Rede von
Dr.
Anton
Besold
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Föderalistische Union hat zu § 391 einen Änderungsantrag gestellt, weil die Fassung dieses Paragraphen völlig unzureichend ist und weil diese Fassung eine Zurücksetzung der Interessen der Sparer gegenüber den anderen Geschädigtengruppen bedeutet.
Was soll denn eigentlich bedeuten: Es wird eine weitergehende gesetzliche Regelung zum Ausgleich von Verlusten an Altsparanlagen nicht ausgeschlossen? Damit ist den Sparern in keiner Weise eine nur irgendwie geartete Sicherheit für die Regelung ihrer Interessen gegeben, damit kann die ganze Aufwertung der Sparguthaben neuerdings auf ein totes Gleis geschoben werden. Wir lehnen daher diese negative Formel ab. Mit unserem Änderungsantrag haben wir Ihnen eine positive, eine verpflichtende Fassung vorgeschlagen, ebenso einen Termin, bis zu dem die Regelung der Interessen der Sparer durchgeführt sein soll; denn wir wollen vermeiden, daß das berechtigte Mißtrauen der Sparer herausgefordert und das langsam anwachsende Vertrauen der Sparer zum Sparen neuerdings wieder gestört wird. Ich glaube auch, daß die ganze Behandlung der Rechte der Sparer und die Erinnerung an die vielen Leidensstationen, die diese Sparer bislang durchmachen mußten, Sie verpflichten, bei Verabschiedung dieses Gesetzes auch den Interessen der Sparer durch eine positive und verpflichtende Fassung des § 391 Rechnung zu tragen.
Ich möchte nur ganz kurz skizzieren, was dieser Teil der geschädigten Bevölkerung an Stationen durchgemacht hat: Inflation, Goldklausel, Ablehnung des Homburger Planes, Festkontenstreichung durch die Militärregierung, dann die Währungsgesetzgebung als solche und — „leider" muß ich auch sagen — die bisherigen Versprechungen der Regierungskoalition, die den Sparern gemacht und bisher nicht eingelöst worden sind.
Ich darf ganz kurz noch einmal in Erinnerung bringen, daß der Herr Bundeskanzler selbst anläßlich der Regierungserklärung im September 1949 davon gesprochen hat, daß es sich bei der Regelung der Forderungen der durch die Währungsgesetze sehr betroffenen Sparer um eine staatspolitische Frage ersten Ranges handelt. Er hat damals — im Jahre 1949 - erklärt, daß eine beschleunigte Prüfung der vermeidbaren Härten der Währungsgesetzgebung durchgeführt werden muß. Ich erinnere weiter an die Rede des Herrn Bundesfinanzministers Schäffer, die er am 9. Oktober 1949 in Hamburg gehalten hat, wo er erklärte, daß es unter den gegebenen wirtschaftlichen Verhältnissen darauf ankomme, das verlorene Sparkapital zu ersetzen und neues für den Wiederaufbau zu beschaffen. Der Minister hat insbesondere auch betont, daß das Vertrauen der Sparer zurückgewonnen werden müsse und daß den Sparern das Gefühl genommen werden müsse, daß sie um ihre Ersparnisse betrogen worden seien. Weiterhin hat der Herr Bundesfinanzminister dadals, im Jahre 1949, darauf hingewiesen, daß von seiten der Regierung bereits an einem Gesetzentwurf gearbeitet worden sei.
Durch dieses Inaussichtstellen einer gesetzlichen Regelung ist dann das Vertrauen der Sparer wieder erwacht. Was ist aber geschehen? — Im Laufe der Zeit ist den einzelnen Ausschüssen nicht dieses Gesetz, das Aufwertungsgesetz, zur Behandlung
vorgelegt worden; denn wir haben ja seinerzeit, auch bereits im Jahre 1949, einen diesbezüglichen Antrag hier eingebracht, auch Interpellationen, und das Zentrum hat dann später einen Initiativgesetzentwurf eingebracht. Es ist Ihnen oder den Ausschüssen nicht dieses Gesetz vorgelegt worden, sondern es ist Ihnen bzw. den Ausschußmitgliedern dann zu Ostern 1950 ein über 30 Seiten langes Gutachten über das Für und Wider einer Aufwertung vorgelegt worden. Darin hieß es auf einmal: Jetzt muß diese Sparerangelegenheit im Lastenausgleich behandelt werden! — Die Sparer wurden mit ihren Forderungen nun auf diese 15monatigen Beratungen um den Lastenausgleich vertröstet. Und das Ergebnis ist, daß die Frage, die entsprechend der Erklärung des Herrn Bundeskanzlers seit 1949 einer beschleunigten Lösung zugeführt werden soll, bis heute noch nicht gelöst worden ist und daß sich die geschädigten Sparer mit einer ganz "unverbindlichen und völlig nichtssagenden Fassung des § 391 zufriedengeben sollen.
Vergessen Sie doch nicht, daß das Unrecht gegenüber den Sparern ein dreifaches ist:
Das öffentlich-rechtlich gesicherte Sparkapital wurde dem ungesicherten Inflationsgeld gleichgestellt, die Altsparer wurden als einzige Kategorie im voraus zum Lastenausgleich herangezogen und wurden — zugunsten des Staates — zu 90 % ohne jede Entschädigung enteignet. Das sind feststehende Tatsachen, und trotz aller Versprechungen, trotz aller Zusicherungen, trotz Inaussichtstellung von gesetzlicher Regelung, die bereits in der Schublade des Herrn Bundesfinanzministers liege, ist bis heute noch nichts geschehen. Ein bedeutender Mann hat einmal gesagt: Das Mißtrauen in die Rechtsprechung ist der Beginn der sozialen Auflösung. Ich glaube, man kann auch sagen: Das Mißtrauen in die parlamentarischen oder Regierungsversprechungen ist der Beginn der sozialen Auflösung.
Vielleicht darf man auch in diesem Augenblick, wo Sie durch die Zustimmung zu der Fassung, wie wir sie Ihnen vorlegen, die Möglichkeit haben, all das, was bisher versäumt worden ist, wenigstens einigermaßen gutzumachen, daran erinnern, daß es sich bei den Sparern doch um einen Teil der Bevölkerung handelt, der vielleicht der staatstreueste und staatserhaltendste Teil ist, der — trotz aller Enttäuschungen durch die Inflation im Jahre 1923, durch die wiederholten Verluste — immer und immer wieder sein schwer verdientes Geld gespart und die Ersparnisse den Banken und damit indirekt auch der Wirtschaft und dem Staat zur Verfügung gestellt hat, um die Wirtschaft lebenskräftig zu erhalten und das Funktionieren des Kapitalmarktes sicherzustellen. Man darf daran erinnern, daß gerade dieser Teil der deutschen Bevölkerung einen Anspruch darauf hat, jetzt auch bei Verabschiedung dieses Gesetzes eine sicher fundierte Regelung in Aussicht gestellt zu bekommen. Dieser Teil der Bevölkerung ist auch der bescheidendste, der zurückhaltendste Teil. Er ist bisher nicht auf die Straße gegangen, um seine Rechte anzumelden. Er hat sich nicht der Mittel bedient, die hier schon einmal als erpresserisch bezeichnet worden sind. Er steht still zurück und wartet und wartet auf die Einlösung der Versprechungen, die auch hier in diesem Parlament bzw. durch Regierungsvertreter gemacht worden sind.
Bedenken Sie das alles, überlegen und prüfen Sie, ob Sie nun nicht eine Korrektur dieser Politik vorzunehmen und das zu tun haben, was von seiten der Regierung bisher noch nicht getan worden ist. Ich erinnere insbesondere auch die Herren von der CDU daran, die ja auf ihrem Parteitag in Karlsruhe im vorigen Jahr feierlich erklärt haben, daß sie sich jetzt auch zu einer 25 %igen Aufwertung bekennen. Soviel mir bekannt ist, hat sich der Wirtschaftsrat der CSU erst vor wenigen Tagen ebenfalls zu einer Aufwertung bekannt. Wenn Sie schon dieses Bekenntnis in der Öffentlichkeit abgeben und damit gerade diesen Kreisen erneut Hoffnungen bereiten, so bitte ich Sie, jetzt auch unserem Antrage zuzustimmen, der den wirklichen Interessen der Sparer entspricht und zu dessen Annahme Sie auch moralisch und rechtlich verpflichtet sind.