Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir kommen nun zu dem Abschnitt, der die Verwaltung, den Behördenaufbau und die Beteiligung der parlamentarischen Körperschaften bei der Verwaltung dieses Gesetzes regelt. Nach § 335 der Vorlage sind bei den Land- und Stadtkreisen sogenannte Ausgleichsämter zu bilden. Wir haben den Antrag eingereicht, diesem § 335 einen Abs. 6 anzuhängen, der folgenden Wortlaut haben soll:
Bei den Ausgleichsämtern der Land- und Stadtkreise ist ein aus Vertretern der verschiedenen Geschädigtengruppen zusammengesetzter Beirat mit beratender Funktion zu bilden. Diese Vertreter werden im Kreismaßstab durch die Anspruchsberechtigten in geheimer Wahl gewählt.
Also wir verlangen, bei diesen Kreisausgleichsämtern einen Ausschuß mit beratender Funktion einzusetzen, der aus gewählten Mitgliedern der Organisationen der Geschädigten besteht.
Zu § 336, in dem die Bildung von Ausgleichsausschüssen vorgesehen ist, beantragen wir, in Abs. 3 den zweiten Satz durch folgende Bestimmungen zu ersetzen:
Einer der beiden ehrenamtlichen Beisitzer wird in den Landkreisen und in den Stadtkreisen von den dort zuständigen Wahlkörperschaften bestimmt. Der Vertreter der Geschädigten in den Ausgleichsausschüssen ist von den Geschädigten selber in geheimer Wahl zu wählen.
Und nun das Entscheidende: Dieser aus drei Mitgliedern bestehende sogenannte Kreisausgleichsausschuß soll nach unserem Vorschlag entscheiden über alle beim sogenannten Kreisausgleichsamt eingegangenen Anträge.
Mit dieser Einfügung in § 336 Abs. 3 wollen wir erreichen, daß in dieser Körperschaft auf der Kreisebene ein Ausschuß gebildet wird, der besteht 1. aus dem Leiter des Amtes, 2. aus einem Beisitzer, der von der parlamentarischen Körperschaft zu wählen ist, und 3. einem Beisitzer, der von den Geschädigten selber in geheimer Wahl zu wählen ist. Diese Körperschaft soll Entscheidungsrecht über alle Anträge haben, die bei diesen Kreisausgleichsausschüssen eingehen.
In logischer Konsequenz dieser unserer Ansicht, daß den Berechtigten ein Mitbestimmungsrecht sowohl bei der Entscheidung über die Anträge als auch bei den Einsprüchen gegen ergangene Entscheidungen gegeben werden soll, verlangen wir, auf der Kreisebene eine Berufungsinstanz als Beschwerdeausschuß zu bilden. Dieser Beschwerde-
ausschuß soll sich zusammensetzen aus dem Vorsitzenden und zwei ehrenamtlichen Beisitzern, von denen der eine wieder durch die parlamentarische Körperschaft bestimmt, der zweite aber auf die Dauer von zwei Jahren durch die Bezugsberechtigten in geheimer Wahl gewählt werden soll. Wir wollen also, daß sowohl bei der Entscheidung über die Anträge als auch bei dem Einspruch gegen diese Entscheidung der Behörde die Berechtigten in der von uns vorgeschlagenen Form eingeschaltet werden.
— Herr Dresbach, ich denke, daß Sie diese meine Vergangenheit auch ein bißchen kennen,
und ich bin überzeugt, daß das, was Sie sagen, nicht der wirklichen Erfahrung, die Sie damals mit mir gemacht haben, entspricht.
Ich darf darauf hinweisen, daß es theoretisch sogar heute noch in der Gemeindeordnung für die Gemeinden der britischen Zone steht, theoretisch — und dafür bin ich mein Leben lang eingetreten —, daß die Bürger in den Ausschüssen, in denen Belange dieser Art geklärt und entschieden werden, volles Mitbestimmungs- und Mitentscheidungsrecht haben sollen.
Das ist eine primäre Forderung der alten Arbeiterbewegung, solange sie besteht, Herr Dresbach!
Dann zum § 338! Bei dem in Ihrem Gesetzentwurf vorgesehenen Ständigen Beirat bei den Landesausgleichsämtern fehlt vollkommen jede parlamentarische Kontrolle und auch jede Kontrolle im Sinne einer Beteiligung durch die Bezugsberechtigten selber. Wir haben also auf Landesebene den eigenartigen Zustand, daß dort ein Landesverwaltungsapparat arbeitet ohne jede öffentliche parlamentarisch-politische Kontrolle. Wie Sie zu dieser Mißgeburt kommen konnten, meine Herren, das ist selbst mir schleierhaft.
— Ja, ich drücke mich vornehm aus.
Den Damen traue ich so etwas nicht zu, das ist klar.
Zu § 338 möchte ich aber weiter noch sagen, daß wir nicht der Auffassung sind, es müsse auf der Landesebene eine Spruchinstanz gebildet werden. Wir sind vielmehr der Meinung, daß neben den Spruchinstanzen auf der Kreisebene im Bundesmaßstab eine oberste Spruchinstanz gebildet werden sollte.
§ 340 Ihres Entwurfs sieht die Schaffung eines Kontrollausschusses von 20 'Mitgliedern vor, von denen 10 durch den Bundestag, die übrigen 10 durch die Parlamente der Länder gewählt werden sollen. Der Entwurf besagt aber bezeichnenderweise überhaupt nichts über die Funktion dieses beim 'Bund zu bildenden Kontrollausschusses. Was soll der eigentlich? Soll der beratende Funktion haben oder was soll er? Wir stellen dieser Konzeption unseren Antrag entgegen, in dem wir fordern:
Die vom Bundestag und von den Parlamenten
der Länder in den Kontrollausschuß zu entsendenden Mitglieder müssen zur Hälfte aus
Geschädigten bestehen, die von den Organisationen der Geschädigten in Vorschlag gebracht sind.
Nun ein Wort zu dem § 342, dessen Streichung wir fordern. Das ist der Paragraph, nach dem, wie Sie vorschlagen, die zur Durchführung der Vorschriften des Dritten Teils dieses Gesetzes erforderliche rechtsprechende Tätigkeit durch die allgemeinen Verwaltungsgerichte der Länder und durch das Bundesverwaltungsgericht ausgeübt werden soll. Wir sind der Auffassung, daß die Rechtsprechung, soweit sie die Bezugsberechtigten, die in diesem. Gesetz erfaßt sind, angeht, durch zivile Spruchinstanzen analog den alten Spruchinstanzen bei der Sozialversicherung und bei dem alten Reichsversorgungsgesetz zu regeln ist. Wir sind also dafür, daß die Angelegenheiten der Bezugsberechtigten auch im Beschwerdezug, im Rechtszug, von diesen Körperschaften selbst erledigt werden sollen, in denen die Berechtigten Sitz und 'Stimme haben. Hier handelt es sich doch um öffentliche Gelder, hier handelt es sich um ein Vermögen, das als Bundessonderstockvermögen — wenn ich es einmal so sagen darf — verwaltet wird. Was spricht dagegen oder was hindert uns daran, die Rechtsprechung auf diese Art und Weise zu organisieren, wie wir sie doch aus der ganzen deutschen Sozialversicherungsgesetzgebung bereits kennen? Was hindert uns daran und wo ist die Notwendigkeit gegeben, daß man die Verwaltungsgerichte und das Bundesverwaltungsgericht in diesen Fragen einschaltet?
Etwas anderes ist es natürlich, wenn es sich um Rechtsauseinandersetzungen zwischen Zahlungspflichtigen handelt. Aber da haben wir ja schon die Rechts- und Berufungsinstanzen in der normalen Gesetzgebung.
Diese Forderungen sollten also, wie gesagt, verwirklicht werden. Ich darf darauf hinweisen, daß die Berechtigten selber — das ist doch auf der denkwürdigen Kundgebung am letzten Sonntag hier in Bonn recht eindeutig zum Ausdruck gekommen — dafür sind und die Forderung erheben, daß ihnen die Mitbestimmung, eine echte, eine richtige, eine volle Mitbestimmung, eingeräumt wird, und zwar sowohl bei der Entscheidung über ihre Anträge als auch in dem Rechtsverfahren, das nach unseren Vorschlägen geregelt werden soll.
Wir Kommunisten waren — das haben unsere Anträge ja bewiesen — für die Anerkennung aller Ausgleichsleistungen dieses Gesetzes im Sinne sogenannter Rechtsansprüche. Wir handeln deshalb durchaus konsequent, wenn wir auch hier in diesem Abschnitt, bei dem es um die Verwaltung geht, die Einschaltung der Bezugsberechtigten in der Form verlangen, daß sie mitbestimmend wirken sowohl bei der Entscheidung als auch im sogenannten Spruchverfahren.