Rede:
ID0119902600

insert_comment

Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 12
    1. Zur: 1
    2. Begründung: 1
    3. des: 1
    4. Antrages: 1
    5. unter: 1
    6. Punkt: 1
    7. 9: 1
    8. der: 1
    9. Tagesordnung: 1
    10. Herr: 1
    11. Abgeordneter: 1
    12. Günther.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag — 199. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 19. März 1952 8519 199. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 19. März 1952. Nachruf auf den verstorbenen Abg. Weickert 8520A Geschäftliche Mitteilungen 8520B Beschlußfassung des Deutschen Bundesrats zum Gesetz zur Änderung und Verlängerung des Wirtschaftsstrafgesetzes 8520C Gesetz über die richterliche Vertragshilfe (Vertragshilfegesetz) 8520C Gesetz über die Steuerberechtigung und die Zerlegung bei der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer (Zerlegungsgesetz) 8520C Gesetz über den Niederlassungsbereich von Kreditinstituten 8520C Gesetz über Ordnungswidrigkeiten . . 8520C Gesetz über die Sorge für die Kriegsgräber (Kriegsgräbergesetz) 8520C Kleine Anfrage Nr. 246 der Fraktion der CDU/CSU betr. Materialversorgung des Handwerks und gewerblichen Mittelstandes (Nrn. 3132, 3197 der Drucksachen) 8520C Kleine Anfrage Nr. 245 der Fraktion der CDU/CSU betr. Unterabteilung Handwerk im Bundeswirtschaftsministerium (Nrn. 3131, 3207 der Drucksachen) . . . 8520D Änderungen der Tagesordnung 8520D Zur Geschäftsordnung — Frage der Behandlung der Tagesordnung: Vizepräsident Dr. Schäfer . 8521C, 8527B Stücklen (CSU) 8520D, 8560A Mellies (SPD) 8521A Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der CDU/CSU betr. Steuergesetzgebung (Nr. 3130 der Drucksachen) 8521C Schmücker (CDU). Anfragender . . 8521C Hartmann, Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen . . . . 8524D Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der CDU/CSU betr. Altersversorgung des Handwerks (Nr. 3129 der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Fraktion der FU betr. Vorlage eines Änderungsgesetzes über die Altersversorgung für das deutsche Handwerk (Nr. 3106 der Drucksachen) . . 8527B Becker (Pirmasens) (CDU), Anfragender 8527C Storch, Bundesminister für Arbeit 8528D, 8530A, 8533A Dr. Etzel (Bamberg) (FU), Antragsteller 8529C Freidhof (SPD) 8530D Dirscherl (FDP) 8531D Paul (Düsseldorf) (KPD) 8533C Ausschußüberweisung des Antrags Nr. 3106 8534A Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU betr. Vorlage eines Gesetzes zur Bekämpfung der Schwarzarbeit (Nr. 3135 der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU betr. Auftragsvergebung der öffentlichen Hand (Nr. 3138 der Drucksachen) sowie mit der Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU betr. Verdingungsordnung für Bauleistungen im Hoch- und Tiefbau (VOB) (Nr. 3139 der Drucksachen) . . . 8534B Becker (Pirmasens) (CDU), Antragsteller 8534B Günther (CDU), Antragsteller . . . 8535C Dr. Erhard, Bundesminister für Wirtschaft 8537A Storch, Bundesminister für Arbeit . 8537B Eickhoff (DP) 8537D Dirscherl (FDP) 8539C Hoecker (SPD) 8540D Paul (Düsseldorf) (KPD) 8533C Schmücker (CDU) 8543A Wirths (FDP) 8543B Kalbfell (SPD) 8543D Dr. Etzel (Bamberg) (FU) 8545A Ausschußüberweisungen 8546C Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU betr. Förderung des Handwerks (Nr. 3137 der Drucksachen; Umdruck Nr. 470) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU betr. Kreditversorgung des Handwerks (Nr. 3140 der Drucksachen) . 8546D Mensing (CDU), Antragsteller . . . 8547A Schuler (CDU), Antragsteller . . . . 8549A Dr. Nölting (SPD) 8550A Dr. Erhard, Bundesminister für Wirt- schaft 8552B Frau Lockmann (SPD) 8553C Paul (Düsseldorf) (KPD) 8554C Hoecker (SPD) 8556D Dr. Etzel (Bamberg) (FU) 8558B Dirscherl (FDP) 8558C Schmücker (CDU) 85590 Ausschußüberweisungen 8560A Zur Geschäftsordnung — Vertagungsantrag: Stücklen (CSU) 8560A Weiterberatung vertagt 8560C Nächste Sitzung 8560C Die Sitzung wird um 13 Uhr 31 Minuten durch den Vizepräsidenten Dr. Schäfer eröffnet.
  • folderAnlagen
    Keine Anlage extrahiert.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Hermann Schäfer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Weitere Wortmeldungen zu dem aufgerufenen Punkt der Tagesordnung liegen nicht vor. Die Große Anfrage — Punkt 1 der Tagesordnung — ist erledigt.
    Wir haben abzustimmen über Punkt 3, den Antrag der Fraktion der FU Nr. 3106 der Drucksachen. Ich schlage vor, den Antrag an den Ausschuß für Geld und Kredit als federführenden und den Ausschuß für Sozialpolitik als mitarbeitenden Ausschuß zu überweisen. — Dem wird nicht widersprochen; ich darf die Zustimmung des Hauses dazu annehmen.

    (Abg. Dirscherl: Herr Präsident, ich hätte noch einen Antrag, der eventuell ebenfalls zu überweisen wäre!)

    - Was ist das für ein Antrag?

    (Zuruf von der Mitte: Abänderungsantrag!)

    — Er ist aber nicht umgedruckt und auch nicht
    verlesen worden. Ich kann jetzt nicht einen neuen
    Antrag zur Abstimmung stellen; das ist unmöglich.

    (Abg. Becker [Pirmasens]: Herr Präsident, es wäre zweckmäßig, umzustellen: Ausschuß für Sozialpolitik federführend und Ausschuß für Geld und Kredit mitberatend!)

    — Nun haben wir schon abgestimmt, und es ist so beschlossen. Ich glaube nicht, daß das wesentlich ist.
    Ich rufe — gewissermaßen als zweiten Abschnitt unserer heutigen Debatte — die Punkte 6, 9 und 10 auf:
    6. Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU betreffend Vorlage eines Gesetzes zur Bekämpfung der Schwarzarbeit (Nr. 3135 der Drucksachen);
    Beratung des Antrags der Fraktion der
    CDU/CSU betreffend Auftragsvergebung der öffentlichen Hand (Nr. 3138 der Drucksachen);
    1. Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU betreffend Verdingungsordnung für Bauleistungen im Hoch- und Tiefbau (VOB) (Nr. 3139 der Drucksachen).
    Zur Begründung des Antrags unter Punkt 6 hat das Wort Herr Abgeordneter Becker.
    Becker (Pirmasens) (CDU), Antragsteller: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In dem Antrag Drucksache Nr. 3135 betreffend Vorlage eines Gesetzes zur Bekämpfung der Schwarzarbeit bitten wir das Hohe Haus, zu beschließen:
    Die Bundesregierung wird ersucht, dem
    Bundestag ein Gesetz zur Bekämpfung der
    Schwarzarbeit vorzulegen, in dem auch der
    Auftraggeber des Schwarzarbeiters unter
    Strafandrohung gestellt wird.
    Durch das Überhandnehmen der Schwarzarbeit sind viele Handwerksbetriebe, j a, ganze Berufszweige in ihrer Existenz bedroht. Man kann sagen, daß die Bekämpfung der Schwarzarbeit für viele
    Handwerksberufe zu einem Kernproblem und zu einer Lebensfrage geworden ist. Der Umfang der Schwarzarbeit läßt sich zwar statistisch nicht erfassen; man ist daher allzu leicht geneigt, die ganze Angelegenheit zu bagatellisieren, zumindest nicht in ihrer ganzen Bedeutung zu erkennen. In manchen Handwerksberufen in bestimmten Gegenden hat die Schwarzarbeit etwa 30 0/o, ja, man kann sagen, bis zu 50 % der gesamten handwerklichen Leistung an sich gerissen. Lassen Sie mich ein Beispiel anführen. Bei einer Überprüfung der Baustellen des Kreises Düren durch das dortige Arbeitsamt wurden allein im Bauhandwerk 200 Schwarzarbeiter festgestellt, die zum größten Teil als Arbeitslose registriert waren und Unterstützung bezogen. Selbst das Arbeitsministerium ist überzeugt, daß ein großer Teil der unterstützten Arbeitslosen ständige Schwarzarbeiter sind. Diese Leute belasten nicht nur unsere Arbeitslosenstatistik als unechte Arbeitslose, sondern sie haben meistens auch gar kein Interesse an einer Vermittlung in ein ordentliches Arbeitsverhältnis. Sie tragen durch ihr Verhalten zu einer Verminderung der allgemeinen Arbeitsmoral bei.
    Aber nicht nur die gesamten Bauberufe, sondern auch andere Berufe — ich nenne nur einige: Friseure, Schuhmacher, Schneider und hier insbesondere wieder die Schneiderinnen — leiden sehr unter der Schwarzarbeit. Ich kann Ihnen sagen, daß wir uns in unseren Innungsversammlungen sehr oft über dieses Problem unterhalten müssen. Auch die in den Ausschußsitzungen von unseren Kollegen gestellten Anträge auf Herabsetzung der Innungsbeiträge werden meistens mit dem Mangel an Aufträgen, der durch die Schwarzarbeit verursacht ist, begründet. Wir haben schon verschiedene Male Anlaß nehmen müssen, diesen Gesuchen nachzugehen. Ich kann aus meinem eigenen Innungsbezirk sagen: es hat sich schon einige Male bestätigt, daß wirklich fachlich tüchtige Handwerkskollegen nicht in der Lage waren, auch nur 40 oder 50 DM in der Woche zu verdienen, weil — wie festgestellt wurde — im näheren Umkreis mehrere Schwarzarbeiter saßen, die selbstverständlich zu einem erheblich billigeren Preis arbeiten konnten und somit dem reellen Handwerksmeister die Arbeit wegnahmen.
    Lassen Sie mich ein weiteres Argument anführen. Wenn durch die Eindämmung der Schwarzarbeit im Handwerk die Zahl der Beschäftigten nur um 3 % erhöht würde, dann hätten wir immerhin rund 100 000 neue Arbeitsplätze und neue Lehrstellen. Gerade letzteres wäre in Anbetracht der Berufsnot unserer Jugend besonders zu begrüßen.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Man kann sagen: zwei Schwarzarbeiter gleich ein Arbeitsloser mehr und eine Lehrstelle weniger. Diese Formel mag Ihnen die Bedeutung des Problems aufzeigen. Aber auch die finanzielle Auswirkung des Problems sollte man nicht außer acht lassen. Den Sozialversicherungsträgern, dem Bund, den Ländern und Gemeinden entgehen Hunderte von Millionen D-Mark jährlich in Form von zu Unrecht bezogenen Unterstützungen, hinterzogenen Versicherungsbeiträgen und Steuern sowie verminderten Einnahmen aus legal arbeitenden Betrieben, die durch den unlauteren Wettbewerb der Schwarzarbeit geschädigt werden.
    Der Bundestag und insbesondere sein Ausschuß für Arbeit haben sich schon früher mit dem Problem beschäftigt. Ich darf an den einstimmig ge-


    (Becker [Pirmasens])

    faßten Beschluß dieses Hauses vom 16. November 1950 erinnern, worin die Bundesregierung ersucht worden ist, Maßnahmen zu erwägen, die geeignet sind, dem Überhandnehmen der Schwarzarbeit wirksam zu begegnen. Die Antwort der Bundesregierung, datiert vom 25. April 1951, liegt in der Drucksache Nr. 2221 vor. Der Herr Bundesarbeitsminister erkennt darin die Gemeinschädlichkeit der Schwarzarbeit an und spricht sich für ihre systematische Bekämpfung aus. Es wird hier dankbar anerkannt, daß durch die Initiative des Bundesarbeitsministeriums eine Koordinierung mit den übrigen Bundesministerien angestrebt worden ist. Der Erfolg dieser Anstrengungen war aber nicht so, wie man erwartet hatte. Wohl wurden von den einzelnen Ministerien im Dienstwege Erlasse herausgegeben, aber die Aufrüttelung der Öffentlichkeit, die ebenfalls notwendig gewesen wäre, unterblieb und konnte von uns, d. h. von der Organisation des Handwerks, nicht allein durchgeführt werden.
    Es ist zugegeben, daß zahlreiche Gesetze, Verordnungen und Anordnungen zur Bekämpfung der Schwarzarbeit herangezogen werden können; wir müssen aber immer wider feststellen, daß die Ermittlungsbehörden ihre Arbeit in dieser Beziehung sehr lahm, manchmal sogar widerwillig ausführen, so daß kein Erfolg herauskommen kann. Kommt einmal ein Fall vor Gericht, dann wird meistens die Auffassung vertreten, daß es sich um geringfügige Übertretungen oder um Vergehen handle, bei denen regelmäßig mildernde Umstände anzunehmen seien. Wir sind dem Arbeitsministerium dankbar dafür, daß es mit uns diese Auffassung bekämpft und die Meinung vertritt: es ist nicht angängig, daß die meist mühselig eingeleiteten Strafverfahren durch Unterschätzung der Bedeutung des Problems für die Allgemeinheit und die Volkswirtschaft und aus falsch verstandenen sozialen Erwägungen wegen Geringfügigkeit eingestellt werden. Wir sind der Meinung, daß ein Bundesgesetz, wie es in Drucksache Nr. 3135 gefordert wird, zur wirksamen Verbesserung und Ergänzung der geltenden Bestimmungen und möglichst auch zur Zusammenfassung solcher Bestimmungen notwendig ist, die in zahlreichen Spezialgesetzen verstreut sind, ferner aber auch zur psychologischen Einwirkung sowohl auf die Richter und Verwaltungen wie auf die Schwarzarbeiter und deren Auftraggeber sowie auf die ganze übrige Bevölkerung.
    Wir sind auch der Auffassung, daß Strafbestimmungen gegen die Auftraggeber von Schwarzarbeit beschlossen werden müssen. Die Auftraggeber sind oft in der wirtschaftlich günstigeren Lage und nutzen dann die Notlage der Arbeitslosen aus. Oft wird auch nur aus Gedankenlosigkeit gehandelt. Hier würden geeignete Strafbestimmungen, wenn sie genügend publiziert würden, eine stark abschreckende Wirkung haben, so daß nach unserer Ansicht Bestrafungen nur selten notwendig würden; denn eine entscheidende Quelle der Schwarzarbeit wäre verstopft. Eine gerechte Abgrenzung der strafbaren Vergebung von Schwarzarbeit wäre eine juristische Aufgabe, die nicht unlösbar sein kann und Bestrafungen oder Prozesse in wirklichen Bagatellfällen verhindern könnte.
    Zusammenfassend darf ich noch einmal sagen, daß das Kapitel Schwarzarbeit nicht nur eine große Gefahr für das gesamte Handwerk und die gesamte mittelständische Wirtschaft darstellt, sondern auch im Interesse des Staates, seiner Finanzen, der Sozialversicherung, vor allem aber auch der 1 ehrlichen Arbeitnehmer und der ehrlichen Wirtschaft bekämpft werden muß. Von diesem Gesichtspunkt aus darf ich sagen, daß Schwarzarbeit weitgehend eine Charakterangelegenheit geworden ist. Wir meinen, die Bekämpfung muß auf Bundesebene, mit Bundesmitteln erfolgen. Diese Bekämpfung auf Bundesebene, mit Bundesmitteln ist nach unserer Meinung nicht nur berechtigt, sondern auch notwendig. Nur ein sinnvolles Gesetz auf Bundesebene gegen die Schwarzarbeit, das auch eine Bestrafung der Auftraggeber vorsieht, verspricht Erfolg. Wir bitten Sie deshalb um Annahme unseres Antrages auf der Ihnen vorliegenden Drucksache.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)



Rede von Dr. Hermann Schäfer
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Zur Begründung des Antrages unter Punkt 9 der Tagesordnung Herr Abgeordneter Günther.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Bernhard Günther


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gestatten Sie mir, daß ich die beiden Anträge auf Drucksache Nr. 3138 und Drucksache Nr. 3139 zusammenfasse, weil sie praktisch zusammengehören. In den Versammlungen der Handwerker, in den Innungen usw.. wird laufend über die Schwarzarbeit gesprochen. Ebenso stark wird kritisiert und mit großer Sorge betrachtet, wie die Vergabe der öffentlichen Arbeiten vor sich geht, vor allen Dingen deswegen, weil heute im Gegensatz zu früher die öffentliche Hand stärker als Auftraggeber in Erscheinung tritt. Während der Bauhandwerker früher seine Aufträge im wesentlichen durch den Hausbesitz erhielt, ist er heute weit mehr als früher auf die Auftragsvergabe der öffentlichen Hand angewiesen. Hier stellen wir fest: weil die Bauvorhaben heute im Gegensatz zu früher größer sind, werden die Aufträge meistens an Großfirmen und an Firmen der Industrie vergeben. Dadurch kommt das Kleinhandwerk in den meisten Fällen nicht zum Zuge. Deswegen haben wir diesen Antrag gestellt. Wir haben den Wunsch, daß alle vergebenden Stellen die Aufträge möglichst weitgehend verteilen. Ich kann mir vorstellen, daß mancher Beamte oder Auftragvergebende es aus Bequemlichkeitsgründen lieber mit einer Firma zu tun hat als mit einem Dutzend Firmen. Trotzdem ist die Erfüllung unserer Forderung absolut notwendig, und ich glaube, daß ihr Rechnung getragen werden muß.
    Des weiteren wünschen wir, daß nicht nur durch die öffentliche Hand vergebene Aufträge so behandelt werden, sondern auch die Aufträge, die mit öffentlichen Mitteln finanziert werden.
    Weiter haben wir zu bemängeln, daß die Vergabe, die grundsätzlich nach der VOB durchgeführt werden soll, nur in den seltensten Fällen nach dieser Anordnung durchgeführt wird. Dabei haben wir die Feststellung zu machen, daß meistens der Billigste und nicht, wie es nach der VOB sein soll, der Preiswürdigste den Auftrag bekommt. Das kann man mit einer ganzen Reihe von Beispielen gerade hier im Raume Bonn und Köln beweisen, in denen Schäden eingetreten sind, die sich für die Wirtschaft und vor allen Dingen für die mittelständische Wirtschaft sehr schwer ausgewirkt haben. Ich brauche nur an den Großneubau des Arbeitsamts in Köln zu erinnern, wo man einer Firma, die 25 % billiger als die zweitbilligste war, den Auftrag gegeben hat. Schon während des Baues war die Firma pleite, und eine andere Firma


    (Günther)

    mußte den Bau fortführen. Für den Staat ist ein großer Schaden eingetreten.

    (Alterspräsident Löbe übernimmt den Vorsitz.)

    Dasselbe haben wir bei einigen Bauvorhaben hier in Bonn erlebt, bei denen Firmen nicht in der Lage waren, die Löhne zu bezahlen. Wir erinnern uns noch an die Pressekampagne im vergangenen Jahr und an den Marsch auf das Wohnungsbauministerium an einem Freitag, weil die Arbeiter keinen Lohn bekommen hatten. So könnten wir die Reihe der Beispiele fortsetzen. Wir haben die Feststellung zu machen, daß eine gewisse Verwandtschaft zwischen den auftragvergebenden Stellen und den Submittenten vorhanden ist. Wir stellen in vielen Fällen fest, daß sogenannte Hoflieferanten, die immer und immer wieder für dieselben öffentlichen Auftraggeber oder dieselben Stellen arbeiten, immer und immer wieder die Arbeiten bekommen und andere, auch wenn sie noch so günstige Angebote abgeben, niemals zum Zuge kommen. Gegen diese Einstellung, die sich zum Teil breitgemacht hat, erheben die anständigen mittleren Firmen Einspruch. Es ist zu wünschen, daß von höchster Stelle alle öffentlichen Vergabestellen angewiesen werden, hier nach dem Rechten zu sehen. Es ist nicht immer beweisbar, aber die Vermutung liegt in sehr vielen Fällen sehr nahe, daß irgendwelche korrupte Verhältnisse eingetreten sind. Hier sollte die öffentliche Hand irgendwie durch strengere Maßnahmen eingreifen. Die betreffenden Beamten sollten zeitweise versetzt werden, damit irgendeine Verwandtschaft mit den Auftragnehmern nicht in Frage kommen kann.
    Des weiteren stellen wir fest, daß sich vor allen Dingen die Besatzungsstellen in einzelne Aufträge einmischen. Vergangene Woche war hier in Euskirchen eine Submission. In einer Kaserne sollte ein Kino eingerichtet werden. Die Submission wurde aufgehoben, weil der Betreffende, der den Auftrag eigentlich bekommen sollte, nicht der preisbilligste und preisgünstigste war. Die Belgier haben sich in diese Vergabe eingemischt und diese Submission einfach auffliegen lassen. Ich stehe auf dem Standpunkt, daß sich die Belgier ruhig in diese Dinge einmischen können, aber dann müssen sie diese Aufträge auch bezahlen. Wenn wir deutschen Steuerzahler diese Aufträge zu bezahlen haben, dann haben im heutigen Zeitpunkt Besatzungsmächte und Belgier nicht mehr das Recht, sich in das deutsche Submissionswesen und in die Vergabe von Arbeiten einzumischen, auch wenn es sich um Kasernenbauten handelt. Ich erwarte, daß von Regierungsseite bei den Besatzungsmächten Schritte unternommen werden; um diesen Dingen ein für allemal ein Ende zu bereiten.
    Nun etwas zur Beachtung; es handelt sich um Warnungen vor irgendeiner Firma. Bei Aufträgen des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen haben beispielsweise deutsche Handwerksstellen vor einer Firma gewarnt, die außerordentlich billig, aber bekannterweise fachlich nicht in Ordnung und zur Durchführung der Aufträge eigentlich nicht in der Lage war und die außerdem von Amts wegen bestimmte Arbeiten nicht ausführen durfte. Das Postministerium hat nun an die Kreishandwerkerschaft in Bonn die Mitteilung gegeben: „Außerdem war die Firma bei allen Submissionen die mindestfordernde und wirkte deswegen preisregulierend." Wenn das Schule macht — und das hat zum Teil Schule gemacht —, daß man gerade immer dem Billigsten den Auftrag
    gibt, dann wird die Folge davon sein, daß eine gewisse Armut oder Verarmung beim Baugewerbe eintritt. Bedauerlicherweise haben wir in den letzten Wochen und Monaten die Feststellung zu machen, daß eine ganze Reihe von Firmen, die nicht etwa 1945 entstanden sind, sondern 30, 50 Jahre alt sind, heute ihre Zahlungen einstellen müssen, weil durch diese Machenschaften derjenige, der anständige Arbeit leistet und dafür einen normalen Preis verlangt, heute nicht mehr zum Zuge kommen kann.
    Das sind Dinge, die sich für unsere Wirtschaft und vor allen Dingen für das Bauhandwerk in besorgniserregendem Maße auswirken. Der Kabinettsbeschluß, der einen Eingriff in die VOB darstellt und durch den der Grundsatz verwirklicht werden sollte: Ganz Deutschland baut in Bonn und an öffentlichen Bauten, muß unseres Erachtens revidiert werden; denn er weicht von dem Grundsatz ab, daß eben der Preiswürdigste die Arbeit bekommt. In sehr vielen Fällen stellen wir fest, daß Leute aufgefordert werden, ein Angebot abzugeben, aber von vornherein feststeht, daß die Arbeiten an fremde Firmen vergeben werden, wobei man später feststellt, daß diese Firmen keine ordentliche Arbeit geleistet haben. Der Untersuchungsausschuß hat Besichtigungen im Haus Carstanjen usw. durchgeführt und dabei festgestellt, daß Arbeiten, die von gewissen auswärtigen Firmen gemacht worden sind und auch abgenommen wurden, handwerklich gesehen jeder anständigen Arbeit Hohn sprechen.

    (Abg. Dr. Greve: Meinen Sie, das kann in Nordrhein-Westfalen nicht vorkommen?)

    — Das kommt selbstverständlich da vor. Ich übe keine Kritik an einer auswärtigen Firma. Wenn aber eine auswärtige Firma eine Arbeit bekommt, muß sie genau so gute und anständige Arbeit leisten wie andere Firmen auch. Hier haben wir aber den Zustand, daß Firmen aufgefordert werden, von denen feststeht, daß sie nicht in der Lage sind, anständige, handwerkgerechte Arbeiten durchzuführen. Hiergegen wenden wir uns.

    (Abg. Dr. Mühlenfeld: Da liegt die Schuld bei den Firmen! — Abg. Dr. Greve: Das hat mit dem Handwerk nichts zu tun, sondern mit der Praxis der Behörden!)

    Das ist die Schuld der vergebenden Stellen. Sie sehen sich die Firmen nicht an, an die sie die Aufträge geben und die zu diesen Arbeiten nicht in der Lage sind.

    (Fortgesetzte Zurufe. — Abg. Dr. Mühlenfeld: Wir haben wohl nur tüchtige Firmen in Köln und Bonn!)

    — Es steht auf jeden Fall fest, daß auf diesem Gebiet sehr viel gesündigt wird, und wir hoffen, daß entsprechende Maßnahmen von den maßgebenden Stellen getroffen werden.
    Des weiteren werden heute Arbeiten unter Bedingungen vergeben, wonach der betreffende Auftragnehmer sich verpflichten muß, den Baustahl irgendwie vorrätig zu haben. Bei diesen Maßnahmen kommen kleinere und mittlere Firmen bei irgendwelchen Angeboten nicht zum Zuge, sondern nur die Firmen, die in der Lage sind, sich entsprechende Stahlmengen auf Vorrat zu legen oder aber sich im schwarzen Handel entsprechende Materialien zu beschaffen.

    (Abg. Paul [Düsseldorf] : Wenden Sie sich doch an Erhard!)



    (Günther)

    Das sind Dinge, die wir als Handwerker auf keinen Fall hinnehmen können, und wir wünschen, daß von den maßgebenden Stellen entsprechend verfahren wird, um auch die kleinere und mittlere Handwerkerschaft zum Zuge kommen zu lassen.

    (Abg. Dr. Greve: Da hat es der Erhard aber schwer!)