Meine Damen und Herren! Ich eröffne die 189. Sitzung des Deutschen Bundestages.
Ich habe die Aufgabe, vor Eintritt in die Tagesordnung
der Tatsache zu gedenken, daß am heutigen Vormittag Seine Majestät König Georg VI., König von Großbritannien, Irland und der britischen Dominien über See, auf seinem Landsitz in Sandringham sanft verschieden ist. Der Gesundheitszustand des Königs, der sich am 23. September einer Lungenoperation hatte unterziehen müssen, hat noch gestern keinen Anlaß zu Besorgnissen gegeben.
König Georg VI. ist am 14. Dezember 1895 in Sandringham als zweiter Sohn des späteren Königs Georg V. und seiner Gemahlin Anne, geborene Fürstin von Teck, geboren. Er erhielt die Namen
Albert, Friedrich, Arthur, Georg. Im Dezember
1936 bestieg er den Thron nach dem Verzicht seines Bruders Eduard VIII. Der Prinz erhielt zunächst eine Ausbildung für die Laufbahn in der Marine. Im ersten Weltkrieg nahm er an der Seeschlacht
vor dem Skagerrak teil. Später wurde er Flugzeugführer, und zuletzt war er der Marinesektion der Königlichen Luftstreitkräfte zugeteilt.
Meine Damen und Herren, ich glaube Ihrem gemeinsamen Gefühl Ausdruck zu geben, wenn ich Ihrer Majestät der Königin von England und dem englischen Volk in seiner Gesamtheit die herzliche und aufrichtige Teilnahme des Deutschen Bundestages zum Ausdruck bringe. Ich glaube, daß wir alle es mit Aufmerksamkeit und Dankbarkeit empfunden haben, daß der heimgegangene König trotz seines, wie sich nun herausgestellt hat, sehr schlechten Gesundheitszustandes noch vor kurzer Zeit den Bundeskanzler bei seinem Besuch in England empfangen hat. Wir haben das verstanden als den bewußten Ausdruck der Tatsache, daß England und Deutschland heute in eine gemeinsame Verantwortung gestellt sind. Wir werten diese deutliche Kundmachung des Willens des Königs als etwas, das wir mit Ehrerbietung in unsere politische Verantwortung hineinnehmen.
Sie haben sich zu Ehren des heimgegangenen Königs von England von Ihren Plätzen erhoben.
Ich habe weiterhin der Tatsache zu gedenken, daß am 24. Januar der Präsident der Republik Island, Svienn Björnsson, im 71. Lebensjahr heimgerufen worden ist. Er war der erste Präsident Islands nach der Abtrennung Islands von Dänemark.
Auch dem isländischen Volk spricht der Deutsche Bundestag seine aufrichtige Teilnahme aus, verbunden mit dem Dank dafür, daß der heimgerufene Präsident den Deutschen, die in den letzten Jahren in Island eine neue Heimat gefunden haben, bereitwillig und mit Tatkraft geholfen und ihnen das Einleben in dieser neuen Heimat ermöglicht hat.
Schließlich haben wir der Tatsache zu gedenken, daß am 31. Januar der Bundestagsabgeordnete und das Mitglied des Vorstandes der Bundestagsfraktion der Freien Demokratischen Partei Georg Kohl im Alter von 70 Jahren an einem Herzschlag verschieden ist. Er hat noch am Vorabend seines Todes in der Stadt seines Wahlkreises eine Versammlung abgehalten.
Herr Kohl ist 1881 in München geboren. Nach seiner Schul- und Hochschulzeit war er als politischer Redakteur tätig. Er gehörte zum Kreis um Friedrich Naumann. 1907 wurde er Verleger und Redakteur in Brackenheim. Hier wurde er auch Gemeinderat, Vorsitzender des Bezirksgewerbeverbandes und Mitglied der Handwerkskammer Heilbronn. Wegen seiner politischen Haltung verlor er 1933 seine öffentlichen Ämter und seine Zeitung. Nach dem Zusammenbruch stellte er sich sofort wieder dem politischen Leben zur Verfügung. Er wurde Gemeinderatsmitglied in Bracken-heim sowie Kreistags- und Kreisratsmitglied. 1949 ist er im Wahlkreis Heilbronn direkt in den Bundestag gewählt worden. Er war ordentliches Mitglied des Ausschusses für Petitionen und des Ausschusses für Post- und Fernmeldewesen sowie stellvertretendes Mitglied im Ausschuß zum Schutze der Verfassung und im Ausschuß gemäß Art. 15 des Grundgesetzes.
Ich spreche namens des ganzen Hauses den Angehörigen und seiner Fraktion unsere herzliche Anteilnahme aus. Wir werden der Arbeit des Kollegen Kohl, in der er sich in so vielseitiger Weise auch im Bundestag hingebungsvoll bewährt hat, ein dankbares Angedenken bewahren.
Sie haben sich auch zum Gedenken an den Herrn Staatspräsidenten von Island und an unseren heimgegangenen Kollegen Kohl von Ihren Plätzen erhoben. Ich danke Ihnen.
Ich habe nunmehr in unserem Kreise die am 31. Januar vom Abgeordnetenhaus in Berlin in den Bundestag gewählten 12 Abgeordneten zu begrüßen, und zwar die auf Vorschlag der Fraktion der SPD gewählten Herren Dr. Koenigswarter, Neubauer, Professor Schellenberg, Richard Schroeter und Frau Jeanette Wolff, die auf Vorschlag der Fraktion der CDU gewählten Herren Dr. Ferdinand Friedensburg, Ernst Lemmer und Frau Dr. Agnes Maxsein und die auf Vorschlag der Fraktion der FDP gewählten Herren Dr. Hans Henn, Karl Huebner, Dr. Rudolf Will und Frau Dr. Friderike Mulert.
Meine Damen und Herren! Die Tatsache, daß heute 12 neue Abgeordnete Berlins in den Deutschen Bundestag eintreten, wovon einer, Herr Professor Schellenberg, für den ausgeschiedenen Herrn Abgeordneten Suhr in den Bundestag gewählt worden ist, rechtfertigt es, daß etwas mehr gesagt wird als die übliche Begrüßung, die wir bei dem Eintritt von neugewählten Abgeordneten hier auszusprechen pflegen.
Wir haben es als einen großen Notstand empfunden, daß bisher aus Gründen, die wir nicht zu vertreten hatten, Berlin nur in einem wesentlich geringeren Maße als die übrigen Länder der Bundesrepublik Abgeordnete in den Bundestag entsenden konnte. Wir haben das dadurch auszugleichen versucht, daß wir diese von Berlin gewählten Vertreter der Berliner Bevölkerung in unsere Arbeit so eingeordnet haben, daß sie ihren besonderen Auftrag voll wahrnehmen konnten und daß in der parlamentarischen Praxis ein Unterschied zwischen den Berliner und den übrigen Abgeordneten, soweit er uns nicht zwingend auferlegt war, nicht erkennbar geworden ist. Ich glaube im Namen des Hauses zu sprechen, wenn ich sage, daß wir darüber beglückt sind, daß durch den Eintritt dieser 12 neuen Abgeordneten und die damit erfolgende Vermehrung der Zahl der Berliner Abgeordneten auf 19 jedenfalls die Bevölkerung der freien Sektoren Berlins im gleichen Umfange wie die übrige Bevölkerung des Bundesgebiets hier vertreten ist.
Meine Damen und Herren, an der Stirnwand
dieses Saales ist das Wappen der Stadt Berlin
genau so angebracht wie die Wappen der übrigen
Länder des Bundes, das Wappen der Stadt, die
heute aus politischen Gründen nicht zu den Ländern gehört, die unmitelbar die Bundesrepublik
bilden. Diese Zusammenstellung fasse ich als ein
Symbol für die Tatsache auf, daß auch Sie, meine
Damen und Herren, die Sie heute in den Bundestag eintreten, ebenso wie Ihre Kollegen, die bereits bisher dem Hause angehört haben, von uns
in vollem Umfange mit den gleichen Rechten und
Pflichten in unseren Kreis aufgenommen werden.
Trotz aller Hemmnisse und Schwierigkeiten wünschen wir darüber hinaus im Verhältnis der Bundesrepublik zu Berlin einen faktischen Zustand herbeizuführen, den rechtlich zu verwirklichen uns heute noch verwehrt ist.
Ich verstehe aber den Eintritt der 12 neuen Damen und Herren aus Berlin in den Bundestag nicht nur als einen Vorgang, der die westlichen
Sektoren Berlins und die Bundesrepublik angeht. Er betrifft in gleicher Weise die ganze Stadt Berlin und das Gebiet, in dem 18 Millionen Menschen wohnen, denen es heute noch versagt ist, zu uns zu gehören.
Sie, meine Damen und Herren, haben die Pflicht, uns Mahner zu der Aufgabe zu sein, daß wir in allen unseren Entscheidungen diese deutschen Brüder in ihrer Not und in ihrer Hoffnung nicht vergessen. Sie sind dazu besonders befähigt und berufen, und wir werden Ihre Mahnung und Ihren Rat in dieser Frage immer wieder hören. Es mag Ihnen symbolhaft erscheinen, daß der erste Punkt der Tagesordnung der ersten Sitzung des Bundestages, an der Sie teilnehmen, sich mit der Frage der deutschen Einheit befaßt. Daß Ihre und unsere gemeinsame Arbeit unablässig diesem Ziel dient, ist mein sehr herzlicher Wunsch an Sie bei Ihrem Eintritt in den Deutschen Bundestag.
Meine Damen und Herren, ich darf Sie sodann davon in Kenntnis setzen, daß ich dem Herrn Bundespräsidenten zum 31. Januar, d. h. zu seinem 68. Geburtstag, namens des Deutschen Bundestages die herzlichsten Glückwünsche ausgesprochen habe. Ich wiederhole das hier ausdrücklich.
Ich darf nun den Herrn Schriftführer bitten, die Namen der entschuldigten Abgeordneten bekanntzugeben.
Massoth , Schriftführer: Es suchen für längere Zeit um Urlaub nach Abgeordneter Parzinger für 4 Wochen wegen dienstlicher Inanspruchnahme, Abgeordneter Lausen für weitere 3 Monate wegen Krankheit.
Der Präsident hat Urlaub erteilt für 3 Tage den Abgeordneten Dr. Henle, Dr. Oesterle, Dr. Povel, Ahrens, Frau Hütter, Freiherr von Aretin, Dr. Weiß und Dirscherl.
Der Präsident hat Urlaub erteilt für 2 Tage den Abgeordneten Eickhoff und Dr. Friedensburg.
Entschuldigt fehlen die Abgeordneten Günther, Dr. Nowack , Brese, Freudenberg, Dr. Bärsch, Kühn, Vesper, Frau Strohbach, Wönner, Dr. Besold, Dr. Veit, Reimann, Dr. Dorls und Euler.