Rede von
Ernst August
Farke
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(DP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DP)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Kollege Ohlig hat recht gehabt, wenn er festgestellt hat, daß der Ausgangspunkt für die Bemessung der Hauptentschädigung bei uns der Eigentumsbegriff ist. Es ist ja von Kollegen aus den anderen Fraktionen schon festgestellt worden, daß dieser Ausgangspunkt auch für die Stellung der Koalition maßgebend ist. Ich glaube, daß es kaum einen Vertriebenen gibt, der die Entschädigung aus dem Lastenausgleich aus anderen Gesichtspunkten verstehen würde.
Der Kollege Ohlig hat eine Zahl genannt, die sehr hoch erscheint, weil nicht klar gesagt wurde, zu welcher anderen Zahl sie in Relation gebracht werden muß. Er hat gesagt, dafür, daß wir ohne Grenze nach oben entschädigten, brauchten wir für frühere Besitzer von höheren Vermögen 250 Millionen DM plus Zinsen in Höhe von 185 Millionen DM, wenn ich recht verstanden habe, insgesamt 435 Millionen DM. Diese 435 Millionen DM — das muß doch einmal deutlich gesagt werden — stehen natürlich nicht in Relation zu dem Jahresaufkommen oder zu der Jahressumme, die für die Geschädigten verwandt wird, sondern diese Zahl steht in Relation zu dem Gesamtaufkommen von 60 Milliarden DM.
Der Kollege Ohlig hat recht, daß nur ein kleiner Kreis für eine größere Entschädigung in Frage kommt. Aber es kommt gar nicht darauf an, hier von kleinerer oder größerer Entschädigung zu sprechen, sondern es kommt darauf an, daß wir den Menschen, die alles verloren haben, im gesamten wieder das Gefühl geben, daß es noch einen Eigentumsbegriff gibt und der Gesetzgeber gewillt ist, diesem Eigentumsbegriff auch im Gesetz Gestalt zu geben.
Wir können auch nicht damit einverstanden sein, die Frage der Hauptentschädigung erst im Jahre 1957 zu lösen, wie der Kollege Ohlig meinte. Gerade aus dem Begriff des Eigentums muß vom ersten Tag an die Hauptentschädigung in diesem Gesetz festgelegt sein, auch wenn sie in ihrer Wirkung erst später in Erscheinung tritt.
Der Kollege Ohlig hat weiter erklärt, wir seien nicht bereit gewesen und auch heute nicht bereit, auf die Vorschläge, die aus der Opposition kommen, einzugehen. Wenn man an die Ausschußverhandlungen zurückdenkt, dann kann man, glaube ich, das mit dem besten Willen doch nicht sagen.
— Verehrte Frau Krahnstöver, wenn wir uns heute das Gesetz ansehen — wollen wir mal ehrlich sein —,
so müssen wir feststellen, daß die Regierungskoalition
— bitte, lassen Sie mich doch ausreden; ich lasse Sie ja auch ausreden — Ihren Intentionen sehr weit entgegengekommen ist und daß es vor allen Dingen meiner Fraktion manchmal sehr schwer gewesen ist, in dem etwas übertriebenen sozialen und Fürsorgeprinzip noch mitzugehen.
Es steht doch wohl fest, daß der größte Teil des Aufkommens — das ist ja gerade das Entscheidende —
— nein, das hat mit unsozial nichts zu tun — (Abg. Kriedemann: Das hat überhaupt mit nichts anderm zu tun! — Weitere Zurufe von
der SPD)
— regen Sie sich gar nicht auf, es hat gar keinen Zweck —, es steht fest, daß der größte Teil des Aufkommens ohne Rücksicht auf das Entschädigungsprinzip für allgemeine Zwecke ausgegeben wird. Ich glaube, ich darf als Tatsache feststellen, daß gerade deshalb von verschiedenen Seiten die Forderung kommt, die Leistungen zu erhöhen, um überhaupt die Möglichkeit zu haben, aus dem Entschädigungsprinzip heraus, so wie es in Wirklichkeit von den Vertriebenen gefordert wird, noch Leistungen zu vollbringen.
— Ich glaube, man hat mich schon verstanden, aber, Herr Seuffert, Sie wollen mich nicht verstehen. Ich kann verstehen, daß Sie das nicht wollen, ich nehme Ihnen das auch gar nicht übel, weil wir ja von ganz verschiedenen Stellungen und Gedanken ausgehen.
Ich glaube auch nicht, daß der Kollege Ohlig es ehrlich gemeint hat, wenn er erklärt hat,
die SPD — gestatten Sie, daß ich ausrede, vielleicht ist es anders, aber ich glaube es nicht, vielleicht beweist er es, daß es anders ist, daß es ehrlich gemeint war — wäre bereit gewesen, den Lastenausgleich in Gemeinschaft mit den übrigen Parteien zu verabschieden,
unter der Voraussetzung,
— wer schreit, hat Unrecht —
unter der Voraussetzung, daß nur Ihre Intentionen angenommen würden.
Da das aber unmöglich ist, haben Sie, glaube ich, schon längst Ihren Entschluß gefaßt, abzulehnen. Darum habe ich das heute morgen so empfunden, daß es praktisch nicht ehrlich gemeint sein kann. Es ist nicht so, daß wir, wie Sie heute erklärt haben, hier Koalitionszwang — wir kennen keinen Zwang —
ausüben; denn gerade in dieser Frage — das möchte
ich feststellen — zeigt es sich, daß zwischen Opposition und Koalition Gegensätze sind, die einfach
unüberbrückbar sind. Wir gehen vom Eigentumsbegriff aus, gerade im Interesse der Vertriebenen
und Sachgeschädigten, und das wollen Sie nicht.
Sie wollen die Hauptentschädigung hinausziehen, um sie auf den Nimmerleinstag zu verschieben. Das muß endlich einmal klar und deutlich gesagt werden.