Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich weiß nicht, ob es angebracht ist und Aussicht auf Erfolg hat, sich mit den beiden ersten bayerischen Rednern auseinanderzusetzen.
--- Die beiden ersten bayerischen Redner! — Die Gedanken, die hier vorgetragen worden sind, sind nicht neu. Sie sind mehrfach hin- und hergewälzt worden; aber ich kann den Bayern zu ihrer tröstlichen Beruhigung sagen, daß auch im Bundesjagdgesetz der bayerische Löwe nicht in den Katalog der jagdbaren Tiere aufgenommen worden ist.
Für die CDU habe ich zu erklären, daß wir dem Bundesjagdgesetz in der Fassung der zweiten Lesung unsere Zustimmung geben werden. Ich gebe dabei der Hoffnung Ausdruck, daß dieses Gesetz mit dazu beitragen wird, das jahrelange jagdliche Interregnum zu beendigen, das nicht nur der Jagd, sondern auch besonders der deutschen Land- und Forstwirtschaft so schwere Wunden geschlagen hat. Weiter gebe ich der Hoffnung Ausdruck, daß diese bundeseinheitliche Regelung des Jagdrechts in den Grundsatzfragen einen Rückfall in größte jagdrechtliche Verschiedenheiten in den einzelnen Ländern verhindert, wie wir sie vor dem Bundesjagdgesetz hatten und wie sie damals der Jagd unermeßlichen Schaden zugefügt haben. Wir schaffen also tatsächlich mit diesem Gesetz einen Rahmen für die jagdrechtliche Entwicklung in den Ländern.
Sicherlich, Herr Kollege Schmidt, wir wissen auch, daß der Gesetzentwurf ein Kompromiß ist. Wenn wir trotz der scharfen Kritik, die von allen
Seiten geübt wird, diesem Kompromiß unsere Zustimmung geben, dann weiß ich, daß wir uns über die Mängel, die ein Kompromiß an sich hat, hinwegsetzen müssen.
Es handelt sich übrigens nur um einen Kompromiß scheinbar unvereinbarer Gegensätzlichkeiten von Forderungen derjenigen, die einer Erhaltung und Hege des Wildes das Wort reden, und derjenigen, die die besonderen Forderungen von Land- und Forstwirtschaft und ihren Schutz vor Wildschaden betonen und verfechten. Es ist zweifellos ein unbefriedigender Kompromiß insofern, als überspitzte Forderungen auf übertriebene Hege oder auf übertriebenen Abschuß nicht erfüllt werden. Insofern aber ist es ein befriedigender Kompromiß, als die vernünftigen Forderungen in dieser Beziehung zu ihrem Recht kommen.
Wir sind davon überzeugt, daß 'den berechtigten Forderungen von Land- und Forstwirtschaft, die von den Vorrednern stark herausgestellt worden sind — Schutz vor Wildschäden —, Rechnung getragen und daß der Vorrang der Landeskultur in diesem Gesetz absolut gesichert und garantiert ist. Wir wollen nur hoffen und wünschen und fordern auch seitens der Land- und Forstwirtschaft, daß das Gesetz in ,diesem Sinne gehandhabt und ausgelegt wird.
Die Frage der Wildschäden hat bei der Diskussion dieses Gesetzes eine berechtigt große Rolle gespielt. Das Gewicht der Argumente der Land-und Forstwirtschaft war um so schwerer, als die Wildschäden in der Vergangenheit abnorm hoch waren. Damit ist nicht gesagt, daß diese Fragen heute geklärt und die Verhältnisse zufriedenstellend wären. Nach wie vor hören wir Klagen in dieser Beziehung, und ich darf sagen, daß kürzlich in diesem Hohen Hause auf eine Frage meines Kollegen Junglas, die diese Angelegenheit betraf, von dem Finanzministerium eine vollkommen unbefriedigende Antwort in bezug auf Ersatz des Wildschadens in den Besatzungsjagden gegeben werden ist. Die Schuld an diesen Verhältnissen liegt aber nicht in Ursachen, die wir zu vertreten haben, oder vielleicht in der falschen Fassung der Länderjagdgesetze; sie liegt eben an dem bisher bestehenden Jagdverbot für deutsche Jäger und an der Tatsache, daß die paar Lizenzträger und Jagdkommandos das Schadenwild nicht kleinhalten konnten. Daher die starke Vermehrung des Schwarzwildes und die Schäden in der Landwirtschaft und daher die starke Vermehrung des Rotwildes und 'die Schäden in der Forstwirtschaft! Die Wiederausübung der Jagd durch deutsche Jäger hat schon eine merkliche Besserung gebracht und wird in Bälde wieder normale Verhältnisse schaffen. Da aber, wo künftig ausländische Jäger jagdberechtigt sind, sind bei der künftigen Regelung deren jagdrechtliche Verhältnisse so zu regeln, daß sie dem deutschen Jagdrecht unterstehen und daß sie bei gleichen Rechten, so wie das ja nun Gott sei Dank im Generalvertrag vorgesehen ist, auch die gleichen Pflichten haben, daß sie also ebenso wie die deutschen Jäger verpflichtet sind, in ihren Revieren Wildschaden zu bezahlen.
In das Gesetz sind zu unserer Befriedigung und durchaus im Einklang mit den Interessen der Landeskultur Hegerecht und Hegepflicht eingebaut. Beide bilden einen wesentlichen Bestandteil des Gesetzes, und das ist gut so. Die Erhaltung des Wildes — auch darauf ist schon hingewiesen worden — ist ein Gesamtanliegen des Volkes, das einen Anspruch auf Erhaltung dieses Kulturgutes hat, nachdem soviele Kulturgüter leider bei uns verlorengegangen sind. Es hat Anspruch auf die Freude an dem lebenden Wild, soweit es nicht völlig materialistisch geworden ist und sich überhaupt noch an der Natur freuen kann und freuen will. Aber denjenigen, die mehr materiell denken, sei gesagt, daß die Jagd durch das Wildpret, durch die Pachterträge, durch die Steuern und Abgaben und durch die Aufträge an Handel und Industrie auch sehr große materielle Vorteile bietet. Nun ist es eine Selbstverständlichkeit, daß bei den besonderen Verhältnissen in der Bundesrepublik — denken Sie an die Bevölkerungsdichte, denken Sie an den starken Verkehr, denken Sie an das Vordringen der Industrie aufs Land, denken Sie an die Intensität unserer Land- und Fortstwirtschaft — besondere Hegemaßnahmen notwendig sind, anders als in den großen Gebieten Amerikas. Hier nun gehen die Meinungen auseinander. Dem einen gehen die vorgesehenen Hegemaßnahmen zu weit; dem andern genügen sie nicht. Wir glauben, daß die notwendigen und vertretbaren Maßnahmen im Rahmen des Möglichen in das Gesetz eingebaut sind.
Zu dem meistumstrittenen § 21 in Verbindung mit § 37 nur folgendes. Man mag ihn formulieren, wie man will, und mag mit der Festsetzung, Kontrolle und Aufsicht beauftragen, wen man will — ich glaube ja, daß sich der Bundesrat mit diesem Paragraphen noch befassen wird —: im guten Sinne wird sich der Abschußplan nur auswirken, wenn er im guten Sinne angewendet wird, wenn in den Wildbeständen mit der Büchse wirklich Auslese gehalten wird und Überbestände wirklich reduziert werden, wenn aber auch dort, wo Wildarten im Bestand bedroht sind, der Finger geradegehalten wird. Hier die den Verhältnissen entsprechende richtige Entscheidung zu treffen und den Paragraphen allen berechtigten Interessen dienstbar zu machen, ist dankbare, aber nicht leichte Aufgabe der dazu berufenen Personen.
Schließlich verpflichtet das Gesetz — und das befriedigt uns besonders — den Jagdausübungsberechtigten zur Waidgerechtigkeit. Es ist hier schon gesagt worden: dieser Begriff hat nichts mit einer verschwommenen Romantik, mit Uniform und Hörnerklang zu tun; es ist eine Verpflichtung zur Sauberkeit in der Gesinnung und Haltung dem wehrlosen Wild gegenüber, auch und gerade dann, wenn die Waffe gegen dieses Wild gebraucht wird; es ist eine Verpflichtung zur Respektierung des Wildes als eines Geschöpfes des Schöpfers. Liegt auch hier — das soll nicht verschwiegen sein — eine wesentliche Erziehungsaufgabe der Jagdverbände vor, so müssen doch im Gesetz die Grundlagen gelegt werden, und sie sind gelegt. Große Vergehen sind in den einzelnen Paragraphen verboten und mit scharfen Strafen bedroht. Eine unmenschliche Behandlung des wehrlosen Wildes — man denke an den Abschuß führender Stücke oder an Schlingenstellen durch jagdunwürdige Schießer und Fleischhyänen — soll durch die entsprechenden Bestimmungen des Gesetzes verhindert oder zumindest gesühnt werden.
Meine Damen und Herren, die Forderungen, die nach unserer Auffassung an Formulierung und Zielsetzungen des Gesetzes zu stellen sind, sind unseres Erachtens im Rahmen des Möglichen erfüllt. Neue Anträge und eine neue Behandlung im Ausschuß können das Gesetz noch unserer Auffassung nicht verbessern, höchstens verschlechtern. Wir stimmen deshalb dieser Fassung zu und hoffen,
daß wir mit diesem Gesetz dem deutschen Volke
deutsches Wild und deutsches Waidwerk erhalten.