Rede von
Dr.
Wilhelm
Gülich
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Staatssekretär Hartmann stellte in den Mittelpunkt seiner Ausführungen, daß es sich um reine Zweckmäßigkeits- und nicht um Glaubensfragen handle; das ist selbstverständlich. Wir machen aus dieser Sache keine Glaubensfrage. Es ist auch zuzugeben, daß nicht alles, was im Drit-
ten Reich zusammengekauft, zusammenenteignet, unter Gewalt oder unter Druck zu einem großen Reichsvermögen vereinigt worden ist, unter allen Umständen Bundesvermögen bleiben soll. Ich selbst habe Ende Januar vorigen Jahres bei einer Interpellation der FDP über das ehemalige Reichsvermögen auf diesen Tatbestand hingewiesen.
Aber das, was Herr Staatssekretär Hartmann gesagt hat, muß doch dahingehend interpretiert werden, daß wir uns diese Sache n cht zu leicht machen; denn es dürfen auf keinen Fall Interessen des Bundes verletzt werden. Herr Staatssekretär Hartmann hat allerdings ausdrücklich bei den interessanten Richtlinien darauf hingewiesen, daß der Verkauf nur in Frage käme, wenn er im Gesamtinteresse der deutschen Volkswirtschaft läge; das soll anerkannt werden.
Der Verkauf so wichtiger großer Unternehmen wie der Howaldtwerke in Hamburg und Kiel ist natürlich nicht unproblematisch. Man bedenke, mit wie großen öffentlichen Mitteln die Howaldtwerke wiederhergestellt wurden, daß sie völlig intakt sind und bestens arbeiten, mit etwa 60 % — jedenfalls weiß ich das von Kiel — Auslandsaufträgen. Es ist also prinzipiell problematisch, ob man von der öffentlichen Hand wiederhergestellte Werke in die Privatwirtschaft überführen, ob man also privaten Interessenten ein derart gut gemachtes Bett geben soll.
Wir haben gehört, daß es sich bisher nur um Vorverhandlungen gehandelt hat; wir haben gehört, daß der Kaufpreis in Devisen bezahlt werden soll. Wir haben aber nichts über die Höhe des Kaufpreises gehört. Die Bewertung eines solchen Objekts ist natürlich nicht einfach. Aber es ist klar, daß der Substanzwert weit höher ist als der Bilanzwert oder gar das Aktienkapital, vom Namen einer solchen Firma und vom Goodwill ganz zu schweigen. Die Tatsache, daß der Hamburger Senat sich bereits gegen den Verkauf ausgesprochen hat, ebenso der Deutsche Gewerkschaftsbund, muß in diesem Zusammenhang vermerkt werden. Gewiß ist es richtig, daß vorläufig nichts passieren kann, weil der Verkauf von Objekten über 250 000 DM vom Bundestag, nach vorheriger Beratung im Haushaltsausschuß, genehmigt werden muß.
Aber es hat sich um die ganze Diskussion über den Verkauf der Howaldt-Werke doch schon sehr viel politischer Zündstoff angesammelt, und es wäre gut, diesen Zündstoff aus der öffentlichen Diskussion herauszubringen. Es ist deswegen an die Adresse der Bundesregierung die ernsthafte Warnung zu richten, die Verkaufsverhandlungen nicht voreilig weiterzutreiben, zumal man noch gar nicht übersehen kann, welche Interessentengruppen mit vielleicht undurchsichtigen Interessen hier die Hand nach deutschen Werten ausstrecken. Die Angelegenheit erscheint uns von so grundsätzlicher Bedeutung, daß es geboten erscheint, den Herrn Bundesminister der Finanzen in diesem Stadium der Verhandlungen zu ersuchen, vor dem Ausschuß für Finanzen und Steuern über die Pläne der Bundesregierung Auskunft zu geben, damit wir im Finanzausschuß jetzt schon zu dieser Frage Stellung nehmen können. Ich stelle deshalb namens meiner Fraktion den Antrag, die Drucksache Nr. 2932 dem Ausschuß für Finanzen und Steuern zur Beratung zu überweisen.