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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag — 196. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 28. Februar 1952 8421 1%. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 28. Februar 1952. Nachruf auf den verstorbenen Abg. Schröter (Kiel) 8422D Geschäftliche Mitteilungen . . . . 8423A, 8436D Kleine Anfrage Nr. 192 der Fraktion der SPD betr. Verstöße gegen das Erste Überleitungsgesetz (Nrn. 3155, 2305 der Drucksachen) 8423B Kleine Anfrage Nr. 241 der Fraktion der SPD betr. Einflußnahme des Bundesjustizministeriums auf rechtswissenschaftliche Veröffentlichungen (Nrn. 3082, 3154 der Drucksachen) 8423B Vorlage des Wirtschaftsplans der Deutschen Bundesbahn (Finanz- und Wirtschaftsgemeinschaft der Hauptverwaltung in Offenbach und der Generaldirektion der Südwestdeutschen Eisenbahnen in Speyer) nebst Stellenplänen für das Geschäftsjahr 1951 8423C Bericht des Sprechers der Deutschen Vertreter in der Beratenden Versammlung des Europarates, Abg. Dr. Pünder, über den zweiten Teil der Dritten Ordentlichen Sitzungsperiode der Beratenden Versammlung vom 26. November bis 11. Dezember 1951 (Nr. 3150 der Drucksachen) . 8423C Vorlage der Verordnung zur Ergänzung der Verordnung NEM II/51 über Verwendungsbeschränkungen von Kupfer und Kupferlegierungen (VO NEM I/52) . . 8423C Änderung der Tagesordnung 8423D Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der SPD betr. Fall Kemritz (Nr. 2531 der Drucksachen) 8423D Dr. Greve (SPD), Anfragender 8423D, 8431D Dr. Dehler, Bundesminister der Justiz 8425C Dr. Friedensburg (CDU) . . 8426B, 8433A Renner (KPD) 8429D Ewers (DP) 8430D Dr. Schneider (FDP) 8431B Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses nach Art. 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) über den Entwurf eines Gesetzes über die Errichtung einer Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (Nrn. 3144, 2875, 2949, 3107 der Drucksachen) 8433C Arndgen (CDU), Berichterstatter . 8433D Beschlußfassung 8434D Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Steuerberechtigung und die Zerlegung der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer (Zerlegungsgesetz) (Nr. 2644 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen (11. Ausschuß) (Nr. 3091 der Drucksachen) 8434D Dr. Gülich (SPD), Berichterstatter . 8435A Abstimmungen 8436C Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den Niederlassungsbereich von Kreditinstituten (Nr. 2908 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Geld und Kredit (12. Ausschuß) (Nr. 3109 der Drucksachen; Antrag Umdruck Nr. 463) 8436D Neuburger (CDU): als Berichterstatter 8436D als Abgeordneter 8440C Dr. Bleiß (SPD) 8438C, 8441A Dr. Preusker (FDP) 8439C Abstimmungen 8438C, 8441A, C Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über weitere steuerliche Maßnahmen bei festverzinslichen Wertpapieren (Nr. 3143 der Drucksachen) 8423D, 8441C Ausschußüberweisung 8441C Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Durchführung des Art. 108 Abs. 2 des Grundgesetzes (Nr. 3101 der Drucksachen) 8441D Hartmann, Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen 8441D Ausschußüberweisung 8442A Erste Beratung ides von der Fraktion der FU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 17. Januar 1952 (BGBl. S. 33) (Nr. 3105 der Drucksachen) 8442A Ausschußüberweisung 8442A Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung der Vorschriften über die Aufhebung des Mieterschutzes bei Geschäftsräumen und gewerblich genutzten unbebauten Grundstücken (Nr. 3126 der Drucksachen) 8442A Dr. Dehler, Bundesminister der Justiz 8442B Jacobi (SPD) 8444C Huth (CDU) 8448A Ewers (DP) 8449B Wirths (FDP) 8450A Ausschußüberweisung . . . . . . . 8450D Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über idas Blutspendewesen (Blutspendegesetz) (Nr. 3102 der Drucksachen) . . 8450D Ausschußüberweisung 8451A Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Sorge für die Kriegsgräber (Kriegsgräbergesetz) (Nr. 2667 der Drucksachen); Mündlicher Bericht ides Ausschusses für Kriegsopfer- und Kriegsgefangenenfragen (26. Ausschuß) (Nr. 3118 der Drucksachen) . . . 8451A Massoth (CDU), Berichterstatter . 8451A Abstimmungen 8452C Zweite Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Versicherungspflicht in der Angestelltenversicherung (Nr. 2901 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Sozialpolitik (21. Ausschuß) (Nr. 3116 der Drucksachen; Umdruck Nr. 461) 8452C Schüttler (CDU), Berichterstatter . 8452D Frau Schroeder (Berlin) (SPD) . . 8453A Arndgen (CDU) 8453D Frau Kalinke (DP) 8454A Abstimmungen 8454B Zweite Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Versicherungspflicht in der Knappschaftsversicherung (Nr. 2902 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses. für Sozialpolitik (21. Ausschuß) (Nr. 3117 der Drucksachen; Umdruck Nr. 462) 8454B Dr. Atzenroth (FDP), Berichterstatter 8454C Dannebom (SPD) 8454D, 8456A Arndgen (CDU) 8455D Abstimmungen 8456B Zweite und dritte Beratung der Entwürfe eines Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten und eines Wirtschaftsstrafgesetzes (Nrn. 2100, zu 2100 der Drucksachen); Erster Mündlicher Bericht ides Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht (23. Ausschuß) (Nr. 3148 der Drucksachen) 8456C Dr. Arndt (SPD), Berichterstatter . 8456C Beschlußfassung 8458D Erste, zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP und DP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung und Verlängerung des Wirtschaftsstrafgesetzes (Nr. 3149 der der Drucksachen; Umdruck Nr. 459) . . . 8459A Dr. Arndt (SPD) 8459B Abstimmungen 8459A, D Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die richterliche Vertragshilfe (Vertragshilfegesetz) (Nr. 2192 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht (23. Ausschuß) (Nr. 3015 der Drucksachen; Umdrucke Nrn. 437, 458) . 8460A Dr. Weber (Koblenz) (CDU), Berichterstatter 8460A Dr. Reismann (FU) 8463A Dr. Dehler, Bundesminister der Justiz 8463D Dr. Greve (SPD) 8463D Abstimmungen 8464B Zur Geschäftsordnung, — Vertagungsantrag: Bausch (CDU) 8464D Nächste Sitzung 8464D Die Sitzung wird um 13 Uhr 32 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Rede von Dr. Adolf Arndt


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Unter den demokratischen Parteien besteht keine Meinungsverschiedenheit darüber, daß das Wirtschaftsstrafgesetz in seiner Geltungsdauer zu verlängern ist, um einer Prüfung Raum zu geben, ob die eine oder die andere Vorschrift reformbedürftig sei. Das Wirtschaftsstrafrecht beruht auf keiner wirtschaftspolitischen Zielsetzung doktrinärer oder wirtschafts-theoretischer Art, ist also in seinen Grundlagen unabhängig vom Streit der Auffassungen, welche wirtschaftspolitischen Mittel gegenwärtig die notwendigen oder besseren sind. Wir sollten uns jedoch auch darin einig sein, daß das Wirtschaftsstrafgesetz echt es Strafrecht enthält. Dies klarzustellen, gibt leider eine sonst durch wissenschaftlichen Rang gekennzeichnete Ausarbeitung Anlaß, die der Herr Oberbundesanwalt am 19. Januar 1952 in einer Strafsache wegen Nötigung dem Großen Senat für Strafsachen des Bundesgerichtshofs vorgelegt hat.
    In dieser Ausarbeitung behandelt der Herr Oberbundesanwalt das auch uns noch gesetzgeberisch beschäftigende Problem, welche Bedeutung dem Bewußtsein der Rechtswidrigkeit und dem Rechtsirrtum im Strafrecht zukommt. Bei Erörterung der „Schuldtheorie" kommt der Herr Oberbundesanwalt auch auf das Wirtschaftsstrafrecht zu sprechen und bezeichnet das Wirtschafts-, Steuer- und Devisenrecht — auf Seite 44 der uns von dem Herrn Bundesminister der Justiz übermittelten Abschrift — als „sittlich farblose Ordnungs- und Zweckmäßigkeitsvorschriften",

    (Hört! Hört! bei der SPD)

    als „ein Strafrecht mehr formaler Art",

    (Hört! Hört! bei der SPD)

    das von solchen Strafvorschriften zu unterscheiden sei, die sich wie das Diebstahlsverbot mit dem sittlichen Empfinden des Volkes decken.
    Dem Versuch einer solchen Unterscheidung muß ich im Namen meiner politischen Freunde widersprechen.

    (Sehr gut! bei der SPD.)

    Wer die öffentliche Hand um Steuern betrügt, bestiehlt die Armen. Wer dem Staat nicht gibt, was des Staates ist, vergeht sich gegen die Kriegsopfer und alle ohne ihre Schuld Hilflosen, die auf die öffentlichen Gelder angewiesen sind.

    (Beifall bei der SPD und Abgeordneten der CDU.)

    Wer Preiswucher treibt, jene berüchtigten Geschäfte ohne Rechnung macht, ist ein Ausbeuter, der nicht nur die Wirtschaft gefährdet, sondern ein Dieb an jedem, der Not leidet, und außerdem politisch ein Schrittmacher des Kommunismus.

    (Lachen bei der KPD.)

    Mit Sinn und Geist unserer Gesetzgebung ist es unvereinbar, Steuerhinterziehungen und Wirtschaftsstraftaten als eine Art von Kavaliersdelikten anzusehen, deren Täter glauben dürften. besser zu sein als gemeine Diebe und Betrüger. Meine politischen Freunde und ich sind besorgt und empört darüber, daß von der höchsten Strafverfolgungsbehörde des Bundes eine Auffassung vertreten wird, die einen bedauerlichen Mangel an Verständnis für den Rechtsgehalt und die sittliche Bedeutung auch dieser Gesetzgebung verrät.

    (Beifall bei der SPD.)



Rede von Dr. Hermann Schäfer
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Aussprache ist geschlossen.
Wir kommen zur Abstimmung. Ich rufe auf Art. 1. Ich bitte diejenigen, die zustimmen, die Hand zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Bei einigen Gegenstimmen angenommen. Art. 2, — Art. 3, — Art. 4, — Einleitung und Überschrift. Ich bitte diejenigen, die zustimmen, die Hand zu erheben. — Gegenprobe! — Gegen wenige Stimmen angenommen.
Meine Damen und Herren, ich darf noch nachholen, daß eine schriftliche Begründung zu diesem Initiativantrag der Fraktionen eingereicht worden ist und auf Umdruck Nr. 459 vorliegt.
Wir kommen nun zur Schlußabstimmung.

(Abg. Ewers , meldet sich zum Wort.)

— Wir sind jetzt in der Schlußabstimmung der
dritten Lesung; ich . kann Ihnen das Wort nicht
mehr erteilen. — Also, meine Damen und Herren,
wir kommen zur Schlußabstimmung. Entsprechend
der Geschäftsordnung bitte ich diejenigen, die dem


(Vizepräsident Dr. Schäfer)

Gesetz zustimmen, sich zu erheben. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Gegen wenige Stimmen angenommen.
Ich rufe nun auf Punkt 14 der Tagesordnung: Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die richterliche Vertragshilfe (Vertragshilfegesetz) (Nr. 2192 der Drucksachen);
Mündlicher Bericht des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht (23. Ausschuß) (Nr. 3015 der Drucksachen; Umdruck Nrn. 437, 458).

(Erste Beratung: 142. Sitzung.)

Das Wort zur Berichterstattung hat Herr Abgeordneter Dr. Weber.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Karl Weber


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Den Entwurf eines Gesetzes über die richterliche Vertragshilfe, Drucksache Nr. 2192, hat der Bundestag in seiner 142. Sitzung an den Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht verwiesen. Das Ergebnis der Beratung des Ausschusses liegt Ihnen nunmehr in Drucksache Nr. 3015 und Umdruck Nr. 458 vor.
    Die richterliche Vertragshilfe ist ein verhältnismäßig junges Rechtsinstitut. Außergewöhnliche Ereignisse wie Kriege oder Inflation und Währungsumstellung haben auf dem wirtschaftlichen Sektor immer solche außerordentliche Schwierigkeiten heraufgeführt, daß es sich als notwendig erwiesen hat, zu versuchen, dieser Schwierigkeiten mit außergewöhnlichen Mitteln Herr zu werden. Im ersten Weltkrieg bahnte sich diese Entwicklung an, und der Rechtsprechung blieb damals nichts anderes übrig, als auf die allgemeinen Bestimmungen des bürgerlichen Rechts, insbesondere auf § 242, zurückzugreifen, um zunächst die gröbsten Härten zu beseitigen. Nach der Beendigung der Inflation wurde in der Aufwertungsgesetzgebung ein erster Vorläufer der richterlichen Vertragshilfe geschaffen. Zu Beginn des zweiten Weltkrieges traten wieder solche erhebliche Schwierigkeiten, insbesondere bei Dauerverträgen, auf, daß man sich alsbald zu einschneidenden Maßnahmen entschließen mußte. Diese wurden in der Verordnung über die Gewährung der Vertragshilfe des Richters vom 30. November 1939 verwirklicht, die vor allem darauf abstellte, daß die Verhältnisse durch die „Auswirkungen des Krieges" maßgeblich beeinflußt sein mußten. Nach der Beendigung des Krieges hat man diese „Auswirkungen" zunächst noch als fortbestehend angesehen; aber das war ja nicht mehr gut möglich, je weiter man sich von dem tatsächlichen Endpunkt des Krieges entfernte. So sah man sich in der amerikanischen Zone bereits im Jahre 1946 veranlaßt, neue Vertragshilfegesetze in den einzelnen Ländern zu schaffen. In anderen Ländern, wo man sich nicht zu neuen Gesetzen entschließen konnte, glaubte sich der Richter berechtigt, die Fortgeltung der Vertragshilfeverordnung von 1939 zu bejahen. Insbesondere war das bei den Hamburger Gerichten einschließlich des Oberlandesgerichts Hamburg der Fall. Fast sämtliche anderen Oberlandesgerichte des Bundesgebiets haben es jedoch abgelehnt, die Fortgeltung der Vertragshilfeverordnung von 1939 insbesondere in der Zeit nach der Währungsumstellung noch zu bejahen. Infolgedessen hat sich ein ziemliches Durcheinander eingestellt, und so soll dieses Gesetz eine weitere Flurbereinigung auf dem Gebiet des Justizsektors bringen.
    Der Rechtsausschuß hat in einer eingehenden Generaldebatte zunächst zwei Grundfragen geklärt: Ist überhaupt ein solches Gesetz erforderlich, und auf welchen Zeitpunkt soll die Regelung abgestellt werden? Ich habe eingangs schon betont, daß nur ganz einschneidende, umwälzende Ereignisse Veranlassung geben sollten, in bestehende Vertragsverhältnisse einzugreifen und sie zu ändern, sonst sollte man im allgemeinen wieder zu dem Grundsatz „pacta sunt servanda" zurückkehren. Solche einschneidenden Veränderungen sind z. B. ein Krieg, eine Inflation, eine Währungsumstellung. Für derartige Verhältnisse mag ein außerordentlicher Eingriff gerechtfertigt sein. Die von mir bereits behandelte Zersplitterung auf diesem Gebiet, die durch die Rechtsprechung geschaffene weitere Verwirrung gaben dem Ausschuß Veranlassung, einstimmig die Notwendigkeit eines derartigen Gesetzes zu bejahen.
    Über den Zeitpunkt, auf den bei Anwendung des Gesetzes abzustellen sei, hat der Ausschuß Sachverständige gehört, und zwar einen Angehörigen des Insolvenzausschusses des Deutschen Anwaltvereins, der in einer Denkschrift dem Ausschuß wertvolle Unterlagen für seine Beratungen gegeben hat. Der Ausschuß hat sich nach eingehender Beratung entschlossen, daß entsprechend dem Entwurf der Regierung der Zeitpunkt der Währungsumstellung als der Stichtag festgelegt werden sollte, bis zu dem die Regelung bereits bestehender Verbindlichkeiten möglich sei. Er hat es abgelehnt, über diesen Tag hinauszugehen, obschon auch dafür manche beachtliche Gründe vorgebracht worden waren. Der Kürze halber kann ich in dieser Hinsicht auf die Begründung des Gesetzes verweisen. Der Ausschuß hat sich die dort angeführten Argumente zu eigen gemacht. Insbesondere war der Umstand maßgebend, daß es nicht erträglich erschien, Gläubiger weiterhin unter der Vorstellung leben zu lassen, daß erneut durch einen Richterspruch in ein fest abgeschlossenes Rechtsverhältnis eingegriffen werden könnte und damit einer ordentlichen Kreditgebarung den notwendigen festen Boden zu entziehen. Handel, Wirtschaft und Banken haben sich deshalb ganz einhellig dahin ausgesprochen, daß es nicht in Frage kommen könne, für Verbindlichkeiten, die erst nach dem 21. Juni 1948 entstanden seien, die richterliche Vertragshilfe zu gewähren. Es schien nicht angängig, einen Eingriff in neue, nach dem 21. Juni 1948 begründete Verbindlichkeiten vorzunehmen.
    Im einzelnen habe ich zu den Bestimmungen des Gesetzes folgendes zu sagen. Der § 1 behandelt die Voraussetzungen für die Vertragshilfe in einer Generalklausel, die Sie in § 1 Abs. 1 finden. Der Ausschuß hat sich, wie bereits bemerkt, dahin geeinigt, daß lediglich Verbindlichkeiten, die bis zum 21. Juni 1948 begründet sind, unter die Vertragshilfe fallen sollen. Es ist aber weiter betont worden — ich bin vom Ausschuß gebeten worden, das in meinem Bericht eigens zu erwähnen —, daß die richterliche Vertragshilfe nicht in Frage kommt in Fällen, in denen der Schuldner durch sein eigenes Verschulden in die Lage geraten ist, daß er die richterliche Vertragshilfe in Anspruch nehmen zu müssen glaubt, da dann in der Regel dem Gläubiger nicht zuzumuten ist — auf die Zumutbarkeit stellt es der § 1 ab —, sich dem Verfahren zu unterwerfen. Wenn also der Schuldner durch eigenes Verschulden in die Lage geraten ist, so kann er in aller Regel keinen Anspruch auf Gewährung richterlicher Vertragshilfe erheben.


    (Weber [Koblenz])

    In § 1 Abs. 3 hat der Ausschuß entsprechend dem Vorschlag des Bundesrats die Worte „durch Beschädigung, Zerstörung oder Verlust ihm gehöriger beweglicher oder unbeweglicher Sachen" gestrichen, und zwar um dem Richter damit freie Hand zu geben und ihm die 'Möglichkeit zu verschaffen, Vertragshilfe auch dann zu gewähren, wenn anderweitige schwere Verluste, z. B. Verluste von Hypotheken, Lizenzen oder von Forderungen an das Reich, eingetreten sind.
    Der Ausschuß hat dann weiter in Abs. 4, der in dem Umdruck Nr. 458 unter Ziffer 1 aufgeführt ist, eine grundsätzliche Entscheidung getroffen, die bereits auf die ebenfalls neuen §§ 1 a und 1 b vorgreift. In diesem Abs. 4 ist die Frage geregelt, wie Kapitalverbindlichkeiten, die durch dingliche Rechte oder Sicherungsübereignung gesichert sind, in der Vertragshilfe zu behandeln sind. Wir standen auf dem Standpunkt, daß der Schuldner im Vertragshilfeverfahren in aller Regel nicht besser gestellt sein dürfe, als er im Vergleichsverfahren oder gar im 'Konkursverfahren gestellt wäre, und der Gläubiger nicht schlechter gestellt werden dürfe. Deshalb hat der Ausschuß beschlossen, Ihnen die Regelung vorzuschlagen, daß Kapitalverbindlichkeiten, die durch dingliche Rechte oder Sicherungsübereignung gesichert sind, insoweit nicht herabgesetzt werden können, als die Sicherung die Verbindlichkeit deckt.
    Weiter hat der Ausschuß die §§ 1 a und 1 b, die Sie im Umdruck Nr. 458 finden, eingefügt und damit das Problem der sogenannten Trümmerhypotheken angefaßt. § 1 a behandelt die Herabsetzung der Kapitalverbindlichkeit schlechthin. Er hat die grundlegende Entscheidung getroffen, daß an dem unser Grundbuchrecht beherrschenden Prinzip des Ranges, dem Rangprinzip, festgehalten wird, d. h. daß, wenn das Grundstück mit mehreren Hypotheken belastet ist, die vorhergehende Hypothek erst herabgesetzt werden kann, wenn die nachfolgende Hypothek gestrichen ist. Wenn also drei Hypotheken auf einem Grundstück lasten, kann die zweite Hypothek erst herabgesetzt werden, nachdem die dritte Hypothek herabgesetzt, d. h. gestrichen worden ist. Ebenso kann man erst an die erste Hypothek herangehen, nachdem die zweite Hypothek völlig herabgesetzt bzw. gestrichen ist. Zur Vermeidung unbilliger Härten gegenüber dem Schuldner kann aber, nachdem die nachfolgenden Hypotheken herabgesetzt und gestrichen sind, auch in die erste Hypothek eingegriffen werden. Das ist der Inhalt des § 1 a. Entsprechend gilt diese Regelung auch für Grundschulden und Rentenschulden.
    Der § 1 b 'behandelt Idas Zinsenproblem bei den Trümmerhypotheken. Er bestimmt, daß zunächst einmal eine Herabsetzung nur dann erfolgen kann, wenn das Grundstück durch Kriegs- oder Kriegsfolgenschäden mindestens um 25 v. H. beschädigt und im Ertrage entsprechend gemindert ist. Wenn das der Fall ist, kann grundsätzlich eine Streichung von Zinsen erfolgen, und zwar ist in Abs. 2 der Grundsatz aufgestellt, daß ,die Zinsen insoweit herabzusetzen sind, als sie den Ertrag des Grundstückes übersteigen. Der Ertrag ist also das Maß für die Herabsetzung. Es ist ausdrücklich auch wieder bestimmt, daß hier das Rangprinzip Gültigkeit hat, indem auf die Vorschrift des § 1 a, die entsprechend gilt, verwiesen ist.
    Um aber Unbilligkeiten zu vermeiden und dem Richter freie Hand zu geben, hat der Ausschuß einen Abs. 3 eingefügt, der bestimmt, daß in Fällen, in denen aus 'besonderen Gründen die Anwendung der Absätze 1 und 2 zu nicht zumutbaren Härten für Gläubiger oder Schuldner .führen würde, die Forderung nach § 1 des Gesetzes, also nach der allgemeinen Vorschrift, behandelt werden kann.
    Der § 2 ist an der alten Stelle gestrichen und durch den § 4 a, auf den ich noch später zu sprechen komme, ersetzt worden.
    Der § 3 enthält etwas Neues, aber etwas, was durchaus angebracht ist. Es war in den bisherigen Vertragshilfegesetzen und -verordnungen noch nicht vorgesehen. Im Jahre 1940 war eine Verordnung ergangen, wonach Naturalleistungen, die in Verträgen vereinbart waren, durch Geldleistungen ersetzt werden konnten. Deshalb war wieder die Möglichkeit zu schaffen, durch Antrag, der innerhalb eines Jahres zu stellen ist, Verpflichtungen zu Naturalleistungen wiederherzustellen und gleichzeitig eventuell diese Verpflichtung im Vertrags-hilfeverfahren neu regeln zu lassen. Das ist in § 3 geschehen. Der Antrag ist in dieser Fassung einstimmig angenommen worden.
    Zu § 4 ist lediglich zu bemerken, daß ein Druckfehler zu berichtigen ist. Es muß heißen „die für den Fall der Nichterfüllung oder nicht rechtzeitigen Erfüllung" — nicht: „rechtzeitiger" — „vorgesehen ... sind" . Diese Berichtigung ist unter Ziffer 4 des Umdrucks Nr. 458 besonders behandelt.
    § 4 a entspricht in den ersten drei Ziffern bereits dem geltenden Recht. Die Ziffer 4 bringt etwas Neues, nämlich die Regelung der Auslandsschulden. Grundsätzlich ist bestimmt, daß Auslandsschulden nicht unter die Vertragshilfe fallen. Diese Frage ist auf der Londoner Schuldenkonferenz behandelt worden. Von seiten der Gläubiger ist die Forderung gestellt worden, daß die im Ausland wohnenden Gläubiger nicht von einem deutschen Gericht unter das Vertragshilfeverfahren genommen werden dürften. Die Vorschrift ist mit Absicht weit gefaßt. Es wird vielleicht — je nachdem wie die Schuldenverhandlungen ausgehen —, wenn es zu einer endgültigen Regelung gekommen ist, notwendig sein, die Vorschrift zu ändern und einzuengen. Die Vertreter der Bundesregierung haben in den Verhandlungen betont, daß mit der Hohen Alliierten Kommission Übereinstimmung bestehe, daß durch die Fassung der Stellungnahme der Bundesregierung einer Entscheidung hinsichtlich des Umfangs der Auslandsschulden nicht vorgegriffen werde. Im Rahmen der Regelung der Auslandsschulden soll die Möglichkeit eines eigenen Vertragshilfeverfahrens durch ein gemischtes Schiedsgericht gegeben werden. Durch die Aufnahme dieser Bestimmung wird erreicht werden können, daß — entsprechend einer Zusage der Hohen Alliierten Kornmission — die Absätze 1 bis 3 des § 21 des Umstellungsgesetzes und die 28. Durchführungsverordnung zum Umstellungsgesetz, worin bisher anläßlich der Umstellung ein besonderes Vertragshilfeverfahren geregelt war, nunmehr aufgehoben werden können.
    Die §§ 5 bis 17 a behandeln im wesentlichen Verfahrensvorschriften. Sie schließen sich im allgemeinen an die Regelung der 28. Durchführungsverordnung an, jedoch mit einigen Abweichungen, von denen zunächst die Vorschrift des § 6 Abs. 2 hervorzuheben ist, die der Ausschuß noch eingefügt hat, um die Beteiligung Dritter am Verfahren zu ermöglichen. So kann es z. B. für einen Bürgen sehr wichtig sein, sich am Verfahren beteiligen zu können. Die öffentliche Hand ist dann sehr interessiert, wenn es sich um Bankenforderungen handelt, für die Ausgleichsforderungen entstehen kön-


    (Weber [Koblenz])

    nen. Durch diese Vorschrift soll ermöglicht werden, daß solche Interessenten dem Verfahren beitreten.
    Die Änderung in § 7 Abs. 3 ist vom Bundesrat vorgeschlagen und ist lediglich redaktioneller Art. Sie dient nur der Klarstellung.
    Der § 9 ist mehrfach neu gefaßt worden. Ich glaube, daß er in der jetzigen letzten Vorlage der Bundesregierung eine Fassung bekommen hat, die endlich klarstellt, was gemeint ist. Bis jetzt war nämlich darum ein ziemliches Rätselraten. Der Ausschuß hat die zuletzt von der Bundesregierung vorgeschlagene Fassung akzeptiert.
    Weiter ist die Änderung in § 16 hervorzuheben. Bisher war für das Vertragshilfeverfahren das Amtsgericht zuständig. Es ist aber nicht zu bestreiten, daß in diesem Verfahren möglicherweise Vorgänge von großer wirtschaftlicher Tragweite behandelt werden. Deshalb schien es richtig, bei bedeutenderen Objekten die Eingangszuständigkeit des Landgerichts vorzusehen, um dadurch den Beschwerdeweg bis zum Bundesgerichtshof zu eröffnen. Der Ausschuß hat sich dahin schlüssig gemacht, die Grenze bei 6000 DM anzunehmen, und hat sich damit an die Grenze angelehnt, wie sie zur Zeit beim Bundesgerichtshof für Revisionen in vermögensrechtlichen Streitigkeiten gilt. Die anderen Regelungen des § 16 ergeben sich dann ohne weiteres aus den Grundsätzen über den Rechtszug: Amtsgericht, Landgericht, Oberlandesgericht bzw. Landgericht, Oberlandesgericht, Bundesgerichtshof.
    Hinsichtlich des § 17 glaubte der Ausschuß dem Vorschlag des Bundesrats folgen zu sollen, nicht die elf buntscheckigen Gesetze der Länder, die bis jetzt die Kostenregelung vornehmen, bestehen zu lassen, sondern eine einheitliche Kostenregelung im Gesetz selber zu treffen.
    In § 17 a sind die Anwaltsgebühren behandelt. Es erhob sich hier die Frage, ob man es entsprechend dem Vorschlag des Bundesrats bei den Landesgebührenordnungen belassen sollte. Es wurden gewichtige Gründe dafür vorgetragen, auch auf diesem Gebiet des Kostenwesens möglichst bald die Einheitlichkeit im Bundesgebiet herzustellen. Mit Rücksicht darauf, daß es sich hier um ein Spezialgesetz von vorübergehender Bedeutung handelt, glaubte der Ausschuß jedoch, diese Frage in dem vorliegenden Gesetz nicht grundsätzlich anfassen zu sollen. Er lehnte deshalb den von einer Seite gestellten Antrag ab, daß die Reichsgebührenordnung vom 7. Juli 1879 allgemein sinngemäße Anwendung finden solle. Es wurde aber angeregt, Überlegungen darüber anzustellen, ob man nicht möglichst bald auf dem Gebiet des Anwaltsgebührenrechts — auch für das Gebiet der nichtstreitigen Gerichtsbarkeit — zu einer einheitlichen Regelung für das Bundesgebiet kommen könnte.
    Der § 18 macht Ihnen so recht klar, warum dieses Gesetz notwendig ist. In ihm werden nicht weniger als 27 Gesetze und Verordnungen aufgehoben.
    § 19 ist eine Übergangsvorschrift. Sie bestimmt, in welcher Weise laufende Verfahren zu behandeln sind. Angesichts dessen, daß das Gesetz gewisse Einschränkungen gegenüber dem bisherigen Rechtszustand bringt, war der Ausschuß der Meinung, es sei nicht angängig, noch sämtliche Verfahren abwickeln zu lassen, die nach den alten Vorschriften laufen. Wir einigten uns auf einen Stichtag, auf den 30. September 1951. Die Verfahren, die bis dahin nach den alten Vorschriften geleitet sind, können nach diesen bis zum 30. September 1952 abgewickelt werden. So bestimmt es Abs. 3. Wenn Verfahren nach dem neuen Gesetz nicht mehr zulässig und erst nach dem 30. September 1951 eingeleitet sind, sollen sie aufgehoben werden. So bestimmt es Litera a von Abs. 2. Bezüglich Litera b habe ich darauf aufmerksam zu machen, daß die Vorlage einen Druckfehler enthält. Es muß heißen: „nach § 4 a Nr. 4 dieses Gesetzes nicht zulässig sind". Ursprünglich war diese Vorschrift, auf die verwiesen wird, in § 2 enthalten. § 2 ist aber nunmehr § 4 a geworden. Dieser Druckfehler muß also berichtigt werden.
    Soweit Verfahren bereits eingeleitet und auch nach diesem Gesetz zulässig sind, werden sie nach den Vorschriften dieses Gesetzes abgewickelt.
    § 19 enthält weiter noch eine Bestimmung über Kosten.
    § 20 a bringt die sogenannte Berlin-Klausel. Sie ist auf Wunsch des Landes Berlin eingefügt worden. Es war aber hier nicht angängig, die Formel in der allgemein üblichen Fassung aufzunehmen; denn es mußte darauf Rücksicht genommen werden, daß die Währungsumstellung im Land Berlin zu einem andern Zeitpunkt und nach einem anderen Gesetz stattgefunden hat als in der Bundesrepublik. Deshalb ist bestimmt, daß in § 1 Abs. 1 an Stelle des 21. Juni 1948 der 25. Juni 1948 und in § 1 Absätze 2 und 3 an Stelle des Dritten Gesetzes zur Neuordnung des Geldwesens die Zweite Verordnung zur Neuordnung des Geldwesens (Umstellungsverordnung) tritt. Ich bin von dem Berliner Vertreter gebeten worden, gleichzeitig darauf aufmerksam zu machen, daß in diesem Berliner Gesetz dann allerdings die Bestimmungen aufgehoben werden müssen, die bisher auf diesem Gebiet in Berlin bestehen.
    Die Vorlage führt die Bezeichnung „Gesetz über die richterliche Vertragshilfe". Es könnte deshalb der Anschein erweckt werden, daß nur vertragliche Verhältnisse geregelt werden dürften und sollten. Ich bin deswegen vom Ausschuß gebeten worden, ausdrücklich darauf aufmerksam zu machen, daß der Begriff „richterliche Vertragshilfe" nicht bedeute, es dürften nur vertragliche Beziehungen geregelt werden. Die Bedeutung ist vielmehr die, daß der Richter Vertragshilfe, d. h. Hilfe zu einer Vereinbarung, zu gewähren und, wenn es nicht zu einer Einigung zwischen den Parteien unter seiner Mithilfe kommt, durch seinen Richterspruch den Vertrag, die Vereinbarung zu ersetzen hat.
    Ich habe weiter darauf hinzuweisen, daß der Kreis der Verbindlichkeiten, die unter die Vertragshilfe fallen, in § 1 erheblich weiter ist als nach den bisherigen Vorschriften, insbesondere nach § 21 des Umstellungsgesetzes.
    Ich darf der Kürze halber dazu auf Seite 8 der Begründung des Gesetzes verweisen, wo die einzelnen Ansprüche aufgeführt sind, die nunmehr auch für 'die Gewährung von Vertragshilfe in Frage kommen. Der Ausschuß hat sich die dortigen Darlegungen zu eigen gemacht.
    Ich habe die Ehre, Sie im Namen ,des Ausschusses zu bitten, idem Entwurf eines Gesetzes über die richterliche Vertragshilfe — Vertragshilfegesetz — in der aus Drucksache Nr. 3015 ersichtlichen Zusammenstellung und mit den sich aus dem Nachtrag Umdruck Nr. 458 ergebenden Ergänzungen zuzustimmen.

    (Beifall.)