaft seit 1945 errungen hat, beseitigt werden.
Das vorliegende Betriebsverfassungsgesetz ist schlechter als das Betriebsrätegesetz der Weimarer Zeit, schlechter als die Betriebsrätegesetze in den verschiedensten Ländern und als das Kontrollratsgesetz Nr. 22. Daran ändern auch die Bemerkunger des Abgeordneten Sabel am Vormittag nichts.
Der reaktionäre Charakter dieses Gesetzes kommt in folgenden Punkten zum Ausdruck:
1. Die Arbeiterschaft soll durch dieses Gesetz aufgespalten werden. Den Arbeitern, Angestellten und Beamten der öffentlichen Dienste will man ein Sondergesetz aufzwingen.
2. Allen Jugendlichen bis zu 18 Jahren wird das Wahlrecht zum Betriebsrat genommen. Nur mit 21 Jahren ist der Betriebsangehörige wählbar. Nur bei zweijähriger Tätigkeit in einem Betrieb kann ein Arbeiter oder Angestellter in den Betriebsrat gewählt werden.
Durch die Annahme der Änderungsanträge der Koalitionsparteien wurde das Gesetz weiter verschlechtert.
In allen land- und forstwirtschaftlichen Betrieben soll— gemäß Ihrem Änderungsantrag — nur ein Betriebsrat gewählt werden, wenn mindestens 10 wahlberechtigte Arbeitnehmer vorhanden sind. Entgegen dem Willen der Arbeiter und auch zum größten Teil entgegen dem Willen von Gewerkschaftseinheiten wird die Amtsdauer der Betriebsräte in diesem Gesetz auf zwei Jahre festgelegt.
3. Die Arbeitsgerichte werden nach diesem Gesetz zu der wichtigsten Entscheidungsinstanz. Jeder Unternehmer hat die Möglichkeit, unter Bezugnahme auf dieses Gesetz gegen konsequente Gewerkschafts- und Betriebsfunktionäre, die sich entschlossen für die Rechte der Arbeiterschaft einsetzen, vorzugehen. Er kann unter Berufung darauf, daß der Betriebsrat den Arbeitsfrieden gefährdet habe, die Auflösung des Betriebsrates beim Arbeitsgericht beantragen.
4. Der Betriebsrat soll alles unterlassen, was geeignet ist, die Arbeit und den Frieden im Betrieb zu gefährden. Was verbirgt sich hinter dieser Forrmulierung? Der Betriebsrat soll an der Wahrnehmung der Interessen für seine Belegschaft durch eine solche Festlegung behindert, und jeder Kampf gegen verschärfte Ausbeutung und die Verschlechterung der Arbeitsbedingungen soll dadurch zunichte gemacht werden.
5. In § 55 wird festgelegt, daß der Betriebsrat gegenüber der Öffentlichkeit und sogar gegenüber seiner eigenen Belegschaft Verschwiegenheit üben muß, wenn der Unternehmer diese Schweigepflicht ganz besonders verlangt. Verletzt der Betriebsrat diese Forderung des Unternehmers, dann wird er gemäß den Strafbestimmungen mit schweren Geldstrafen oder mit Gefängnisstrafe von sechs Monaten bis zu einem Jahr bedroht.
6. Nur in geringen sozialen Fragen soll der Betriebsrat mitbestimmen können. Bei Einstellungen ist der Betriebsrat nur zu unterrichten. Gibt der Betriebsrat zur Einstellung seine Zustimmung nicht, dann ist er auf das Arbeitsgericht verwiesen. Der Unternehmer kann einseitig nach eigenem Gut-d Linken Einstellungen vornehmen. Die AdenauerKoalition hat durch dieses Gesetz festgelegt, daß der Betriebsrat nur bei Massenentlassungen und bei Betriebseinschränkungen, -stillegungen und -verlagerungen angehört werden soll. Ohne Zweifel wurde dabei an die Festlegungen des Schuman-plans gedacht, in dem bereits gesagt wurde, daß unrentable Zechen und Stahlwerke stillgelegt werden, und an den Generalvertrag, der besagt, daß unter Umständen ganze Fabrikanlagen aus strategisch gefährdeten Gebieten in andere Gebiete verlegt werden können.
7. Durch die Bildung von Wirtschaftsausschüssen mit beratender Funktion in den Betrieben will man die Mitglieder der Betriebsräte mitverantwortlich machen für die Durchführung der gesteigerten Ausbeutung, der Rationalisierung und von Rüstungsaufträgen.
8. Der Betriebsrat soll nach diesem Gesetz „vertrauensvoll" — wie es heißt — mit dem Unternehmer zusammenarbeiten. Das heißt aber in Wahrheit, daß der Betriebsrat zum Handlanger für die Unternehmerinteressen gemacht und daß er mitverantwortlich sein soll z. B. bei der reibungslosen Durchführung von Rüstungsaufträgen. In den Betrieben will man durch dieses Gesetz jede Kampfhandlung der Arbeiter für ihre Interessen unterbinden und den Burgfrieden zur Durchsetzung der Kriegspläne des amerikanisch-deutschen Monopolkapitals durchsetzen.
9. Durch dieses Gesetz haben die Unternehmer die Möglichkeit, alle Betriebsvereinbarungen zu kündigen. Ebenso werden durch dieses Gesetz alle Ländergesetze aufgehoben. Es ist nicht so, wie der Kollege Sabel heute morgen sagte, daß dieses Gesetz im wesentlichen auch die Formulierungen der Ländergesetze beinhalte. Die Betriebsvereinbarungen bei Krupp und anderen Fabriken gehen viel weitet als die Formulierungen in diesem Gesetz. Durch die rücksichtslose Durchpeitschung dieses Betriebsverfassungsgesetzes will man erreichen, daß die Arbeiter in Zukunft praktisch nur noch zu kleinen sozialen Fragen Stellung nehmen können. Dieses Gesetz wäre gar nicht möglich gewesen, es wäre gar nicht zur Debatte um dieses Gesetz gekommen, wenn Fette und vom Hoff die Kampfaktionen der Arbeiter nicht abgebrochen hätten. Die Arbeiter haben recht behalten, als sie in den Gewerkschaften sagten, man dürfe mit der Adenauer-Regierung und mit der Koalition nicht weiterverhandeln, sondern man müsse das ganze Gewicht der Gewerkschaften zur Durchsetzung der Forderungen der Arbeiter in die Waagschale werfen.
Ich möchte dem Kollegen Ollenhauer, der heute morgen auf die Methoden hinwies, die hier die Regierungskoalition in den letzten Tagen angewandt hat, sagen: Herr Kollege Ollenhauer, wenn Ihre Partei und der DGB die Arbeiter zur Weiterführung der Kampfaktionen aufgerufen hätten, dann wäre dieses provokatorische Vorgehen in diesem Hause gegenüber der Arbeiterschaft unterblieben.
Was haben Sie zu sagen? — Sie schreiben im „Neuen Vorwärts" diese Woche, daß die Sozialdemokratische Partei . in diesem Hause weitgehend Widerstand geleistet habe. Aber Sie schreiben weiter im „Neuen Vorwärts", mit dem Stimmzettel werde eines Tages auch entschieden werden, ob die Reaktion im Sattel bleibt oder eine fortschrittliche Mehrheit ein wirkliches Mitbestimmungsrecht schaffen kann. Ich wende mich hier ganz besonders an die sozialdemokratischen Kollegen. Denken Sie zurück an den 20. Juni 1932 beim Papen'schen Staatsstreich. Auch damals hat Ihre Parteiführung auf die kommenden Reichstagswahlen verwiesen. Haben Sie und die Arbeiter durch Reichstagswahlen den weiteren Vormarsch der Reaktion und den Sieg des Hitlerfaschismus verhindern können?
Ich möchte den Kollegen Ollenhauer doch daran erinnern, wenn er heute morgen auf die gefahrvolle Entwicklung der Wiedererstarkung der Reaktion in Westdeutschland hinwies, daß, wenn seine Parteiführung und seine Partei seit 1945 aus der Vergangenheit die richtigen Lehren gezogen hätte und den konsequenten Kampf mit der gesamten Arbeiterschaft für die Errichtung einer wirklich demokratischen Ordnung in ganz Deutschland geführt hätte, er sich heute nicht hierherzustellen und sich zu beschweren brauchte über das Vorgehen der Regierungskoalition, wie wir es in den letzten Tagen erlebt haben.
Ich wende mich an dieser Stelle besonders an meine Gewerkschaftskollegen. Zur Frage steht jetzt: Was soll jetzt geschehen? Glauben Sie denn, daß man mit papierenen Entschließungen und Resolutionen diesen Zustand in Westdeutschland beenden oder ändern könnte? Ich sage: mit solchen Methoden kommt man gegen diese Regierungskoalition und gegen diese Regierung nicht weiter. Deshalb
sage ich den Gewerkschaftskollegen und allen Arbeitern in den Betrieben: Nehmt sofort in allen Betrieben zur Lage Stellung und verhindert, daß irgendwelche Verschlechterungen eintreten. Tretet dafür ein, daß die Aktionseinheit der Arbeiter hergestellt wird.