Rede von
Heinz
Renner
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(KPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sorgen um die Rechtsentwicklung in Westdeutschland, war das der Faktor, der die Debatte vom 20. und 21. Juni des vorigen Jahres hier ausgelöst hat? Das war nicht die Ursache. Was Sie mit dieser Debatte wollten, das war eine frischfröhliche Hetze gegen die Sowjetunion.
Wenn ich die Debatte von heute vergleiche mit der vom Juni vorigen Jahres, dann ist wohl erlaubt zu sagen: welche Schamade gegenüber der damaligen Fanfare! Der Herr von Friedensburg hat resigniert. Er sagt: Ihr habt ihn ja einmal, behaltet ihn, gut! Ich denke, er sollte durch deutsche Gerichte verurteilt werden?! Wie war es denn bei der damaligen Debatte? Hat man da nicht eine sehr charakteristische Täuschung versucht? Da war es doch der Herr Arndt, der gesagt hat:
Ich glaube sagen zu dürfen, daß eine Verlautbarung so nicht abgefaßt worden wäre, hätte Mr. McCloy selber die Amtsgeschäfte führen können.
Nun, inzwischen hat sich doch wohl herausgestellt, daß Herr McCloy diese Entscheidung vollinhaltlich deckt. Gemeint hat der Herr Arndt damals jene — wie er wörtlich sagte — unselige Verlautbarung vom 13. Juni, die wie ein seelisches Erdbeben die Menschen in Deutschland erschüttert hat. Nun, der Petersberg hat in den sieben Monaten nicht gewackelt; stellen wir es einmal ganz ruhig und sachlich fest. Aber was hat uns damals der Herr Bundesminister Dr. Dehler gesagt?
Die Bundesregierung . . .
— in einem ganz andern Ton als heute: Brust heraus, so hat er sich damals hier hingestellt —
wird . . . in aller Form gegen die Mitteilung des Rechtsamtes des amerikanischen Hohen Kommissars vom 13. Juni 1951 Verwahrung einlegen und beim amerikanischen Hohen Kommissar vorstellig werden mit dem Ziel, daß die Verfügung des amerikanischen Landeskommissars für Hessen . . . rückgängig gemacht wird.
Wir haben in der Sitzung vom 20. Juni ausgesprochen, daß Idie Amerikaner ihren früheren Agenten unter allen Umständen in Schutz nehmen würden, und das hat sich als richtig herausgestellt. Herr McCloy hat doch selber gesagt, daß es sich bei dem Herrn Kemritz um einen Menschen handele, der sich um die demokratische Entwicklung im Westen wohl verdient gemacht habe. Er hat auch erklärt, die Amerikaner hätten Kemritz nicht fallen lassen können, da er in der ersten Zeit nach der Kapitulation für sie gut gearbeitet habe. Schließlich hat er gesagt: „Wir werden den Herrn Kemritz vor jeder Strafverfolgung durch Deutsche zu schützen wissen."
Der Herr Reuter, der amtierende Oberbürgermeister im Westberliner sogenannten Abgeordnetenhaus, hat sich ja damals auch mächtig
in die Brust geworfen.