Hochverehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der § 318 des Gesetzes wäre es wirklich wert, vor voll besetztem Hause diskutiert zu werden, statt, wie es tatsächlich leider der Fall ist, nur vor einem nicht einmal zu einem Drittel besetzten; denn der § 318 und das, was drinnensteht, ist gerade das, was heute für jeden Heimatvertriebenen und für jeden einheimischen Kriegsgeschädigten mit das Allerwichtigste ist. Wir haben in § 318 von seiten der Regierungskoalition Beträge in Vorschlag bekommen, die nur ein Hohn und Spott sind für jeden, der etwas auf dem Gebiet der Preisbewegung und auf den Gebiet der tatsächlichen Kosten versteht, die es heute macht, sich eine Wohnung oder wenigstens nur ein Zimmer ordentlich einzurichten.
Es ist vom Vorredner schon darauf hingewiesen worden, was heute irgendwelche Möbelstücke kosten. Er hat Summen genannt. Ich möchte Ihnen eines sagen: fragen Sie die Hausfrauen, hier unter uns! Sie mögen Ihnen vorrechnen, daß sie mit dem Betrag von 800 DM als Grundfixum - wobei dann die geringen Zuschläge für die Ehefrau und die Kinder hinzukommen — nicht einmal für ein einziges Zimmer die Betten, den Schrank, die Stühle und die notwendige Bettwäsche kaufen können. Nein, das können Sie nicht, meine Damen und Herren! Damit ist es völlig illusorisch geworden, wenn Sie so tun, als würden Sie den Kriegsgeschädigten und Heimatvertriebenen die Möglichkeit geben, wenigstens ein Zimmer für sich neu auszustatten. Sie sollten nicht Hausrathilfe als Überschrift dieses Gesetzesabschnitts daraufgeschrieben haben. Sie hätten etwas ganz anderes als Überschrift nehmen sollen. Das Ganze ist eine Verhöhnung der Berechtigten und nicht etwa eine Hausrathilfe.
- Sie verhöhnen das Parlament am meisten mit solchen Zwischenrufen und mit diesen Ihren Anträgen!
Meine Damen und Herren! Sie müssen den Berechtigten s o f o r t eine wirksame Hilfe angedeihen lassen. Wir können das ohne weiteres; die Deckungsmöglichkeiten wären vorhanden.
Als weiteren Umstand, der vielleicht auf die Herren von der Großindustrie und ihre Vertreter hier einigen Eindruck machen wird, möchte ich sagen: Gerade von einer vernünftigen Regelung der Sätze in § 318 hängt es ab, ob unsere Bekleidungsindustrie, ob die Möbelindustrie und alles, was damit zusammenhängt, in Zukunft ihre Arbeiter weiter auf dem bisherigen Stand beschäftigen können oder ob sie noch mehr zu Kurzarbeit und Arbeiterentlassungen übergehen müssen, wie das heute schon bei der Textilindustrie und der Möbelindustrie der Fall ist. Sie, meine Herren Regierungsvertreter, werden dann für diese Arbeitslosen in der Textilindustrie, in der Möbelindustrie und Hausratindustrie noch Beträge an Arbeitslosenunterstützung zahlen müssen, die in die vielen hundert Millionen gehen, zusammengerechnet auf längeren Zeitraum! Diese Beträge könnten Sie hier als produktive Fürsorge für die Arbeiter in allen diesen Industrien einbauen. Das geschieht aber nicht. Die Sätze, von denen man hier in § 318 zu sprechen wagt, sind dermaßen ein Hohn für alles, was Demokratie heißt, daß man sich wirklich zurückhalten muß, um Ihnen hier nicht ganz andere Worte ins Gesicht zu sagen!
Ich stelle den Antrag, den Abs. 1 dahingehend abzuändern, daß man den Grundbetrag auf 2500 DM festsetzt, und zwar ohne eine Staffelung. Denn für diejenigen, die alles verloren haben, kommt es hier nicht darauf an, eine Grenze machen zu lassen, ob der eine 4000 DM jährliches Einkommen hat und der andere bis zu 6500 DM, und eine Gruppe über 6500 bis zu 10 000 DM oder sonstwie zu schaffen. Das ist meines Erachtens ganz falsch am Platz. Das sind alles Kategorien von Mitmenschen, die zusammengehören, ihrer ganzen sozialen Einstellung und Haltung nach, auch ihrer menschlichen Haltung nach. Es sind wertvollste Teile der Bevölkerung. Man soll sie gleichmäßig behandeln. Der in meinem Antrag vorgeschlagene Grundbetrag von 2500 DM - zu dem die Kinderzulagen und die Frauenzulagen kommen, die an sich nicht groß sind — ist das Minimum dessen, was notwendig ist, um sich wenigstens ein oder zwei Zimmer einrichten zu können, die notwendige Wäsche und das Schuhwerk und den notwendigen Hausrat dazu kaufen zu können.
Ich bitte Sie dringend, diesen Antrag anzunehmen. Er ist sorgfältig durchgerechnet
und basiert auf den Mindestsätzen für preiswerte Möbel, wie sie mir durch die Verbände der betreffenden Wirtschaftszweige mitgeteilt worden sind. Die Summe ist aufs äußerste kalkuliert.
Ich möchte Ihnen gern höhere Anträge stellen,
aber ich habe mich beschränkt auf das,
was Sie sofort leisten können und was die Mindestsumme dessen ist, was die Ausgebombten und die Heimatvertriebenen brauchen, um sich wenigstens ein einziges bescheidenes Zimmer einrichten und die nötigsten Anschaffungen an Wäsche, Kleidern usw. zulegen zu können.
Bei diesen Paragraphen wird es sich hauptsächlich entscheiden, ob Sie den Namen „christlichsozial" und „christlich-demokratisch" für sich in Anspruch nehmen dürfen. Hier entscheidet sich's, ob Sie zu dem unvergleichlich großartigen Bibel-
wort stehen: zu einem Glauben, der durch die Liebe erst werktätig wird. Hier haben Sie die Möglichkeit, werktätig zu werden und für die Ärmsten der Armen unter uns wirklich etwas zu schaffen.
So bitte ich Sie, meine Herren von den Regierungsparteien, von ganzem Herzen: stimmen Sie wenigstens diesem Ihnen hiermit von mir überreichten Antrag zu! Er fordert wirklich das, was wenigstens nötig ist, um sich ein einziges Zimmer einrichten und die notwendige Wäsche anschaffen zu können.
Ich bitte, den Antrag Ihnen, Herr Präsident, überreichen zu dürfen.