Rede von
Eugen
Huth
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Ich kann mich vollinhaltlich den Schlußworten meines Herrn Vorrednes anschließen, wenn er der Hoffnung Ausdruck gab, daß im Ausschuß bei einer sachlichen Behandlung die Materie zu ihrer letzten Vollendung kommen wird, soweit sie das Gesetz und die Verordnungen betrifft. Zweck der Kündigungswiderrufsverordnung soll ja sein, übertriebene Forderungen, die eventuell auftauchen, auf ein vernünftiges Maß zu bringen. Ich glaube, niemand im Hause ist dafür, daß irgendwelche Katastrophenfälle auf dem Gebiete des Grundstücksmarktes eintreten. Das ist weder die Absicht der Regierung noch die der Regierungsparteien. Wenn allerdings der Herr Abgeordnete Jacobi in der letzten Sitzung die „Kölnische Rundschau" zitierte und dabei auch eine ganze Fülle von Dingen vorbrachte, so könnte man der Meinung sein, vom Haus- und Grundbesitz sei jetzt gewissermaßen die Nacht der langen Messer heraufbeschworen, in der er nun endlich einmal von dem ihm lange abgesprochenen Recht Gebrauch machen könne.
Meine Damen und Herren! Wenn von 600 Fällen in Köln gesprochen worden ist, so kann ich die Zahl nicht untersuchen und nicht feststellen, ob sie richtig ist. Vom Einzelhandelsverband ist mir die Zahl von 350 Fällen genannt worden. Es bestehen in Köln nahezu 12 000 gewerbliche Mietverhältnisse. Letzthin habe ich schon zum Ausdruck gebracht, daß etwa 5 bis 8 % Schwierigkeitsfälle auftreten werden. Die Zahlen, die aus der „Kölnischen Rundschau" von dem Herrn Abgeordneten Jacobi zitiert worden sind, bestätigen meine Behauptung, daß etwa 5 bis 8 % aller bestehenden Mietverhältnisse vielleicht zu Schwierigkeiten führen werden.
Wenn aber eben von dem Herrn Abgeordneten Jacobi in Bausch und Bogen die Maßnahmen und die Handlungsweise des Haus- und Grundbesitzes als Freibeutertum bezeichnet worden sind, dann muß ich mich als Hausbesitzer ganz energisch dagegen verwahren.
— Herr Abgeordneter Jacobi, Sie haben eben von Freibeutertum gesprochen.
— Ich komme gleich auf derartige Fälle, Herr Kollege. Ich kann eine. ganze Fülle von Material vorlegen, wie das der Herr Abgeordnete Jacobi in der letzten Sitzung und wie er es auch heute getan hat. Auch ich habe eine große Menge von Briefen, aus denen das Gegenteil dessen zu ersehen ist, was der Herr Abgeordnete Jacobi in der letzten Sitzung vorgetragen hat. Wenn z. B. der Rechtsausschuß des Deutschen Industrie- und Handelstages am 12. 2. 1952 feststellte: „Beschwerden über übertriebene Mietforderungen oder über unzulässige Kündigungen haben sich in angemessenen Grenzen gehalten, so daß zu einer Beunruhigung kein Anlaß vorliegt", dann ist das die Feststellung eines amtlichen Instituts, dem man schon Glauben schenken kann.
Der Zweck der Mietpreisreform soll eben sein, die
Wiederherstellung normaler Mieten herbeizuführen. Wenn von dem Herrn Abgeordneten Jacobi
angeführt worden ist, daß er in einer sachlichen
Aussprache die Dinge erledigen will, dann sind wir natürlich gern dazu bereit. Aber wenn auf der anderen Seite nun behauptet wird, der Hausbesitz übertreibe seine Forderungen, der Hausbesitz fordere in Bausch und Bogen viel zu viel, dann will ich Ihnen nur einige Stellungnahmen zitieren. Zum Beispiel wird aus München, das auch in verneinendem Sinne zitiert worden ist, festgestellt, daß die Mieterhöhungen durchschnittlich 25 % betragen. Von der Ausgleichstelle, die München hat — es ist Ihnen j a bekannt, daß in einzelnen Städten Mietausgleichstellen von den Industrie- und Handelskammern in Verbindung mit den Handwerkskammern und in Verbindung mit den Einzelhandelsverbänden errichtet worden sind; eine solche Mietausgleichstelle befindet sich auch in München —, ist gemeldet worden, daß bei 13 000 bestehenden Mietverhältnissen 340 strittige Fälle sind, von denen 313 sofort erledigt werden konnten.
Das ist eine amtliche Meldung von dem Einzelhandelsverband aus München.
Das Datum stammt aus der jüngsten Zeit, vom Februar dieses Jahres.
Meine Damen und Herren, ich könnte eine Fülle solcher Dinge hier bekanntgeben. Aus der Nachbarschaft von Bonn — Herr Kollege Jacobi hat Bonn zitiert — möchte ich anführen, das Godesberg etwa 50 Fälle von Mieterhöhungen hat. In einem einzigen Falle ist eine Preissteigerung von 100 % bekannt geworden; alle anderen Fälle liegen unter 50 %. Bei der einen Mietpreissteigerung von 100 % handelt es sich interessanterweise um folgenden Fall: Ein Althändler hat eine Wohnung, zwei Lagerschuppen und 300 Quadratmeter Lagerplatz im Freien, für die er seit 1914 sage und schreibe eine Miete von 50 Mark bezahlt hat; die Miete ist jetzt auf 100 DM erhöht worden. Das ist die einzige aus Godesberg bekannt gewordene Mietpreissteigerung um 100 %. Alle anderen Steigerungen liegen in einem geringeren Rahmen. Einige weitere Zahlen aus unserer Nachbarschaft: Kettwig hat 4 Fälle, Homberg am Niederrhein hat 3 Fälle, Rheinhausen hat 5 Fälle. In Bardenberg bei Aachen sind keine bekannt. Mettmann hat 6 Kündigungen wegen Mieterhöhung, eine wegen Räumung. In Krefeld sind 0,9 % aller Mietverhältnisse zur Kündigung gelangt. Ich könnte diese amtlichen Zahlen aus den Städten noch vermehren; es würde aber zu weit führen.
Aber es ist noch folgendes aus der großen Stadt Hamburg interessant. Dort befindet sich der sogenannte Kontorhausverband, der allein 383 484 qm bei insgesamt 2271 Mietverträgen vermietet hat; von diesen 2271 Verträgen sind ganze 39 gekündigt worden. Ich glaube also feststellen zu können, daß die Haus- und Grundbesitzer bis zur Stunde sehr weise von dieser Verordnung der Regierung Gebrauch gemacht haben.
Die „Westdeutsche Allgemeine Zeitung" schreibt z. B.:
Die kleine Mietpreisreform hat bei weitem nicht in dem befürchteten Umfang Schwierigkeiten gebracht. Es kam nur in wenigen Fällen zu Kündigungen, bei denen durchweg ein Ausgleich der Interessen herbeigeführt werden konnte.
Ich habe auf diesem Gebiet in der Zwischenzeit auch einige Erfahrungen gesammelt, und wenn der Abgeordnete Jacobi eben von einer Fülle von Briefen sprach, so kann ich ihm diese Briefe von der Gegenseite auch vorlegen; ich habe sie auch in meinem Pult, genau so wie Herr Abgeordneter Jacobi, und ich glaube, ich könnte Sie ebenso überzeugen — vielleicht noch viel besser —, wie Sie es zu tun vermögen. Meine Damen und Herren, man soll das Kind- nicht mit dem Bade ausschütten.
Es mag sein, daß hier und da einige Härtefälle auftauchen. Unartige Kinder gibt es überall; die gibt es bei Ihnen, die gibt es bei uns — jawohl, auch bei uns, Herr Abgeordneter Jacobi!
Damit wir aber alle diese Dinge auf ein gerechtes Maß zurückführen, hat eben . die Regierung diese Gesetzesvorlage gemacht, und es wird dem Ausschuß überlassen bleiben, das Rechte daraus zu machen.
Ich habe letzthin schon zum Ausdruck gebracht, daß unbedingt etwas zu geschehen hat; und Herr Abgeordneter Jacobi hat erklärt, es werde nicht bestritten, daß der Hausbesitz notleidend sei. Schauen Sie einmal an, wie kraß das Mißverhältnis zwischen Vermieter und Gewerberaummieter ist. Wenn nicht zufälligerweise der Hausbesitzer noch Gewerbetreibender und Eigentümer des eigenen Lokals ist, dann weiß er wahrhaftig nicht, wie er seine Reparaturen durchführen kann, während der Gewerberaummieter sich in den allermeisten Fällen doch sehr gut steht.
Ich glaube, mit diesen Ausführungen, Herr Abgeordneter Jacobi, ist auch das widerlegt, was Sie sagten, als Sie davon sprachen, daß wir besser daran täten, die Anträge, die wir zur Handwerksordnung gestellt hätten, an anderer Stelle anzubringen bzw. die Sache auf andere Weise zu regeln. Der größte Teil aller handwerklichen Betriebe ist, glaube ich, bald in eigenen gewerblichen Räumen untergebracht. Auf der anderen Seite ist es so: Wenn sich Handwerksbetriebe in Altmiethäusern befinden, so haben sie dadurch wesentlich günstigere Startbedingungen als die gewerblichen Betriebe, die sich in der gegenwärtigen Zeit in Neubauten befinden. Ich glaube aber nicht, daß Sie. schon einmal irgendeinen Preisunterschied zwischen den Preisen eines Neuladenbesitzers und denen eines Altladenbesitzers festgestellt haben. Diese Tatsache allein beweist doch, daß keine Änderungen des Preisgefüges als Folge der Mietpreisreform zu erwarten sind. In dieser Beziehung sind keine Auswirkungen zu erwarten.
Ich gebe abschließend noch einmal einer Hoffnung Ausdruck. Ich nehme an, daß dieser Gesetzentwurf dem Ausschuß für Wiederaufbau und Wohnungswesen überwiesen wird. Dort müssen wir versuchen, eine gerechte Abwägung der Interessen beider Seiten, der Vermieter und der Mieter, vorzunehmen. Ich hoffe, daß es gelingt, eine Lösung zu finden, die beiden Teilen gerecht wird.