Rede von
Walter
Seuffert
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir sprachen bereits in der zweiten Lesung davon, daß man auf das Problem der Vermögensteuer und ihrer Stellung bei dieser Abgabe noch zurückkommen müßte. Die Sache steht jetzt
so: alles das, was wir einstweilen über eine Vermögensteuer f ür den Lastenausgleich beschlossen haben, hängt noch in der Luft. Das besagt klar und deutlich der § 113, welcher feststellt, daß das Wirksamwerden — der Jurist würde wohl richtiger von „Inkrafttreten" sprechen — der §§ 84 bis 111, die diese Vermögensteuer behandeln, von der Verabschiedung des Gesetzes, das im Art. 107 des Grundgesetzes vorgesehen ist, abhängt. Das heißt mit anderen Worten, wir wissen noch nicht, ob diese Vermögensteuer tatsächlich für den Lastenausgleich erhoben werden kann. Sie kann erst erhoben werden, wenn das Gesetz nach Art. 107 des Grundso bestimmt. Dieses Gesetz selbst muß nach dem Grundgesetz bis zum 31. Dezember 1952 verabschiedet werden. Es ist ein Gesetz, welches die Verteilung der Steuern im Verhältnis zwischen Bund und Ländern neu regeln, anders regeln soll als im Grundgesetz.
Das Gesetz nach Art. 107 ist kein verfassungsänderndes Gesetz, alber es ist ein Zustimmungsgesetz. Der Bundesrat kann hier nicht überstimmt werden. Wir wissen heute noch nicht, ob dieses Gesetz eine solche Bestimmung für den Lastenausgleich vorsieht, ob es die Vermögensteuer für den Lastenausgleich hergibt. Offenbar wird das davon abhängen, welche Einigung man in der Gesamtverteilung der Steuern zwischen Bund und Ländern im Laufe dieses Jahres zusammenbringt. Deswegen unser Antrag. Es liegt ja bereits ein gemeinschaftlicher Antrag vor, § 113 neu zu fassen. Auch dieser Antrag bezweckt, den Tatbestand klarer zu stellen, d. h. klarer zu stellen, daß die Erhebung einer Vermögensteuer für den Lastenausgleich auf diesem Wege künftig nur möglich ist, wenn das noch nicht erlassene Gesetz nach Art. 107 so bestimmt. Wir beantragen in Ziffer 10 unseres Umdrucks Nr. 518, klar und deutlich so auszusprechen, daß die §§ 84 bis 111 erst mit Inkrafttreten dieses Gesetzes in Kraft treten. Von Wirksamwerden einer Gesetzesbestimmung kann man ja wohl juristisch nicht eigentlich richtig sprechen.
Das ist also die Lage hinsichtlich der Vermögensteuer überhaupt. Das Gesetz zu Art. 107 ist noch nicht verabschiedet. Daneben ist aber in den §§ 112 und 114 bis 119 — und dazu gehören dann noch die §§ 121, 122 und 237 — folgendes vorgesehen. Die Vermögensteuer der Länder wird bereits vom 1. Januar 1951 ab, also schon für die heutige Zeit, außer Hebung gesetzt. An ihre Stelle sollen für die Kalenderjahre 1951 und 1952 sogenannte Übergangsabgaben treten, einmalige Vermögensabgaben, welche in praxi nach allen Bestimmungen gar nichts anderes als die nach den bisherigen Vorschriften erhobene Vermögensteuer sind, die ja, nebenbei gesagt, in dieser Höhe von den Ländern bereits 1951 erhoben worden ist bzw. nacherhoben wird und 1952 ebenfalls in der Erhebung begriffen ist. Nun, das ist etwas ganz anderes. Dieses AußerHebung-Setzen der Vermögensteuer und das gleichzeitige Erheben derselben Vermögensteuer für den Lastenausgleich, d. h. für eine Bundesabgabe, ist eine Verfassungsänderung; denn nur im Rahmen des Art. 107 des Grundgesetzes, d. h. im Rahmen desjenigen Gesetzes, das über die gesamte Steuerverteilung neu bestimmt, kann ohne Verfassungsänderung — wenn auch mit Zustimmung des Bundesrats — die Vermögensteuer als Ländersteuer in eine Bundesabgabe verwandelt werden. In § 113 ist das vorgesehen, aber noch nicht wirksam.
In den §§ 112 und 114 bis 119 ist außerhalb des Rahmens des Art. 107 versucht worden, etwas zu tun, was ohne Verfassungsänderung nicht möglich ist. Wir können dem nicht zustimmen. Es ist bis jetzt nicht versucht worden, eine verfassungändernde Mehrheit für diese Maßnahme zu suchen oder zu finden. Es ist auch noch kein Weg vorgeschlagen worden, wie dieser Effekt auf eine andere Weise erreicht werden könnte. Ich habe nebenbei mehrfach betont, daß ich es ,für aussichtslos halte, in diesem Zustimmungsgesetz von den Ländern die nachträgliche Herausgabe der bereits erhobenen, für sie eingerechneten Vermögensteuern 1951 und 1952 zu erhalten. Daß das tatsächlich aussichtslos ist, ist ja durch die vorgelegten Bilanzen des Lastenausgleichs anerkannt; der Posten tritt dort niemals auf.
Wir beantragen deswegen, diese Paragraphen, die wir in dieser Form für verfassungswidrig halten, zu streichen. Das ist unser Antrag Umdruck Nr. 518 Ziffer 9.