Rede von: Unbekanntinfo_outline
Meine Damen und Herren! Ich bedaure, noch einmal das Wort ergreifen zu müssen; aber es handelt sich hier tatsächlich um eine Frage, die für unzählige unserer Mitbürger so große Bedeutung hat, daß ich vor meinem Gewissen verpflichtet bin, die Dinge so klar darzustellen, wie es nur irgend möglich ist.
Ich möchte an die Spitze meiner Erwiderung stellen, was Herr Kollege Reismann eben ausführte. Wir bauen das Gesetz, gerade auch durch die Aufnahme der Ostschäden, auf dem Grundsatz auf, daß jeder Schaden als solcher gleichbehandelt werden muß, gleichgültig, ob nun das Haus, das in Breslau verloren ist, einem Kölner gehört hat, der gar nicht Vertriebener ist, sondern der schon immer hier gewohnt hat, oder ob es sich um das Haus eines Mannes handelt, der das schwere und entsetzliche Schicksal der Vertreibung erlitten hat, oder ob es ein Mann ist, der in seinem Luftschutzkeller in seinem zerbombten Kölner Haus entsetzliche Bombennächte mitgemacht hat. Der Schaden als solcher, der in diesem Falle gleich ist — immer beim Haus, nicht beim Grundstück; da liegen die Differenzen! —, dieser Schaden, der an dem Haus entstanden ist, muß gleichbehandelt werden, wenn wir nicht gegen das System verstoßen wollen, das wir gerade auch mit der sehr umkämpften und schließlich durchgesetzten Aufnahme der Ostschäden grundsätzlich akzeptiert haben.
Herr Kollege Kunz e hat sich auf den § 38 berufen; aber diese Berufung scheint mir nicht richtig zu sein. Denn durch ,den § 38 tritt keineswegs eine Bevorzugung der Kriegssachgeschädigten gegenüber den Heimatvertriebenen ein. Der § 38 geht nur von der Tatsache aus, daß noch ein Vermögen da ist und auf der andern Seite der Vermögensbesitzer auch Schaden erlitten hat. Der § 38 ist doch nur eine Abschwächung des sehr unerfreulichen Zustands, der sich aus der ganzen Konstruktion des Gesetzes ergibt, daß jedes Vermögen zur Abgabe herangezogen wird, ohne Rücksicht auf bereits erlittene Verluste, da der Vermögensvergleich dem Gesetz nicht zugrunde gelegt wurde. Man kann also meines Erachtens den § 38 hier nicht zur Verteidigung der Regelung, wie wir sie bei den §§ 32 und 268 haben, heranziehen.
Weiter bin ich nicht der Ansicht, daß hier die Regelung ,der Hypothekengewinnabgabe einen Ausgleich bietet. Ich weise auf das frühere Beispiel hin, das vielleicht der eine oder andere Herr Kollege mitgeschrieben hat. 80 000 Mark war der Einheitswert des zerbombten Hauses. Die Hypotheken, die anteilig in Höhe von 48 000 Mark auf dem Haus liegen, werden voll gestrichen. Nach Streichung der Hypothek bleibt bei dem Einheimischen ein Schaden von 32 000 Mark.
Und nun nehmen Sie bitte einmal die Rechnung für das Haus ohne Grundstück. Die Grundstücke müssen wir ja in beiden Fällen außer Betracht
lassen. In dem Breslauer Fall ist es so, daß der Einheitswert des Hauses 80 000 Mark war. Die Hypothek, die darauf lag, wird aber jetzt nicht mehr, wie bei dem Kölner Fall, mit 48 000 Mark abgezogen, sondern nur noch mit 24 000 Mark. Sehen Sie, da haben Sie deutlich den Unterschied. In dem Kölner Fall ergibt sich ein Schadenanspruch von 32 000 Mark, und in dem Breslauer Fall ergibt sich ein Schadenanspruch für das Haus ohne besonders zu entschädigenden Grund und Boden von 56 000 Mark. Das ist eben der Punkt, der angegriffen wird und bei dem Meinungsverschiedenheiten bestehen. Ich betone nochmals: Die Verteidiger sagen: Das ist zu vertreten, weil ja der Kölner sein Grundstück auf alle Fälle behalten hat! Der Kölner sagt: Gewiß, das Grundstück habe ich noch; aber das Grundstück ist ein Trümmergrundstück, das nützt mir nicht mehr viel, ich habe davon einstweilen keinen Ertrag und weiß nicht, wie ich es verwerten kann!
Aus diesen Gründen haben wir unseren Antrag gestellt. Ich freue mich besonders, daß auch gerade heimatvertriebene Kollegen ihn mitunterschrieben haben, weil sie damit ihre Verbundenheit mit den Kriegssachgeschädigten dokumentieren und ihre Überzeugung betonen wollten, daß hier eine gleichmäßige Behandlung all er Schäden Platz greifen soll.