Weitere Wortmeldungen zu dem aufgerufenen Punkt der Tagesordnung liegen nicht vor. Die Große Anfrage — Punkt 1 der Tagesordnung — ist erledigt.
Wir haben abzustimmen über Punkt 3, den Antrag der Fraktion der FU Nr. 3106 der Drucksachen. Ich schlage vor, den Antrag an den Ausschuß für Geld und Kredit als federführenden und den Ausschuß für Sozialpolitik als mitarbeitenden Ausschuß zu überweisen. — Dem wird nicht widersprochen; ich darf die Zustimmung des Hauses dazu annehmen.
- Was ist das für ein Antrag?
— Er ist aber nicht umgedruckt und auch nicht
verlesen worden. Ich kann jetzt nicht einen neuen
Antrag zur Abstimmung stellen; das ist unmöglich.
— Nun haben wir schon abgestimmt, und es ist so beschlossen. Ich glaube nicht, daß das wesentlich ist.
Ich rufe — gewissermaßen als zweiten Abschnitt unserer heutigen Debatte — die Punkte 6, 9 und 10 auf:
6. Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU betreffend Vorlage eines Gesetzes zur Bekämpfung der Schwarzarbeit ;
Beratung des Antrags der Fraktion der
CDU/CSU betreffend Auftragsvergebung der öffentlichen Hand ;
1. Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU betreffend Verdingungsordnung für Bauleistungen im Hoch- und Tiefbau (Nr. 3139 der Drucksachen).
Zur Begründung des Antrags unter Punkt 6 hat das Wort Herr Abgeordneter Becker.
Becker (CDU), Antragsteller: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In dem Antrag Drucksache Nr. 3135 betreffend Vorlage eines Gesetzes zur Bekämpfung der Schwarzarbeit bitten wir das Hohe Haus, zu beschließen:
Die Bundesregierung wird ersucht, dem
Bundestag ein Gesetz zur Bekämpfung der
Schwarzarbeit vorzulegen, in dem auch der
Auftraggeber des Schwarzarbeiters unter
Strafandrohung gestellt wird.
Durch das Überhandnehmen der Schwarzarbeit sind viele Handwerksbetriebe, j a, ganze Berufszweige in ihrer Existenz bedroht. Man kann sagen, daß die Bekämpfung der Schwarzarbeit für viele
Handwerksberufe zu einem Kernproblem und zu einer Lebensfrage geworden ist. Der Umfang der Schwarzarbeit läßt sich zwar statistisch nicht erfassen; man ist daher allzu leicht geneigt, die ganze Angelegenheit zu bagatellisieren, zumindest nicht in ihrer ganzen Bedeutung zu erkennen. In manchen Handwerksberufen in bestimmten Gegenden hat die Schwarzarbeit etwa 30 0/o, ja, man kann sagen, bis zu 50 % der gesamten handwerklichen Leistung an sich gerissen. Lassen Sie mich ein Beispiel anführen. Bei einer Überprüfung der Baustellen des Kreises Düren durch das dortige Arbeitsamt wurden allein im Bauhandwerk 200 Schwarzarbeiter festgestellt, die zum größten Teil als Arbeitslose registriert waren und Unterstützung bezogen. Selbst das Arbeitsministerium ist überzeugt, daß ein großer Teil der unterstützten Arbeitslosen ständige Schwarzarbeiter sind. Diese Leute belasten nicht nur unsere Arbeitslosenstatistik als unechte Arbeitslose, sondern sie haben meistens auch gar kein Interesse an einer Vermittlung in ein ordentliches Arbeitsverhältnis. Sie tragen durch ihr Verhalten zu einer Verminderung der allgemeinen Arbeitsmoral bei.
Aber nicht nur die gesamten Bauberufe, sondern auch andere Berufe — ich nenne nur einige: Friseure, Schuhmacher, Schneider und hier insbesondere wieder die Schneiderinnen — leiden sehr unter der Schwarzarbeit. Ich kann Ihnen sagen, daß wir uns in unseren Innungsversammlungen sehr oft über dieses Problem unterhalten müssen. Auch die in den Ausschußsitzungen von unseren Kollegen gestellten Anträge auf Herabsetzung der Innungsbeiträge werden meistens mit dem Mangel an Aufträgen, der durch die Schwarzarbeit verursacht ist, begründet. Wir haben schon verschiedene Male Anlaß nehmen müssen, diesen Gesuchen nachzugehen. Ich kann aus meinem eigenen Innungsbezirk sagen: es hat sich schon einige Male bestätigt, daß wirklich fachlich tüchtige Handwerkskollegen nicht in der Lage waren, auch nur 40 oder 50 DM in der Woche zu verdienen, weil — wie festgestellt wurde — im näheren Umkreis mehrere Schwarzarbeiter saßen, die selbstverständlich zu einem erheblich billigeren Preis arbeiten konnten und somit dem reellen Handwerksmeister die Arbeit wegnahmen.
Lassen Sie mich ein weiteres Argument anführen. Wenn durch die Eindämmung der Schwarzarbeit im Handwerk die Zahl der Beschäftigten nur um 3 % erhöht würde, dann hätten wir immerhin rund 100 000 neue Arbeitsplätze und neue Lehrstellen. Gerade letzteres wäre in Anbetracht der Berufsnot unserer Jugend besonders zu begrüßen.
Man kann sagen: zwei Schwarzarbeiter gleich ein Arbeitsloser mehr und eine Lehrstelle weniger. Diese Formel mag Ihnen die Bedeutung des Problems aufzeigen. Aber auch die finanzielle Auswirkung des Problems sollte man nicht außer acht lassen. Den Sozialversicherungsträgern, dem Bund, den Ländern und Gemeinden entgehen Hunderte von Millionen D-Mark jährlich in Form von zu Unrecht bezogenen Unterstützungen, hinterzogenen Versicherungsbeiträgen und Steuern sowie verminderten Einnahmen aus legal arbeitenden Betrieben, die durch den unlauteren Wettbewerb der Schwarzarbeit geschädigt werden.
Der Bundestag und insbesondere sein Ausschuß für Arbeit haben sich schon früher mit dem Problem beschäftigt. Ich darf an den einstimmig ge-
faßten Beschluß dieses Hauses vom 16. November 1950 erinnern, worin die Bundesregierung ersucht worden ist, Maßnahmen zu erwägen, die geeignet sind, dem Überhandnehmen der Schwarzarbeit wirksam zu begegnen. Die Antwort der Bundesregierung, datiert vom 25. April 1951, liegt in der Drucksache Nr. 2221 vor. Der Herr Bundesarbeitsminister erkennt darin die Gemeinschädlichkeit der Schwarzarbeit an und spricht sich für ihre systematische Bekämpfung aus. Es wird hier dankbar anerkannt, daß durch die Initiative des Bundesarbeitsministeriums eine Koordinierung mit den übrigen Bundesministerien angestrebt worden ist. Der Erfolg dieser Anstrengungen war aber nicht so, wie man erwartet hatte. Wohl wurden von den einzelnen Ministerien im Dienstwege Erlasse herausgegeben, aber die Aufrüttelung der Öffentlichkeit, die ebenfalls notwendig gewesen wäre, unterblieb und konnte von uns, d. h. von der Organisation des Handwerks, nicht allein durchgeführt werden.
Es ist zugegeben, daß zahlreiche Gesetze, Verordnungen und Anordnungen zur Bekämpfung der Schwarzarbeit herangezogen werden können; wir müssen aber immer wider feststellen, daß die Ermittlungsbehörden ihre Arbeit in dieser Beziehung sehr lahm, manchmal sogar widerwillig ausführen, so daß kein Erfolg herauskommen kann. Kommt einmal ein Fall vor Gericht, dann wird meistens die Auffassung vertreten, daß es sich um geringfügige Übertretungen oder um Vergehen handle, bei denen regelmäßig mildernde Umstände anzunehmen seien. Wir sind dem Arbeitsministerium dankbar dafür, daß es mit uns diese Auffassung bekämpft und die Meinung vertritt: es ist nicht angängig, daß die meist mühselig eingeleiteten Strafverfahren durch Unterschätzung der Bedeutung des Problems für die Allgemeinheit und die Volkswirtschaft und aus falsch verstandenen sozialen Erwägungen wegen Geringfügigkeit eingestellt werden. Wir sind der Meinung, daß ein Bundesgesetz, wie es in Drucksache Nr. 3135 gefordert wird, zur wirksamen Verbesserung und Ergänzung der geltenden Bestimmungen und möglichst auch zur Zusammenfassung solcher Bestimmungen notwendig ist, die in zahlreichen Spezialgesetzen verstreut sind, ferner aber auch zur psychologischen Einwirkung sowohl auf die Richter und Verwaltungen wie auf die Schwarzarbeiter und deren Auftraggeber sowie auf die ganze übrige Bevölkerung.
Wir sind auch der Auffassung, daß Strafbestimmungen gegen die Auftraggeber von Schwarzarbeit beschlossen werden müssen. Die Auftraggeber sind oft in der wirtschaftlich günstigeren Lage und nutzen dann die Notlage der Arbeitslosen aus. Oft wird auch nur aus Gedankenlosigkeit gehandelt. Hier würden geeignete Strafbestimmungen, wenn sie genügend publiziert würden, eine stark abschreckende Wirkung haben, so daß nach unserer Ansicht Bestrafungen nur selten notwendig würden; denn eine entscheidende Quelle der Schwarzarbeit wäre verstopft. Eine gerechte Abgrenzung der strafbaren Vergebung von Schwarzarbeit wäre eine juristische Aufgabe, die nicht unlösbar sein kann und Bestrafungen oder Prozesse in wirklichen Bagatellfällen verhindern könnte.
Zusammenfassend darf ich noch einmal sagen, daß das Kapitel Schwarzarbeit nicht nur eine große Gefahr für das gesamte Handwerk und die gesamte mittelständische Wirtschaft darstellt, sondern auch im Interesse des Staates, seiner Finanzen, der Sozialversicherung, vor allem aber auch der 1 ehrlichen Arbeitnehmer und der ehrlichen Wirtschaft bekämpft werden muß. Von diesem Gesichtspunkt aus darf ich sagen, daß Schwarzarbeit weitgehend eine Charakterangelegenheit geworden ist. Wir meinen, die Bekämpfung muß auf Bundesebene, mit Bundesmitteln erfolgen. Diese Bekämpfung auf Bundesebene, mit Bundesmitteln ist nach unserer Meinung nicht nur berechtigt, sondern auch notwendig. Nur ein sinnvolles Gesetz auf Bundesebene gegen die Schwarzarbeit, das auch eine Bestrafung der Auftraggeber vorsieht, verspricht Erfolg. Wir bitten Sie deshalb um Annahme unseres Antrages auf der Ihnen vorliegenden Drucksache.