Rede von
Carl
Wirths
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Meine Damen und Herren! Es hat — vor allem wenn man vielen privaten Gesprächen in diesen Tagen zuhört oder sie selber führt — den Anschein, daß diejenigen Mitglieder dieses Hauses, die als Mitglieder des 18. Ausschusses sich zum Teil wenigstens für die Durchführung des Ersten Wohnungsbaugesetzes verantwortlich fühlen, als diejengen hingestellt werden, die gegen den Lastenausgleich operieren. Sie wissen ja, daß Kollege Lücke und ich mit einer Reihe von Freunden aus den beiden Fraktionen in diesen Tagen eine Reihe von Anträgen gestellt haben, die Sie freundlicherweise auch angenommen haben. Bei dem von Herrn Lücke erwähnten vorbereitenden Antrag, nämlich dem, die Mittel für den Wohnungsbau um 200 Millionen DM zu erhöhen, handelt es sich aber um eine so schwerwiegende Angelegenheit, daß wir, obwohl ungefähr 80 Kollegen den Antrag unterschrieben hatten, ihn nicht ohne weiteres hier hereingeben wollten, um darüber abstimmen zu lassen. Wir haben alles versucht. Wir haben versucht, vom Kabinett eine bindende Erklärung zu bekommen. Das ging in erster Linie den Herrn Finanzminister an. Der Herr Finanzminister erklärt: „Ich kann es nicht!" Aber warum haben wir uns denn mit dieser ernsten Frage hier zu beschäftigen? Der Grund ist doch die nackte Tatsache, daß bisher aus Mitteln der Soforthilfe, der Umstellungsgrundschulden etc. erhebliche Beträge in den Wohnungsbau geflossen sind, die jetzt weggenommen werden und in den Lastenausgleich gehen.
— Ja, darüber sind wir eben geteilter Meinung, Herr Kollege Nöll von der Nahmer. Was heißt „müssen"? Es ist für mich ein absolutes Muß, daß das Erste Wohnungsbaugesetz, daß dieses Haus einstimmig angenommen hat, auch durchgeführt wird.
Also müssen auch die Mittel dafür geschaffen werden.
Diese Frage ist ja seit Monaten bekannt. Wir stehen nicht vor einer neuen Situation. Seit Monaten ist bekannt, daß dieses Loch von mindestens 400 Millionen DM nachstelliger Mittel in diesem Baujahr vorhanden ist. Es ist bekannt, daß insgesamt ungefähr 700 Millionen DM fehlen, um das Programm des Bundeswohnungsbaugesetzes durchzuführen. Also müssen wir uns mit der Frage beschäftigen. Wenn wir als die Mitglieder des 18. Ausschusses bisher mit gesonderten Anträgen außerhalb der Beratungen des Lastenausgleichsauschusses nicht an das Haus herangetreten sind, so liegt das daran, daß wir bisher immer noch gehofft haben, es würde sich irgendeine Möglichkeit auftun. Wir haben nach den Besprechungen dieser Woche feststellen müssen, daß das anscheinend nicht möglich ist. Die Frage ist ernst. Es könnte den Anschein haben, daß sie plötzlich auftaucht. Ich habe Ihnen ausgeführt, daß das nicht der Fall ist. Ich möchte den Fraktionen des Hauses sagen, daß wir bisher den Wohnungsbau — und zwar, wie zugegeben wird, mit Erfolg — gemacht haben, ohne daß das Haus und die Fraktionen von uns erheblich behelligt worden sind.
Wir haben Ihnen bisher unsre Sorgen gar nicht vorzutragen brauchen, weil es ging, weil Lösungen gefunden wurden. Das ist heute nicht mehr der Fall. Das Haus hat die Verpflichtung, sich mit der ernsten Lage des Wohnungsbaus intensiv zu beschäftigen.
Wir werden uns darüber Gedanken machen müssen. Ich betone, daß diese Stellungnahme nichts mit der Stellungnahme zum Lastenausgleich zu tun hat. Ich schließe mich der von dem Kollegen Lücke geäußerten Auffassung an, daß wir über diese Frage endgültig in der nächsten Woche zu entscheiden haben.