Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Unser Antrag ist bereits in der zweiten Lesung begründet worden. Ich kann also auf diese Begründung verweisen. Aber es scheint doch notwendig zu sein, zu den Beschlüssen der zweiten Lesung und zu den heute vorliegenden Anträgen, auch soweit sie nicht begründet wurden oder noch nicht begründet sind, etwas vorweg zu sagen.
Der Beschluß der zweiten Lesung hat in der Öffentlichkeit eine erhebliche Debatte ausgelöst. Im großen und ganzen scheint es mir, was das Echo im Volk und auch bei den Geschädigten anlangt, ein zustimmendes Echo zu sein. Andererseits sind — das muß man ja schon sagen — von sogenannten Fach- oder Wirtschaftskreisen Kommentare und Meinungen über diesen Beschluß und seine Auswirkungen verbreitet worden, die einerseits eine krasse Unkenntnis des Gesetzes und andererseits eine Darstellung von wirtschaftlichen Zusammenhängen darzubieten versuchen, die eigentlich kaum mehr zu qualifizieren ist. Die richtige Meinung ist von den Börsen vielleicht jetzt schon akzeptiert worden; aber bei den vorgenommenen Kommentaren schießt denn doch, glaube ich, eine Äußerung des Deutschen Industrie-Instituts den Vogel ab, dessen „Schnelldienst" vom 8. Mai 1952 mir hier vorliegt. Diese Äußerung erlaubt sich, von
dem „merkwürdigen" Beschluß einer „noch merkwürdigeren" Bundestagsmehrheit zu sprechen.
läßt nun aber andererseits mit der derartigen Pamphleten eigenen Intelligenz, jedoch mit sehr schöner Offenheit die Katze insofern aus dem Sack, als sie betont, daß der Aktienbesitz vor allen Dingen dort getroffen ist, wo große Pakete im Einzelbesitz vorhanden sind. Während in der Debatte mit Vorliebe der kleine Aktionär in den Vordergrund gestellt wird, der sich ein oder zwei Aktien für seine Altersversorgung gekauft hat, wird hier — sachlich wahrscheinlich richtig — gesagt, daß die wirklich Getroffenen die großen Paketbesitzer sind.
Meine Damen und Herren, im Grundgesetz steht nichts von einem Verbot der Doppelbesteuerung, insbesondere da man darüber, was Doppelbesteuerung ist, so ziemlich in jedem einzelnen Fall verschiedener Meinung sein kann.
Wenn man schon Gesellschaften gegründet, Rechtsformen usw. gewählt hat, ist es jedenfalls nicht erlaubt, je nachdem, wie es einem in den Kram paßt, davon zu sprechen, das sei ja dasselbe Vermögen, oder im anderen Fall, wenn es sich um Steuerabzüge, wenn es sich um die Haftung für Verbindlichkeiten usw. handelt, zu sagen, das sei nicht dasselbe Vermögen. Ich glaube, wir sollten dieses doch sehr theoretische Argument außer Betracht lassen.
Sachlich halten wir den Antrag der zweiten Lesung aufrecht, weil wir in zwei Punkten mit den Beschlüssen der zweiten Lesung nicht zufrieden sind. Erstens liegt nach unserer Ansicht nicht
3) der geringste Grund vor, diese Aktien nur mit dem halben Wert zu besteuern. Es liegt nicht der geringste Grund vor, sie nicht wie alle anderen Sachwerte mit ihrem vollen Wert heranzuziehen. Zweitens lassen die Beschlüsse der zweiten Lesung — insbesondere würde das für den neu vorgelegten Antrag der Föderalistischen Union gelten — folgendes nicht ganz klar erkennen._ Gemeint muß doch sein, daß alle Aktien, die im Börsen- oder Freiverkehr in Betracht kommen, herangezogen werden. Gemeint kann nicht sein, daß solche Aktien wie etwa die IG-Farbenaktien, die Montanaktien, die Bankaktien und andere Kategorien von Aktien, die sich infolge besonderer Verhältnisse damals nicht im Börsen- oder Freiverkehr befanden, von der Abgabe einfach frei bleiben. Es ist auf Steuerkurszettel oder auf Kurszettel der Bank deutscher Länder verwiesen worden, die man da anwenden könnte. Diese Kurszettel enthalten nicht alles, und wir wissen nicht, was sie bei Ergänzungen etwa noch enthalten werden. Es ist richtig, daß die soeben erwähnten Kategorien von Aktien noch nicht für das Jahr 1948 bewertet sind wie andere Aktien. Aber diese Bewertung wird eben bei der Durchführung des Gesetzes vorzunehmen sein. Das wird keine Schwierigkeiten bieten. Dagegen besteht unseres Erachtens nicht die geringste Veranlassung, hier zwischen den Aktien, die genau so einen guten Wert und vielleicht noch einen besseren Wert wie andere darstellen, die aber damals unter besonderen Bestimmungen der Entflechtung usw. standen, und anderen Aktien, die bereits von dem Beschluß der zweiten Lesung getroffen werden, einen Unterschied zu machen. Das würde unserer Ansicht nach sogar eine gänzlich ungerechtfertigte, verschiedenartige Behandlung von Vermögen der gleichen Kategorie bedeuten. Wir bit-
ten Sie deswegen, alle anderen Anträge abzulehnen und unseren Antrag anzunehmen.
Ich möchte nur ein Wort noch zu dem Antrag Umdruck Nr. 544 Ziffer 2 — ich weiß nicht, ob er noch begründet werden soll oder ob hier bereits auf die Begründung verzichtet worden ist — sagen. Hier ist angeboten worden, die Abgabe auf Aktien dadurch zu ersetzen, daß man das Steueraufkommen aus Spekulationsgeschäften nach § 23 1 b des Einkommensteuergesetzes als Ausgleichsabgabe erhebt.
Nun, meine Damen und Herren, erstens einmal ist es doch wohl ein von vornherein aussichtsloses Verlangen, einen Teil der Einkommensteuer zum Lastenausgleich zu ziehen, wenn Sie sich die verfassungsrechtlichen und anderen Schwierigkeiten vor Augen halten, und zweitens darf man sich doch ganz und gar nicht darüber im unklaren sein, daß die hier zum Ausgleich angebotene Größe mit dem Aufkommen der Abgabe auf Aktien — selbst nur im Ausmaß der Beschlüsse der zweiten Lesung — vollkommen unvergleichbar ist. Diese Abgabe, deren Aufkommen das soeben erwähnte Deutsche Industrie-Institut zwar als geringfügig bezeichnet — ich habe die Zahlen schon in der zweiten Lesung genannt; nach den Beschlüssen der zweiten Lesung werden es wahrscheinlich immerhin mindestens 15 Millionen DM jährlich, nach unserem Antrag 30 Millionen DM jährlich für den Lastenausgleich sein, also wirklich keine Bagatelle, selbst bei den Größenordnungen, mit denen wir hier rechnen —, ist ja bekannt. Auf der anderen Seite ist es klar, daß die sogenannte Spekulationsteuer, die in relativ sehr wenigen Fällen überhaupt zur Erhebung kommt, auch weil die Erhebung und die Erfassung der Steuerfälle gar nicht leicht ist, nur einen ganz verschwindenden Bruchteil dessen erbringen kann, was als Aktienabgabe in Frage kommt. Deswegen kommt das als Gegenangebot schlechterdings nicht in Frage.