Rede von
Dr.
Hermann
Etzel
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will weder von Velourteppichen noch von gepreßten und getrockneten Wasserflöhen sprechen, sondern mich angesichts der erfolgten Halbierung der Redezeit auf einige zusammenfassende Urteile beschränken, welche die dankenswerte Denkschrift des Herrn Bundesfinanzministers und sein ebenso dankenswertes Memorandum in ihren Schlußbemerkungen gefällt haben.
In der Denkschrift ist gesagt, es habe sich gezeigt, daß sehr viele Ausgaben unnötig sind, während andere vom Standpunkt des Völkerrechts grundsätzlichen Bedenken begegnen, und daß die unter Opfern und Entbehrungen aufgebrachten Steuermittel nicht so rationell und sparsam verwendet würden, wie es angebracht und möglich wäre. Das Memorandum stellt fest, daß der Zeitpunkt gekommen sei, in dem aus politischen und sozialen Gründen grundsätzliche Planungen zur Beseitigung der Not der Altbesatzungsverdrängten beschleunigt durchgeführt werden müssen. Der Presse gegenüber hat sich der Herr Bundesfinanzminister dagegen gewandt, daß die notwendigen Einsparungen zu Lasten der von Requisitionen oder Besatzungsschäden betroffenen Personen vorgenommen werden.
Was aber ist aus dieser Erwartung des Herrn Bundesfinanzministers und seinem Anruf an die Besatzungsmächte geworden? Dem vom Bundestag einstimmig gefaßten Beschluß, in dem die Bundesregierung ersucht worden ist, bei der Oberkommission dahin zu wirken, daß die Umrechnung der Entschädigung von Besatzungsschäden aus der Zeit vor der Währungsreform im Verhältnis 10 : 1 alsbald aufgehoben und durch eine Regelung ersetzt wird, welche den allgemein gültigen rechtsstaatlichen Grundsätzen des Privateigentums und der Gleichheit aller vor dem Gesetz sowie den Grundsätzen und Grundgedanken des alliierten Währungsumstellungsgesetzes von 1948 entspricht, also durch eine Umstellung von 1 : 1 — diesem Beschluß des Bundestages ist von der Oberkommission nicht entsprochen worden.
Sie begründet ihre Ablehnung in der Hauptsache mit zwei Argumenten, die in keiner Weise stichhaltig sind. Sie sagt erstens, die Umstellung der Besatzungsschäden im Verhältnis 10 : 1 sei mit den Grundsätzen und grundlegenden Ideen der Gesetze über die Währungsumstellung durchaus vereinbar, und zweitens, es wären andernfalls schwerwiegende Rückwirkungen zu erwarten, welche die finanziellen Schwierigkeiten der Bundesrepublik verschlimmern würden.
Meine Damen und Herren, ich muß meinem Erstaunen darüber Ausdruck geben, daß hier Argumente vorgebracht worden sind, die prima vista, auf den ersten Anhieb als nicht begründet anzusehen sind. Es ist erstens nicht richtig, daß die Umstellung von 10 : 1 den Bestimmungen und den Grundgedanken des Dritten Währungsgesetzes entspricht; denn es handelt sich hier nicht um Geldsummenforderungen, auf die allein sich das Dritte Währungsgesetz bezieht, sondern um echte Restitutionen, nämlich Schadensersatzforderungen.
Zweitens ist es höchst erstaunlich, ja erregend, daß die Oberkommission erklärt, es würden sich, wenn dem Antrag des Bundestages stattgegeben würde, außerordentlich ungünstige Rückwirkungen für die finanzielle Belastung der Bundesrepublik ergeben. Meine Damen und Herren, wir waren der Meinung, daß die Erleichterungen — die notwendigen Erleichterungen! — für die Bundesrepublik durch die ebenso notwendigen Einsparungen in der bislang so aufwendigen Praxis der Besatzungsmächte erzielt werden müssen, daß aber nicht eine sozial
schwache Gruppe allein in Anspruch genommen und ihr nicht eine Last aufgeladen werden kann, die sie für die Gesamtheit zu leisten hat.
Es ist unerträglich, daß immer wieder versucht wird, die ganzen Kriegsfolgelasten oder einen Teil davon auf einzelne Bevölkerungsgruppen abzuladen,
und es ist untragbar, wenn die Besatzungsmacht so verfährt, anstatt zu erklären: „Gut, wir sind mit einer solchen erhöhten Umstellung, die in der Natur des Rechts, um das es hier geht, liegt, einverstanden und werden uns unsererseits bemühen, durch entsprechende Einsparungen eine solche Umstellung von 1 : 1 zu ermöglichen." Das wäre verständlich, das wäre psychologisch auch für die Besatzungsmacht höchst wertvoll gewesen.
Eines darf ich noch sagen: wir wünschen und hoffen, daß von keiner Seite der Versuch unternommen wird, die in dem Gesetz Nr. 47 der Oberkommission enthaltene Regelung in irgendwelche Zusatzverträge hineinzuschmuggeln. Wir sind der Auffassung, daß jeder derartige Versuch von der deutschen Politik mit den entschiedensten Mitteln zurückgewiesen werden müßte.
Wenn weiterhin in der Denkschrift gesagt wird,
daß ein Teil der Besatzungslasten völkerrechtlichen Bedenken begegne, so ist damit der entscheidende Punkt berührt. In der Tat ist es so, — —