Rede von
Oskar
Müller
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(KPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)
— Sie scheinen zu träumen! — ich denke, daß gerade mit diesem Gesetz ein Mittel geschaffen wird, um dem sogenannten Schumanplan, diesem Wirtschaftsplan für die Aufrüstung, zum Durchbruch zu verhelfen bzw. ihn in die Tat umzusetzen. Dieses Gesetz hat auf Grund der Beschlüsse der Mehrheit dieses Bundestages jede Möglichkeit einer Regelung der Frage der Selbstverwaltung beseitigt. Mit diesem Gesetz wird die Arbeitslenkung, so wie es der Schumanplan verlangt, entsprechend der Politik des Herrn Dr. Adenauer und der Herren vom Petersberg durchgeführt werden.
Mit diesem Gesetz werden die Mittel des Arbeitsstocks zur Verfügung gestellt, wie es der Herr Finanzminister Schäffer und wie es auch Herr Professor Erhard wünschen. Diese mehr als 700 Millionen DM werden auf Grund der Bestimmungen dieses Gesetzes so eingesetzt werden, wie es Herr Erhard möchte, nämlich zur Förderung der sogenannten Grundstoffindustrie, d. h. der Rüstungsindustrie. Sie werden nicht für die Not der Arbeitslosen und für die Erhöhung der Unterstützungssätze der Arbeitslosen Verwendung finden.
Es war ja der Herr Finanzminister Schäffer, der erst in diesen Tagen davon gesprochen hat, daß die Mittel, die für den sogenannten Verteidigungsbeitrag bei der Aufstellung der deutschen Söldnerarmee für die amerikanischen Kriegsziele von deutscher Seite aufgebracht werden müßten, einmal weitgehend durch Abschöpfung der Steueraufkommen der Länder aufgebracht werden sollten, ja sogar der Anteil des Bundes verdoppelt werden solle. Außerdem hat Herr Schäffer angekündigt, daß die Sozialversicherung stärker herangezogen werden solle. In diesem Rahmen werden selbstverständlich auch die Hunderte von Millionen, die der Bundesanstalt zur Verfügung stehen, in derselben Richtung eingesetzt werden.
Ich möchte also feststellen, dieses Gesetz bedeutet in den Händen einer solchen autoritären Regierung — der Regierung, die ja nichts anderes bezweckt, als mit den amerikanischen Milliardären den Krieg vorzubereiten und durchzuführen — sowohl die Regelung des Arbeitseinsatzes für die Kriegsindustrie als auch die Verwendung der Mittel für diese Zwecke. Das sagt der § 42 dieses Gesetzes so eindeutig, daß man darüber, glaube ich, weiter nichts mehr zu sagen braucht.
Ich möchte in diesem Zusammenhang bedauern, daß unser Antrag, der hinsichtlich der Beseitigung der Drittelung in den Organen gestellt worden ist, von der sozialdemokratischen Fraktion nicht unterstützt worden ist.
Ich denke, ich sollte nun noch ein Wort zu dem Antrag verlieren, den die Deutsche Partei eingebracht hat.
Ich danke, Frau Kalinke, es gibt wohl kaum einen Antrag, der mehr Schaumschlägerei beinhaltet als gerade dieser Ihr Antrag. Frau Kalinke, wer sind denn diejenigen, die die älteren Angestellten auf die Straße werfen? Das sind die Kreise der Wirtschaft, die Ihnen und den Regierungsparteien nahestehen und in ihren Reihen sitzen.
— Wer hat denn diese alten Angestellten entlassen?
Wer ist schuld daran, daß unsere Jugend in einer
solchen Not ist, daß keine Lehrstellen zur Verfügung stehen? Das sind doch Sie, die Regierungsparteien! Wer hat denn den Schumanplan, der eine
große Arbeitslosigkeit unter den Angestellten,
unter der Jugend herbeiführen muß, angenommen?
Das sind Sie doch, meine Herren von den Regierungsparteien!
Sie sind doch verantwortlich für das, wofür Sie jetzt mit diesem Antrag eine schöne Redensart, ein paar salbungsvolle Worte von sich geben.
Die Mittel, die Sie benötigen würden, um der Jugend zu helfen, werden praktisch für die Aufrüstung und die Aufstellung einer Armee zur Verfügung gestellt.
— Frau Kalinke, Sie wollen die Jugend in die Armee der Amerikaner treiben und durch die Not, die Sie selbst erzeugt haben, die Voraussetzungen dafür schaffen, daß sie sich für diese amerikanische Söldnerarmee zur Verfügung stellt.
Ich bin der Meinung — und wir haben wiederholt als Fraktion schon entsprechende Forderungen gestellt —, daß, wenn überhaupt der Jugend und den älteren Angestellten geholfen werden soll, mit der Politik des Herrn Adenauer und mit der Politik dieser Regierungskoalition schnellstens Schluß gemacht werden muß.
Es ist die Politik der Kriegsvorbereitung und Remilitarisierung. So wie dieses Gesetz, das jetzt in dritter Lesung zur Verabschiedung kommen soll, keine andere Aufgabe hat, als in der Linie der Herren vom Petersberg und der Herren Adenauer und Kompanie dieselbe Politik durchzuführen, so haben auch alle übrigen Maßnahmen, die im Antrag Kalinke angesprochen worden sind, keinen anderen Zweck, als das zu verbrämen, was in Wirklichkeit die Politik in Westdeutschland ist. Wir werden dieses Gesetz selbstverständlich ablehnen.
Ich denke, daß draußen in der Öffentlichkeit,
daß bei der Arbeiterschaft, bei den Angestellten
schnellstens Klarheit darüber vorhanden sein wird, welches die wahren Absichten sind, die mit diesem Gesetz verfolgt werden.