Herr Kollege Nöll von der Nahmer hat in der Stellungnahme zu unserem Antrag sachlich nichts zu sagen gewußt, auch nicht hinsichtlich der Schaffung der finanziellen Voraussetzungen, um auf Grund des § 269 den Geschädigten eine sofortige Auszahlung der Mindestbeträge, die in unserem Antrag festgelegt worden sind, zu ermöglichen. Das einzige „Argument", Herr Kollege Nöll von der Nahmer, was Ihr Versuch, durch Behauptungen über die Regelung in der Deutschen Demokratischen Republik abzulenken. Ich denke, es dürfte doch hoffentlich sogar bis zu Ihnen durchgedrungen sein, daß einmal der Zweck eines Lastenausgleichs der sein soll, der ganzen Gruppe der Geschädigten die Möglichkeit der Sicherung oder der Neuschaffung einer Existenz, der Schaffung von Wohnungen, der Beschaffung von Arbeit usw. zu geben. Wenn Sie in dieser Beziehung einmal die vollzogenen Tatsachen in der Deutschen Demokratischen Republik betrachten, dann werden Sie mir zugeben müssen — auch Sie, Herr Kollege Nöll von der Nahmer —, daß dort Tatsachen geschaffen worden sind, die Sie mit Ihrem Gesetz im Bundesgebiet niemals erreichen werden.
In der Deutschen Demokratischen Republik, Herr Kollege Dr. Nöll von der Nahmer — das müßte Ihnen bekannt sein —, sind bis vor kurzem für Flüchtlinge bzw. Umsiedler über 91 000 Bauerngehöfte geschaffen worden.
— Herr Kollege Nöll von der Nahmer, über 65 000 neue Handwerkerstellen bzw. Handwerksbetriebe wurden geschaffen.
Herr Kollege Nöll von der Nahmer, über anderthalb Milliarden wurden an Krediten gegeben,
von denen die Hälfte erlassen worden ist.
Sie werden heute in dem Gebiet der Deutschen Demokratischen Republik keinen mehr in Bunkern oder in Höhlen wohnen sehen.
Herr Kollege Nöll von der Nahmer, Sie werden auch keinen mehr ohne Arbeit sehen.
Sie werden dort — und hoffentlich, Herr Kollege Nöll von der Nahmer, nehmen Sie einmal Gelegenheit, sich selbst davon zu überzeugen — sehen,
wie die Frage geregelt worden ist.
Ich hielt es für notwendig — auch wenn bei einigen von Ihnen ein Unbehagen über die Feststellung von Tatsachen vorhanden ist —, doch diese Tatsachen zu erwähnen, um gleichzeitig die Ver-
suche, von der Realität — was nämlich das Lastenausgleichsgesetz in Wirklichkeit für die Geschädigten hier bei uns bringt — abzulenken, zu verhindern.
In diesem Zusammenhang habe ich noch zu Herrn Farke eine Bemerkung zu machen.
Herr Farke, es war nicht gut, daß Sie in der Frage des Eigentumbegriffs und mit diesem Begriff herummanövriert haben. Ich habe bereits heute festgestellt, daß Sparerschäden bis zu 500 Mark von Ihnen nicht anerkannt werden, Herr Farke, und weiter festgestellt, daß auch in der Frage der Schadensgruppe alle die Geschädigten, die einen Schadensbetrag bis zu 500 Mark gehabt haben, von Ihnen auch nicht anerkannt werden. Für diese gilt also offensichtlich Ihr Eigentumsbegriff nicht, für diejenigen nämlich, die als die Armsten nicht denselben Betrag erreichen wie meinetwegen die anderen, für die Sie sich so warm einsetzen, die einen Betrag von 500 000 Mark und mehr erreichen. Ich glaube also, damit können Sie bei den Geschädigten selbst keinen Blumentopf gewinnen.
Nun möchte ich noch zu Herrn Kather eine Bemerkung machen. Ich glaube, meine Ausführungen treffen auch auf Sie zu. Herr Kollege Kather, Sie nehmen für sich in Anspruch, daß durch Ihre entscheidende Hilfe erreicht worden ist, daß eine Begrenzung nach oben nicht erfolgt. Nun möchte ich Sie daran erinnern, daß die Folge dieses Gesetzes und der Einstellung derjenigen unter Ihnen, die sich dafür einsetzen, die sein wird, daß die Masse der Kleinen nichts bekommen wird, dagegen aber die Großen um so mehr bekommen werden.
Noch eine Bemerkung zu dem Antrag der sozialdemokratischen Fraktion. Ich glaube, man kann diesen Antrag, soweit er das Ziel hat, eine Zusammenlegung der Schadensgruppen herbeizuführen, nur begrüßen. Aber ich muß auch hier feststellen, daß man die Schadensgruppe bis 500 DM außer acht läßt. Und ich bedaure weiter, daß man die Möglichkeit offen läßt, alle Ansprüche über 150 000 DM, und wenn sie in die Millionen gehen, zu berücksichtigen. Ich glaube, das ist keine gute Regelung und kein guter Vorschlag.
Aber ich möchte noch eine andere Bemerkung machen. In Abs. 2 bringen Sie zum Ausdruck, daß eine Regelung über die Höhe der Entschädigungen, über ihre Berechnung, Verzinsung usw., erst dann getroffen werden soll, wenn die Höhe der verfügbaren Mittel zu erkennen ist, bzw. eine Unterlage dafür vorhanden ist. Ich glaube, das ist ein gefährlicher Weg. Denn das würde bedeuten, daß angesichts des Verhaltens der Regierung und ihrer Absicht, die ja gestern hier in den Beschlüssen über das Aufkommen zum Ausdruck kam, das Aufkommen so schmal wie nur irgend möglich zu halten, die Erwartungen der Geschädigten nicht erfüllt werden können. Sie erwarten, daß durch das Aufkommen ein großer Kuchen zur Verteilung stehen würde. Aber Realität wird sein, daß nach dem Verhalten verschiedener Teile der Regierungskoalition aus dem großen Kuchen nur ein Brötchen wird und dann der Kampf um die Verteilung des Brötchens geht.
Ich glaube, man muß den umgekehrten Weg gehen. Wir haben in unserem Antrag gefordert, für die einzelnen Geschädigten bestimmte Grundbeträge festzusetzen. Ich denke, es wäre zweckmäßiger — und das war die Frage auch an die sozialdemokratische Fraktion —, die Beträge hier festzulegen.
— Aber entschuldigen Sie, Kollege Kriedemann! Ich sagte bereits; Sie überlassen es dann der Regierung, was sie überhaupt in den Topf hineintun will, und dann bleibt zur Verteilung nur übrig, was drin ist. Wir müssen umgekehrt fragen, was als Mindestes für die Geschädigten zu fordern ist, um dann den Kampf um die Auffüllung des Topfes zu führen. Das ist die grundlegende Frage, um die es sich handelt. Deswegen fordern wir, daß den Geschädigten ein bestimmter Minimalsatz zugesprochen werden möchte, um dann den Kampf darum zu führen, daß der Topf entsprechend gefüllt wird.