Rede von
Paul
Bausch
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Herr Berichterstatter hat dem Hohen Hause Kenntnis gegeben von der Denkschrift der Bundesregierung über Einsparungsmöglichkeiten im Besatzungslastenhaushalt, Drucksache Nr. 2824, und von dem Ergebnis der Beratungen des Haushaltsausschusses über diese Denkschrift. Es ist nicht meine Absicht, über den Bericht des Herrn Berichterstatters hinaus auf den allgemeinen und grundsätzlichen Inhalt dieser Denkschrift einzugehen. Ich möchte nur unterstreichen, was der Herr Berichterstatter schon gesagt hat, daß nämlich diese Denkschrift eine Fülle der wertvollsten Anregungen über die Gestaltung der Besatzungslasten enthält. Es ist sehr bedeutsam, daß die Denkschrift gleich zu ihrem Eingang feststellt, daß die Alliierten, wenn auch nicht alle deutschen Forderungen berücksichtigt worden seien, doch anerkennenswerter Weise auf zahlreichen Gebieten des Besatzungslastenrechts den Anregungen der deutschen Regierung Rechnung getragen hätten. Nun wissen wir ja, daß zur Zeit auf internationaler Ebene Verhandlungen darüber geführt werden, daß sich Deutschland einem internationalen Sicherheitssystem anschließt. Wir wissen auch, daß die Regierung auf dem Standpunkt steht, daß nach Verwirklichung dieses großen Planes jedes Land für diejenigen Lasten aufkommen soll, die ihm durch seinen eigenen Anteil an diesem Sicherheitssystem entstehen. Wenn diese Auffassung der Bundesregierung akzeptiert werden und sich auch durchsetzen würde, dann würden wir uns über die Fragen des Besatzungslastenhaushalts künftig nicht mehr zu unterhalten haben.
In jedem Fall aber enthält diese Denkschrift für die Zeit, in der wir uns noch mit diesen Dingen befassen müssen, sehr wertvolle Anregungen. Es zeigt sich gerade an diesem Beispiel, an dieser Denkschrift, welch gutes Resultat sich ergibt, wenn Bund und Länder ihre Kenntnisse, ihre Erfahrungen und ihr Material zusammentragen, um dem Bundestag und damit dem ganzen Volk Auskünfte über den Stand solcher wichtigen Probleme zu geben.
Ich möchte aber nun vor allem einen wichtigen Teil dieser Denkschrift, der mir besonders am Herzen liegt, besprechen. Der Drucksache Nr. 2824 ist eine Anlage 2 beigegeben. In dieser Anlage 2 ist ein Memorandum der Bundesregierung über die planmäßige Freigabe von requirierten Wohn- und gewerblichen Gebäuden abgedruckt. In diesem Memorandum ist besonders die Frage behandelt, was unternommen werden könne, um die Inhaber von Wohngebäuden und gewerblichen Gebäuden, deren Häuser von der Besatzungsmacht beschlagnahmt und weggenommen worden sind, wieder in den Stand zu setzen, ihre Gebäude zu beziehen. Es ist ganz klar, daß die schweren Eingriffe in den Wohnraum, also in das Eigentum, wie sie in den Jahren 1945 und 1946 vorgenommen worden sind, viel, viel Verbitterung in breiten Schichten unseres Volkes verursacht haben.
Es gibt eine Unzahl von Menschen, die ein schönes Eigenheim besessen haben und dieses Eigenheim und ihr gesamtes Hab und Gut, ihre Möbel usw., in sehr kurzer Zeit und unter sehr bitteren und schwierigen Umständen verlassen mußten, deutsche Bürger, die heute noch in behelfsmäßigen Wohnungen, in Bunkern, in Kellern und in Dachkammern notdürftig untergebracht sind. Es ist ganz klar, daß diese Umstände auch heute noch Ursache der Verbitterung sind. Da wir nun alle ein Interesse daran haben, daß sich das Verhältnis zwischen den deutschen Volksgenossen und den Vertretern der Besatzungsmacht positiv entwickelt, da wir darauf ausgehen, zu gleichberechtigten Partnern der jetzigen Besatzungsmächte zu werden, und da wir mit diesen Vertretern gemeinsam um eine freie und friedliche Welt ringen wollen, so liegt es in unser aller Interesse, diese Zustände so bald wie möglich nach der positiven Seite hin zu verändern. Wir müssen gemeinsam dafür sorgen, daß die Eigentümer der Wohnungen so bald wie möglich wieder in ihre Wohnungen, in ihre Eigenheime einziehen können und daß dort, wo das heute noch nicht der Fall sein kann, wo vielleicht heute ein Haus von dem Eigentümer noch nicht wieder im ganzen bezogen werden kann, doch die Möglichkeit geschaffen wird, daß der Eigentümer sein Heim wenigstens teilweise wieder beziehen kann.
Im Hinblick auf diese besonders schwierig zu lösende Aufgabe ist es höchst bedeutsam, daß in der Anlage 2 zu Drucksache Nr. 2824, in diesem Memorandum der Bundesregierung über die planmäßige Freigabe von requirierten Wohn- und gewerblichen Gebäuden, über Vorgänge berichtet wird, die vielleicht einen praktischen Weg zeigen können, diese unerwünschten Zustände zum Guten hin abzuwandeln und die Eigentümer von Wohnheimen wieder in ihre Häuser zu bringen. Es ist in dieser Denkschrift auf einen wichtigen Vorgang in der britischen Besatzungszone hingewiesen. Es wird festgestellt, daß die britische Rheinarmee sich grundsätzlich bereit erklärt hat, in einer Stadt ihres Besatzungsgebietes, in der Stadt Herford, im engsten Einvernehmen mit der Stadtverwaltung und der Notgemeinschaft der Besatzungsgeschädigten besondere Maßnahmen durchzuführen, die darauf hinausgehen, die aus ihren Heimen Vertriebenen wieder in diese hineinzubringen.
Es ist weiter besonders bedeutsam, daß sich der Herr Bundesminister der Finanzen nach dem Memorandum grundsätzlich bereit erklärt hat — meine Damen und Herren, hier müssen wir scharf aufpassen; denn es dreht sich um ein nach meiner Auffassung sehr großzügiges Angebot —, alles zu finanzieren, was dazu dient, solche Eigenheime, die jetzt von der Besatzung in Anspruch genommen sind, in der Weise umzubauen, daß die Eigentümer wenigstens einen Teil ihres Hauses wieder beziehen können. Man kann natürlich einwenden: Die Besatzungsmacht soll ganz herausgehen, und
der Eigentümer soll sein Haus wieder ganz beziehen können. Dem ist aber entgegenzuhalten, daß man damit keine Lösung bekommt, daß man damit keine praktische Hilfe schafft. Selbstverständlich sollen die Häuser, soweit dies irgendwie möglich ist, ganz freigegeben werden. Wo das aber nicht möglich ist, bedeutet es, glaube ich, schon einen Fortschritt, wenn wenigstens eine teilweise Freigabe der Häuser erreicht wird.
Ich komme nun zu meinem besonderen Anliegen. Ich bin der Meinung, alle zuständigen Stellen sollten mit aller Entschlossenheit die erforderliche Initiative entfalten, die Lösungen, die sich hier konkret abzeichnen, praktisch zu verwirklichen. Die Bundesregierung — ich meine das Bundesministerium der Finanzen — sollte mit allem Nachdruck auf die Landesregierungen, diese aber wiederum auf die Landräte und Kreisbehörden einwirken. Andererseits sollte die Initiative, die die britische Besatzungsbehörde in dankenswerter Weise ergriffen hat, auch von den amerikanischen und französischen Besatzungsbehörden aufgenommen werden. In enger Zusammenarbeit zwischen den Besatzungsbehörden und den deutschen Behörden und dem Verband der Besatzungsgeschädigten sollte daran gegangen werden, von Kreis zu Kreis, von Stadt zu Stadt und von Dorf zu Dorf diese überall verbitternd und störend wirkenden Zustände zu beseitigen. Es muß mutig und entschlossen eine Initiative ergriffen werden. In jeder Stadt, in jedem Dorf, in denen von der Besatzungsmacht Gebäude beschlagnahmt worden sind, muß mindestens so viel erreicht werden, daß für jedes Jahr ein Plan aufgestellt wird, in dem vorgesehen ist, daß zum mindesten ein bestimmter Prozentsatz von Besatzungsgeschädigten in ihre Häuser einziehen können.
Deine Damen und Herren, ich bin überzeugt, dies ist etwas Erreichbares, etwas Realisierbares, etwas, was den Leuten, die heute vielfach enttäuscht und verbittert abseits stehen, wieder Mut, Hoffnung und Zuversicht gibt.
Ich sehe den Vertreter des Herrn Bundesfinanzministers hier. Herr Staatssekretär, der Bundestag erwartet, daß sich der Herr Finanzminister an die Zusage hält, die in dieser wertvollen Denkschrift gegeben ist.