Rede von
Arthur
Mertins
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die beiden Großen Anfragen, sowohl die der DP als auch die der CDU, erwecken in der Öffentlichkeit den Anschein, als ob sich auf dem Gebiet der Fischwirtschaft jetzt wirklich irgend etwas Neues getan habe und als ob jetzt hier im Bundestag ein besonders großes Interesse an der Fischwirtschaft vorhanden sei. Kenner der Fischwirtschaft wissen aber, daß diese beiden Großen Anfragen eigentlich nur der Tarnung der Verlegenheit über die tatenlose Bundesregierung zuzuschreiben sind.
Denn es ist ja nichts auf dem Gebiete der Fischwirtschaft passiert, was nicht schon vor eineinhalb Jahren vorhanden gewesen wäre.
Bereits am 29. März 1950, also vor mehr als einem Jahr, hatte der Unterausschuß Fisch, den der Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten eingesetzt hatte, eine Empfehlung zusammengestellt, in der ausnahmslos alle Punkte, die jetzt in den Großen Anfragen der beiden Koalitionsparteien so herausgestellt sind, eingehend behandelt waren.
Diese Empfehlung ist damals von dem Unterausschuß und auch vom Ernährungsausschuß positiv verabschiedet worden.
Meine Fraktion hat damals hervorragenden Anteil an der Formulierung und Erarbeitung dieser Empfehlung genommen, weil wir damals schon wußten — was uns heute erst wieder als anscheinend neue Erkenntnis präsentiert worden ist —, daß der Fisch eine volkswirtschaftlich große Bedeutung hat und daß er auch ernährungswirtschaftlich nicht mehr aus dem deutschen Leben wegzudenken ist. Wir haben aber damals bereits gewußt, daß es schwer sein würde, die einstimmig beschlossenen Empfehlungen des Unterausschusses wirklich in die Tat umzusetzen.
Die damaligen Empfehlungen kann man in drei große Gruppen zusammenfassen. Wir haben damals Vorschläge zur Erneuerung der Hochseeflotte und zur Sicherung ihrer Rentabilität gemacht. Zweitens haben wir eine Marktbeobachtung verlangt und Vorschläge für die Absatzförderung und die Fischwerbung eingehend niedergelegt. Wir haben drittens Maßnahmen zur Ordnung des Marktes auf dem Gebiet der Fischwirtschaft einschließlich der Regelung der Importe verlangt. Der Ernährungsausschuß hat sich diesen Vorschlägen einstimmig angeschlossen und die Empfehlungen an den Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten weitergegeben. Es haben dann weitere Besprechungen der Experten für Fischwirtschaft in diesem Hause mit dem Ernährungsministerium stattgefunden. Geschehen ist in der ganzen Zeit, also in eineinhalb Jahren, so gut wie nichts.
Denn es ist doch wirklich etwas dürftig, wenn der Herr Minister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten heute hier bei der Antwort auf die Großen Anfragen seine Zuflucht darin suchen muß, daß er aufzählt, welche Broschüren und Plakate für die Hebung des Absatzes und die Hebung des Konsums von ihm und seinem Ministerium herausgegeben worden sind.
Das sind doch Palliativmittel, denen die Basis fehlt, auf der allein die Neuordnung der gesamten Fischwirtschaft aufgebaut werden kann.
Die Erneuerung der Flotte, die hier durch den Herrn Bundesminister festgestellt worden ist, ist j a durch die fast alleinige Hilfe der Länder geschehen. Die Konkurrenzfähigkeit mit dem Ausland durch Verbilligung von Diesel und Kohle ist doch immer nur auf Druck dieses Hohen Hauses durchgesetzt worden.
Die Marktbeobachtung fehlt meines Erachtens völlig. Man müßte mich vom Gegenteil überzeugen, wenn ich es anders sehen sollte. Die Absatzförderung ist noch nicht einmal in den Anfängen des Versuchsstadiums. Die Fischwerbung ist vielleicht etwas angelaufen — es haben sich manche Leute sehr viel Mühe damit gemacht —, aber sie ist unzureichend und muß unzureichend bleiben, solange das Marktordnungsgesetz, das jetzt wahrscheinlich so die 25. Fassung haben wird, diesem Hohen Hause noch nicht zur Entscheidung vorgelegt wird.
Angesichts dieser Tatsachen wirken die beiden Anfragen auf mich und auch auf andere Kenner der Verhältnisse etwas komisch. Ihre Regierung ist es doch, die die Beschlüsse von damals nicht durchgeführt hat. An Ihren Ernährungsminister waren die Beschlüsse schon vor eineinhalb Jahren gerichtet.
Ich bin weit davon entfernt, allein dem Herrn Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten den Vorwurf zu machen, daß er versagt habe. Die Schuld liegt in der Doppelzüngigkeit, verzeihen Sie, in der Zweigleisigkeit Ihrer Wirtschaftspolitik, in der Starrheit Ihres Finanzministers gegenüber den Erfordernissen dieses Zweiges der deutschen Wirtschaft. Ich hatte bis heute morgen den Eindruck, als suchten Sie durch diese Großen Anfragen bei der Opposition Bundesgenossen, um Ihre eigenen Minister wegen ihrer Unzulänglichkeit hier in offener Feldschlacht des Parlaments zu besiegen.
Wir hätten Ihnen diese Hilfestellung gern geleistet. Leider mußten wir erfahren, daß der Antrag der CDU/CSU dann während der Verhandlungen hier wieder zurückgezogen worden ist.
Wir wollen Sie aber nicht aus der Verantwortung entlassen, meine Damen und Herren. Daher erlaube ich mir, im Namen meiner Fraktion den Antrag zu stellen, den ich dem Herrn Präsidenten hiermit schriftlich übergebe und der lautet:
Der Bundestag wolle beschließen:
Die Bundesregierung wird ersucht, dem Bundestag bis zum 15. September 1952 den Entwurf eines Fischgesetzes vorzulegen.
Ich will auf die materiellen Dinge in der Fischwirtschaft nicht eingehen. Ich halte dafür, daß heute nicht Zeit und Ort dafür sind, eine große Debatte über Fischwirtschaft vom Zaune zu brechen. Dazu wird ausreichend Gelegenheit sein, wenn wir das hoffentlich mit Ihrer Hilfe jetzt bald vorzulegende Fischgesetz beraten werden. Ich bitte Sie aber im Namen meiner Fraktion im Interesse der Fischwirtschaft und im Interesse der Konsumenten: nehmen Sie unseren Antrag an! Wir haben die Befürchtung, daß sonst aus der ganzen Geschichte nicht mehr herauskommt als ein Hornberger Schießen.