Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auf Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, SDP, FDP, DP, BP, WAV, Z und der Gruppe BHE-DG — Drucksache Nr. 2200 — hat der Deutsche Bundestag in seiner Sitzung vom 26. April 1951 beschlossen, den Bundesminister der Finanzen zu bitten, dem Bundestag eine Denkschrift vorzulegen, in der die Möglichkeiten von Einsparungen im bisherigen Besatzungshaushalt dargelegt werden. Das Bundesfinanzministerium hat diese Denkschrift unter Drucksache Nr. 2824 vorgelegt. Der Haushaltsausschuß hat sich damit in zwei Sitzungen beschäftigt und mich beauftragt, dem Hohen Hause über den Gang der Verhandlungen zu berichten. Gestatten Sie mir zunächst, dem Hohen Hause einiges über den Inhalt der Denkschrift zu unterbreiten.
Man unterscheidet in der Denkschrift Besatzungslasten im weiteren und Besatzungsrasten im engeren Sinne. Zu den Besatzungslasten im weiteren Sinne zählen alle Leistungen, die von der Volkswirtschaft eines besetzten Landes im Zusammenhang mit der Besetzung erbracht werden müssen sowie alle von der Besatzung angerichteten Schäden. Die Verpflichtung zur Erbringung der Leistungen liegt im Falle der kriegerischen Besetzung im Völkerrecht begründet, und zwar nach der Haager Landkriegsordnung vom 18. Oktober 1907. Diese Bestimmungen treffen auch auf Westdeutschland zu, da die Besetzung sich aus den Feindseligkeiten und der nachfolgenden Kapitulation ergab, jedoch mit der Maßgabe, daß die Anforderungen zur Befriedigung der Besatzungsmächte sich auf die Bestimmungen der Haager Landkriegsordnung und den dort festgelegten Umfang beschränken. Danach ist also den Bedürfnissen des Besatzungsheeres Rechnung zu tragen in einem Ausmaß, das im Verhältnis zu den Hilfsquellen des besetzten Landes steht. Aus der Denkschrift ist zu entnehmen, daß diese Bestimmungen und die in der Haager Landkriegsordnung auferlegten Beschränkungen seitens der Besatzungsmächte nicht immer eingehalten worden sind. Die Anforderungen seien zum Teil weit über die für eine kriegerische Besetzung durch das Völkerrecht gezogenen Grenzen hinausgegangen.
Was versteht man nun unter Besatzungslasten? Darüber gibt die Denkschrift auch einige Auskunft. Unter Besatzungslasten versteht man Dienstleistungen, Sach- und Werkleistungen, Bauleistungen, Energieleistungen, Nutzungsleistungen, sonstige Leistungen und Schäden. Besatzungslasten im engeren Sinne sind also alle Zahlungen, die für die Erbringung von Leistungen oder zum Ausgleich von Schäden zu Lasten der öffentlichen Haushalte des besetzten Landes aufgebracht werden müssen. Für diese Art von Besatzungslasten mußten bis zum 31. März 1950 die Länder und seither die Bundesrepublik Haushaltsmittel zur Verfügung stellen. Die seither geleisteten Ausgaben wurden jeweils in den Einzelplänen XXIV, XXV und XXVII festgelegt. Diese zwangsläufigen Ausgaben stehen im Zusammenhang mit der Besetzung und sind von den Besatzungsmächten nicht in das eigene Budget übernommen worden.
Die Denkschrift gibt uns auch eine Aufstellung über Zahlung von Besatzungslasten von Beginn der Besetzung bis zum 31. März 1951. In der vorgenannten Zeit wurde ein Betrag von rund 26 Milliarden RM bzw. DM aufgebracht. Es ist interessant, die Zahlen der einzelnen Besatzungszonen anzuführen, die in der Denkschrift wiedergegeben sind. So entfallen vom Jahre 1945 bis zum Haushaltsjahr 1949/50 auf die britische Zone 12 294 000 000 DM bzw. RM, auf die US-Zone 9 841 000 000, auf die französische Zone 3 723 000 000 RM bzw. DM. Erwähnenswert ist, wie sich die Besatzungskosten und Auftragsausgaben im einzelnen für das Jahr 1951/52 zusammensetzen. In diesem Haushaltsjahr mußten aufgebracht werden für Dienstleistungen 23,9 %, für Sach- und Werkleistungen 11,1 % für Nutzungsleistungen 20,6 % für sonstige Leistungen 12,3 %, für Barzahlungen — also für einen ganz neuen Titel — 3,5 %, für Bauleistungen 24,5 %, für Besatzungsschäden 2,6 % und für sonstige Auftragsausgaben 1,5 %. Zusammen ergibt sich ein Betrag in Höhe von 6 595 000 000 DM = 100 %. Gegenüber dem Vorjahre bedeutet diese Summe einen Mehrbetrag von 1 135 000 000 DM.
Die allierten Mächt haben ihre eigenen Haushaltsbestimmungen, die unsere Verwaltung einzuhalten hat. Nach diesen Bestimmungen können die bisher noch unverbrauchten Summen der Vorjahre jederzeit im laufenden Rechnungsjahr angefordert werden. Diese Rest-Haushaltssumme beträgt nach der Denkschrift zur Zeit 1 490 000 000 DM, so daß also der Bundeshaushalt für das Rechnungsjahr 1951/52 nicht nur die eben angeführte Summe von 6 595 000 000 DM vorzusehen hat, sondern mindestens noch mit den weiteren 1 490 000 000 DM Auslaufkosten der Vorjahre belastet werden muß. Für sonstige Kriegsfolgelasten muß noch ein Betrag von 803 000 000 DM vorgesehen werden, so daß sich eine Gesamtbelastung in Höhe von 7 488 000 000 DM ergibt.
Vor der Bekanntgabe des alliierten Besatzungshaushalts hat man mit einer Ausgabenerhöhung des gesamten Bundeshaushalts um 4 Milliarden DM gerechnet. Diese Mehrausgaben hoffte man durch höhere Steuereinnahmen und Neueingänge durch die Produktionssteigerung decken zu können. Durch die Anforderungen der Alliierten erhöht sich jedoch das Mehr an Ausgaben auf rund 7 Milliarden DM. Hierfür sind Deckungsmittel in vollem Umfange nicht vorhanden. Die Denkschrift sagt hierzu, daß der Besatzungslastenvnranschlag 7u Beginn des Rechnungsjahres 1950 36 % des gesamten Bundeshaushalts betrug. Nach Ansicht der Verwaltung wird dieser Anteil der Besatzungslasten am Bundeshaushalt 1951 sich voraussichtlich nicht nur nicht
halten können, sondern dieser Anteil wird erhöht werden müssen. Diese Mehrbelastungen, die für die deutsche Volkswirtschaft daraus entstehen, sind insbesondere durch das Ansteigen der Besatzugslasten notwendig geworden.
Interessant ist die Aufstellung der Belastung für den einzelnen Einwohner sowie den einzelnen Erwerbstätigen im Bundesgebiet. Hiernach entfallen auf jeden Einwohner im Jahre 1951 146 DM, auf jeden Erwerbstätigen 340 DM.
In der Denkschrift wird weiter angeführt, daß nicht nur die außergewöhnliche Höhe der Besatzungslasten vom deutschen Volke so drückend empfunden wird, sondern hauptsächlich die Erkenntnis der Tatsache, daß keineswegs zwingende Notwendigkeiten für alle Arten dieser Lasten und den vollen Umfang bestehen, der dem deutschen Volke an Besatzunglasten auferlegt wird.
Die Denkschrift weist eine Vielzahl von Möglichkeiten auf, die diese Lasten beträchtlich vermindern könnten. Ich komme damit nun auf diese Einsparangsmöglichkeiten zu sprechen. Ich entnehme aus der Denkschrift, daß bei den Verhandlungen mit den Hohen Kommissaren von diesen die Ansicht vertreten wird, eine Verminderung der Besatzungslasten, wie sie unsererseits für das Rechnungsjahr 1951/52 gefordert worden war, sei wegen der anlaufenden Verteidigungsmaßnahmen nicht möglich. Bei näherer Betrachtung der Besatzunglasten ergibt sich aber, daß zwischen ihrer Höhe und der Zahl der der Verteidigung dienenden Streitkräfte ein Mißverhältnis besteht. Dieses Mißverhältnis besteht darin, daß neben den Streitkräften auch heute noch eine umfangreiche zivile alliierte Verwaltung unterhalten werden muß. Das Rechnungsjahr 1949 zeigt das Mißverhältnis ganz klar auf. Die Aufwendungen für die Streitkräfte in dem vorgenannten Haushaltsjahr betragen 60 %, die Aufwendungen für die zivile Verwaltung betragen 40 %.
Obwohl durch das im Jahre 1949 in Kraft getretene Besatzungsstatut der Besatzungsverwaltung bis in die Kreisstufe hinab nahezu sämtliche politischen und administrativen Aufgaben genommen wurden, hat sich an dem ermittelten Verhältnis zwischen Besatzungsaufwand für die Streitkräfte und dem für die zivile Verwaltung nichts grundlegend geändert. Das Institut für Besatzungsfragen schätzt diesen möglichen Einsparungsbetrag auf mindestens 1,1 Milliarden DM.
Die der Befriedigung der Truppenbedürfnisse dienenden Lasten werden als sehr hoch bezeichnet. Hier ist wichtig, zu erwähnen, daß zu den Lasten, die die Bundesrepublik zu tragen rechtlich verpflichtet ist, auch noch die Besoldung der Besatzungstruppen und die Kosten ihrer Ausrüstung und anderes mehr hinzukommen. Diese Lasten müßten eigentlich aus den Militäretats des Heimatstaates bestritten werden; denn sie zählen zu den sogenannten externen Besatzungskosten.
Das Institut für Besatzungsfragen hat hierzu einen sehr interessanten Beitrag geliefert. Es wird festgestellt, daß von dem Aufwand der Besatzungstruppen im Durchschnitt mindestens 57 % über dem vertretbaren und notwendigen Maß liegen. Das Institut stellt weiter fest, daß der Aufwand für einen ehemaligen deutschen Soldaten unter Berücksichtigung der inzwischen eingetretenen Preissteigerung sowie Hinzurechnung eines Mehrbetrages für vollmotorisierte Truppen 3020 DM betragen hat. Selbst wenn man der Besatzungsmacht Rechnung tragen wollte und ihr hierzu für höheren Lebensstandard einen Zuschlag von 40 % zubilligen würde, ergäbe dies erst einen Aufwand von 4230 DM je Soldat. Der tatsächliche durchschnittliche Aufwand für einen Soldaten der Besatzungsstreitkräfte beträgt dagegen 9750 DM.
Von der aufgezeigten Differenz ausgehend errechnet das Institut für Besatzungsfragen die Summe von mindestens 1,4 Milliarden DM, die durch eine Rationalisierung der Truppenausgaben eingespart werden könnte.
In der Denkschrift wird weiter hervorgehoben, es sei nicht richtig, daß die amerikanische Besatzungsmacht einseitig die Vergütung für Leistungen festsetze, und zwar ohne parlamentarische Kontrolle. Es stehe außer allem Zweifel, daß bei einer Mitwirkung durch das Parlament, wie dies in gewissem Umfange in der britischen Zone bereits eingeführt sei, erhebliche Einsparungen erzielt werden könnten. Das Institut für Besatzungsfragen schlägt hierzu ferner vor, die Bauvergabe, die Bauüberwachung und die Bauabrechnung durch deutsche Stellen vornehmen zu lassen. Die Einsparungen, die dadurch erzielt werden könnten, werden auf mindestens 20 % geschätzt.
Den zweitstärksten Anteil am Besatzungslastenhaushalt beansprucht nach den Bauleistungen die Vergütung für Dienstleistungen. Dieser Anteil ist mit 1 571 Millionen DM veranschlagt. Die Denkschrift gibt uns einen Überblick über die am 30. Juni 1951 bei den Besatzungsmächten beschäftigten Personen, und zwar waren beschäftigt 307 549 männliche und 145 298 weibliche Personen, insgesamt 452 847 Personen. Es ist ein Vergleichsmaß für die Höhe der Zahl angegeben, und zwar der Personalbestand der Deutschen Bundesbahn mit insgesamt 535 218 Beschäftigten. Das sind rund 15 % Personal weniger als bei der Deutschen Bundesbahn, die als das größte Unternehmen Europas angesehen werden kann. Hier kommt die Denkschrift wieder auf den schon vorher gemachten Vorschlag zurück, die zivile alliierte Besatzungsmacht abzubauen.
Als überflüssige Einrichtungen werden die von den Besatzungsstreitkräften unterhaltenen Sondereinrichtungen bezeichnet, wie z. B. das Unterhalten einer eigenen Feuerwehr. Hier wird vorgeschlagen, diese Aufgaben den deutschen örtlichen Berufsfeuerwehren zu übertragen.
Weiter wird vorgeschlagen, auch die bei Besatzungsdienststellen errichteten handwerklichen Betriebe aufzugeben. In Heidelberg z.B., so heißt es in der Denkschrift, beschäftigen diese Betriebe 801 Bauhandwerker mit einem jährlichen Aufwand von 2 439 000 DM. Hierzu wird vorgeschlagen, diese Aufgaben den deutschen Baudienststellen oder durch Vereinbarung mit dem Handwerkunternehmen der freien Wirtschaft zu übertragen. Man nimmt an, daß diese Aufgaben mit einem weitaus geringeren Kostenaufwand durchgeführt werden könnten.
Erhebliche Einsparungen, so wird in der Denkschrift weiter erklärt, könnten erzielt werden, wenn alle die Belastungen wegfallen würden, die mit den Völkerrechtsgrundsätzen unvereinbar sind, wie z. B. die Aufhebung des Instituts zur Betreuung deutscher Wissenschaftler und deren Angehöriger in Landshut, die sich zur Arbeitsleistung nach den Vereinigten Staaten verpflichtet haben; ferner die Aufhebung der Bewachungsstellen für
Gebäude, Flugplätze und dergl. mehr und insbesondere der Wegfall der Bezahlung von Hausangestellten.
Die Denkschrift schlägt weiter vor, daß die Erledigung der Arbeitsverwaltungsangelegenheiten von deutscher Hand vorgenommen werden sollte, insbesondere die Einsteliung von Arbeitskräften, Lohn- und Gehaltseinstufungen, Arbeits- und Arbeitszeitüberwachung, Lohn- und Gehaltsabrechnungen und anderes mehr, was mit der Bearbeitung von Personalangelegenheiten in Zusammenhang steht.
Es wird festgestellt, daß der Lohn- und Gehaltsabrechnung vielfach Arbeitszeiten zugrunde gelegt werden, deren Unrichtigkeit ganz offensichtlich ist.
Ein Beispiel sagt, daß Autobusfahrer in Bonn für 470 Arbeitsstunden im Monat entlohnt worden sind. Das sind durchschnittlich 18 Arbeitsstunden am Tag. Ein weiteres Beispiel besagt, daß in Iserlohn für Angestellte mehrere Monate hindurch täglich 71/2 Überstunden anerkannt und bezahlt worden sind. Von der Möglichkeit, Überstunden durch Freizeit abzugelten, wird nur weng Gebrauch gemacht.
Die Denkschrift zeigt durch Darlegungen und Beispiele noch mehrere Mängel auf, aus denen man eine oberflächliche Bearbeitung der mit Personalangelegenheiten in Verbindung stehenden Aufgaben ersehen kann. Eine genauere Kontrolle wäre nur möglich, wenn diese Arbeiten durch deutsche Dienststellen vorgenommen werden könnten Die dadurch zielende Einsparungen wären ganz beträchtlich.
Aus der Denkschrift geht noch hervor, daß auf dem Gebiet der Sach- und Werkleistungen Einsparungen in besonders hohem Maße gemacht werden könnten, und zwar durch den Wegfall jener Sach- und Werkleistungen, die nicht unmittelbar den Bedürfnissen der Besatzungsstreitkräfte dienen. Es wird angeführt, daß die britischen Besatzungrsstellen in immer stärkerem Mäße Requlsitionsgüter in solche Lager bringen lassen, die für eine Verschiffung ins Ausland günstig liegen. Dorthin werden vor allen Dingen Mangelwaren geleitet, die auf dem Weltmarkt selten sind, z. B. Feinbleche und hochwertiges Drahtseil. Es wurde ausdrücklich Anweisung erteilt, bestimmte Waren seemäßig verpackt zu liefern. Ferner wird es als ausgeschlossen angenommen, daß die Beschaffung von elektrischen Kühlschränken im Betrage von 7 Millionen DM, die Beschaffung von Teppichen im Betrage von 5,5 Millionen DM, die Beschaffung von 47 713 Bettvorlegern und 65 334 m Läuferstoff oder gar die Beschaffung von 564 506 künstlichen Zähnen im Werte von 232 785 DM notwendig gewesen ist. Auch im Hnblick auf die Qualitätsansprüche bei Sach- und Werkleistungen deutet die Denkschrift auf bedeutende Einsparungsmöglichkeiten hin.
Die Denkschrift sagt, daß bei einer Rationalisierung des Beschaffungsverfahrens noch weitere Einsparungen möglich wären. Dieser Vorschlag wird deshalb gemacht, weil festgestellt wurde, daß Firmen für größere Aufträge herangezogen werden, deren Kapazität hierfür nicht ausreichend ist. Hier wird ein Beispiel angeführt: Ein kleiner Photo-Einzelhändler mit Ladengeschäft erhielt einen Auftrag auf Lieferung von 13 800 Röntgenfilmen im Werte von 69 000 DM. Es wird weiter angeführt, daß bei der Auftragsvergebung durch die Beschaffungsdienststellen nicht mit der Materie vertraute Handelsmakler und Vertreter eingeschaltet werden. Es wurde festgestellt, daß durch das beliebige Einkaufen der einzelnen Besatzungsdienststellen Anschaffungen getätigt werden, die weit über den tatsächlichen Bedarf hinausgehen, wie z. B. der Einkauf von 600 t Tarnfarbe, 100 t we ße Trockenfarbe oder 12 t Ultramarinblau. Die zuletzt genannte Menge entspricht dem Jahresbedarf der Bundesrepublik. Erwähnenswert ist der Einkauf von 150 t Schiebetürbeschlägen in einer heute vollkommen überholten Konstruktion. Das ist der mehrfache Jahresbedarf des Bundesgebietes. Die Beseitigung der angeführten Mängel würde eine in die Millionen gehende Ersparnis ergeben. In der Denkschrift wird der Vorschlag gemacht, die drei Besatzungsmächte beim Einkauf auszuschalten und diesen durch deutsche Dienststellen vornehmen zu lassen.
Als besonders wichtig wird in der Denkschrift hervorgehoben, daß bei den Bauleistungen das Augenmerk auf Einsparungsmöglchkeiten zu richten ist. Überhöhte Anforderungen werden beim Kasernenbau gestellt, und zwar vor allem für die Wirtschaftseinrichtungen, Speiseräume, Klubräume, sanitären Anlagen, Versorgungsanlagen und anderes mehr. Für die Baufertigung wird in der Denkschrift eine langfristige Wirtschaftsplanung vorgeschlagen. Durch die Außerachtlassung der einfachsten Vergaberegeln ist der Sektor Bauleistungen m t 24 % der Besatzungslasten der größte Teil des Besatzungskostenhaushalts überhaupt. Nach der Denkschrift ist folgendes abzustellen: erstens die für die Bauplanung zu kurz bemessenen Fristen, zweitens die Pauschalvergabe, drittens die Überstunden, Lohnzuschläge, Nacht- und Sonntagsarbeit — diese Mehrausgaben entstehen durch zu kurz bemessene Baufristen —, viertens die Mängel bei der Bauaufsicht.
In der Denkschrift wird die Herausgabe eingehender deutsch-alliierter Richtlinien für d'e technische Durchbildung aller Arten von Gebäuden vorgeschlagen. Ferner wird zur Festlegung einheitlicher Richtlinien die Schaffung eines zentralen deutsch-alliierten technischen Ausschusses vorgeschlagen.
Für Energieleistungen sind im Haushalt 1951/52 keine genauen Zahlen zu ermitteln. Einiges aus der Denkschrift ist jedoch erwähnenswert. Im Lande Hessen betrug im Jahre 1949 der Stromverbrauch der Besatzungsmächte 80 % des Verbrauchs der gesamten Landwirtschaft.
In der Zeit vom 1. April 1950 bis 31. Dezember 1950 wurden für Elektrizität, Gas, Wasser und Dampf rund 19,8 Millionen DM bezahlt. Diese enorme Summe ließe sich bestimmt stark reduzieren, wenn man beim Stromverbrauch einen angemessenen Maßstab anwendete. Es wird vorgeschlagen, nach angemessenen Maßstäben Höchstsätze für den Verbrauch festzulegen. Die Höchstsätze müßten im Einklang mit der deutschen Leistungsfähigkeit festgesetzt werden. Der Mehrverbrauch solle zu Lasten der Besatzungsmacht selbst gehen. Hierbei wird der jeweils günstigste Tarif zur Berechnung vorgeschlagen.
Am 30. September 1950 waren im Bundesgebiet einschließlich West-Berlin 49 412 Wohnungen beschlagnahmt. Von sämtlichen Gewerbezweigen ist durch die Inanspruchnahme von Räumen das Hotel- und Gaststättengewerbe am stärksten betroffen. Dadurch wird der Fremdenverkehr erheblich gedrosselt und der Volkswirtschaft ein großer
Schaden zugefügt. Durch die Feststellung, daß die beschlagnahmten Hotels häufig unterbelegt sind, wird die Aufrechterhaltung der Inanspruchnahme als nicht tragbar bezeichnet. Insbesondere wird als untragbar bezeichnet die Benutzung größter Hotels als Altkleiderlager oder die Beschlagnahme von Lichtspieltheatern, die bei 1000 Sitzplätzen nur mit 15 bis 20 Personen je Vorstellung besetzt sind. Mit vielen sonstigen beschlagnahmten Einrichtungen verhält es sich ähnlich. Zu diesem Punkt hat der Finanzminister bereits am 17. August 1951 den Hohen Kommissaren ein Memorandum überreicht, in dem er Vorschläge für die planmäßige Freigabe der beschlagnahmten Räume angeführt hat. Dieses Memorandum ist als Anlage 2 der Drucksache Nr. 2824 beigefügt.
Zu den sonstigen Leistungen gehören die Nachrichten- und Transportleistungen. Diese betragen im Haushalt 1951/52 812 141 400 DM. Gegenüber dem Haushaltsjahr 1949/50 besteht ein Mehrbedarf von 250 %. Die amerikanische Besatzungsmacht beansprucht zur Zeit 31 Dieseltriebwagen. Hiervon sind 6 zu Lazarettwagen umgebaut; die restlichen 25 dienen zur Beförderung von höheren Offizieren und Beamten.
Auch die Aufwendungen für Ärzte und Krankenanstalten fallen unter das Kapitel „Besondere Leistungen". Hierzu bemerkt die Denkschrift, daß die Inanspruchnahme von Spezialärzten, Kinderärzten, Geburtshilfe und dergleichen mehr zur Behandlung von Angehörigen der Besatzungsangehörigen mit weit höheren als den üblichen Honorarsätzen bezahlt wird.
Weiterhin wird als auffallend bezeichnet, daß noch hohe Beträge für Leistungen gefordert werden, die mit dem veränderten Besatzungszweck nichts mehr gemein haben, wie z. B. für Reparationen, Wiedergutmachung und für die Entmilitarisierung. In diesem Zusammenhang wird ein seither vollkommen fremdes Kapitel aufgezeigt, nämlich die Entnahme von Bargeld, sogenannte Pauschzahlungen, über deren Verwendung keinerlei Aufschluß gegeben wird. Für die drei Besatzungsmächte sind insgesamt rund 237 Millionen DM in den einzelnen Haushalten vorgesehen. Diese Bargeldentnahme verstößt gegen das Völkerrecht und müßte künftig unterbunden werden. Als völkerrechtswidrig wird auch bezeichnet die Bezahlung der Arztbehandlungen von Besatzungsangehörigen, insbesondere aber der anfallenden diesbezüglichen Kosten für die Familienangehörigen.
Soweit aus dem Inhalt der Denkschrift Drucksache Nr. 2824. In der Beratung hat sich eine lebhafte Aussprache ergeben, zu der Vertreter des Bundesfinanzministeriums noch interessante und wissenswerte Ausführungen gemacht haben. Der Vertreter des Bundesfinanzministeriums hat angeführt, daß das Besatzungsstatut in nächster Zeit durch zwischenstaatliche Verträge abgelöst werden solle. Man hielt es deshalb für angebracht, dem Haushaltsausschuß eine Gesamtbilanz über den Umfang der bisherigen Besatzungslasten zu geben. Nach den amtlichen deutschen Unterlagen seien in der Zeit vom Beginn der Besetzung bis zum Schluße des Rechnungsjahrs 1951 bei voller Ausschöpfung des im Bundeshaushalt 1951 verplanten Solls rund 35 Milliarden RM bzw. DM an Besatzungskosten aufgebracht worden. Da jedoch nicht alle Leistungen in den deutschen Haushalten erfaßt sind, ist der tatsächliche Gesamtwert in dem oben angeführten Zeitraum erheblich höher. Diese Erhöhung ergibt sich: 1. durch die Umstellungsdifferenz für Besatzungsleistungen, 2. durch die D-Mark-Erstausstattung der Besatzungsmächte, 3. durch nicht oder nicht ausreichend vergütete Besatzungsleistungen, insbesondere der Bahn und Post, sowie durch die nichtvergüteten irregulären Requisitionen, 4. durch die Leistung der sogenannten kostenlosen Dienste, 5. durch Ausfälle an Steuern, Zöllen und Abgaben.
Nach den vorgenannten Leistungen wird der tatsächliche Gesamtwert der deutschen Leistungen für die Besatzung mit rund 40 Milliarden RM bzw. DM angenommen. Diese Leistungen werden als die sogenannten internen Besatzungslasten bezeichnet. Die externen Besatzungslasten, d. h. die Lasten, die im Zusammenhang mit dem Heimathaushalt der alliierten Besatzungsmächte stehen, werden auf mindestens 35 Milliarden RM bzw. DM geschätzt. Dies ergibt zusammen die Summe von 75 Milliarden RM bzw. DM.
Der Vertreter des Bundesfinanzministeriums hat weiter ausgeführt, die bisherige Auffassung des Auslandes, daß die deutschen Besatzungslasten eine ausschließlich deutsche Angelegenheit seien, treffe nicht zu. Nach deutscher Auffassung bildeten vielmehr die internen und externen Besatzungslasten in politischer, wirtschaftlicher und finanzieller Hinsicht eine Einheit. Die Höhe der beiden Arten von Besatzungslasten sei voneinander abhängig. Man könne mit ruhigem Gewissen auf Grund deutscher Erfahrungen die These vertreten, daß jede deutsche Mark, die infolge entsprechender alliierter Maßnahmen eingespart würde und den deutschen Steuerzahler entlaste, gleichzeitig auch zu einer Entlastung des amerikanischen, britischen und französischen Steuerzahlers um mindestens einen Dollar führe, und zwar im Hinblick auf den übermäßigen Aufwand der alliierten Seite. Weiter wurde die Meinung vertreten, wenn die Staatsbürger und Parlamente der alliierten Regierungen über diese Tatsachen und Zusammenhänge ausreichend informiert würden, sei anzunehmen, daß die ständigen Beanstandungen der Bundesregierung, die darauf abzielten, eine Senkung der internen Besatzungslasten und damit eine wirtschaftliche Verwendung der deutschen Steuergelder zu erzielen, vollen Erfolg haben würden.
Zu den Leistungen, die im Zuge der Verstärkung der alliierten Streitkräfte entstanden sind, hat der Regierungsvertreter auf die entsprechenden Haushaltspläne hingewiesen.
Der Regierungsvertreter hat den Ausschuß noch über den derzeitigen Stand der Verhandlungen mit den Alliierten über Einsparungsmaßnahmen unterrichtet. Wegen des großen Umfanges der in dieser Hinsicht zu behandelnden Probleme sei zunächst ein Untersuchungsausschuß gebildet worden, dem Spezialsachverständige von beiden Seiten beigegeben worden seien. Für die Überprüfung seien folgende Punkte vorgesehen: erstens Dienstleistungen, zweitens Transportleistungen, drittens Bauleistungen, viertens Energieleistungen, fünftens Nachrichtenleistungen, sechstens Nutzungsleistungen. Auf einzelnen Gebieten seien bereits Erfolge erzielt worden. Zur Schaffung voller Klarheit und zur Herbeiführung weiterer Einsparungsmöglichkeiten seien weitere Verhandlungen im Gange. Zum Schluß hat der Regierungsvertreter noch eingehende Ausführungen über das Memorandum des Bundesministeriums der Finanzen vom 17. August 1951 über die planmäßige Freigabe von requiriertem Grundbesitz gemacht. Sofern die in diesem Memorandum gestellten Forderungen von den Alliierten
voll anerkannt würden, könne mit erheblichen Minderausgaben gerechnet werden. Auch hierüber wird, wie der Regierungsvertreter den Ausschuß unterrichtet hat, mit den Alliierten auf höchster Ebene noch verhandelt.
Nach eingehender Beratung der aufgeworfenen Fragen ist der Ausschuß zu dem Beschluß, gekommen, dem Hohen Hause den in Drucksache Nr. 2999 niedergelegten Antrag zur Beschlußfassung vorzulegen. Der Ausschuß empfiehlt die Annahme.