Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ehe ich die Fragen der Interpellation beantworte, darf ich mit einigen Worten die Rechtslage darstellen, wie sie sich nach unserer Ansicht verhält. Der Reichskriegerbund Kyffhäuser e. V. wurde etwa 1937 mit dem NS-Frontsoldatenbund verschmolzen unter der Bezeichnung „NS-Reichskriegerbund ". Unter dem 3. März 1943 verfügte Hitler die Auflösung des Reichskriegerbundes und die Einbringung des Bundesvermögens in die neue Kyffhäuser-Stiftung. Im Kontrollratsgesetz Nr. 2 und dessen Anhang wird der NS-Reichskriegerbund ausdrücklich als aufgelöst" bezeichnet. Das Vermögen der Kyffhäuserstiftung wurde nach dem Zusammenbruch ebenso wie alle übrigen NS-Vermögen durch Kontrollratsgesetz Nr. 2 beschlagnahmt und in Ausführung der Kontrollratsdirektive Nr. 50 durch die Militärregierungen auf die Länder, in der britischen Zone auf den allgemeinen Organisationsausschuß in Celle übertragen. Rechtlich zweifelhaft ist es, ob auch die zahlreichen vom Reichskriegerbund geschaffenen oder ihm zugehörigen Stiftungen und deren Vermögen ein gleiches Schicksal erfahren haben wie der Reichskriegerbund und sein Vermögen. Der Bundesregierung ist bekannt, daß von einzelnen Ländern die Auffassung vertreten wird, durch den angeführten Erlaß Hitlers vom 3. März 1943 und durch einen weiteren Ausführungserlaß des damaligen Leiters der Parteikanzlei Bormann vom 29. Juni 1943 sei nicht nur der NS-Reichskriegerbund, sondern seien auch die rechtlich selbständigen Stiftungen aufgelöst worden und es seien auch deren Vermögen in die Kyffhäuser-Stiftung übergegangen. Auch das Vermögen der Stiftungen des Reichskriegerbundes sei deshalb als ehemaliges NS-Vermögen zu betrachten und entsprechend zu behandeln. Soweit die Schilderung der Rechtslage und der Rechtsansichten.
Zu den Fragen habe ich folgendes zu sagen: Der in Punkt 1 geschilderte Tatbestand ist der Bundesregierung bekannt.
Zu Punkt 2: Die Frage einer Rückgabe des Vermögens des Reichskriegerbundes und der diesem angeschlossen gewesenen Stiftungen hängt ausschließlich davon ab, ob diese Vermögenswerte als NS-Organisationsvermögen anzusehen sind oder nicht. Den Ländern steht nach den Weisungen der Besatzungsmächte die Vermögenskontrolle bzw., soweit es sich um nichtrückerstattungspflichtiges Vermögen handelt, auch das Eigentumsrecht an den NS-Vermögenswerten zu. Die Frage ist also allein zwischen den Belegenheitsländern und den Personen auszutragen, die nachweislich für den ehemaligen Reichskriegerbund zu sprechen legitimiert sind, sowie zwischen den Ländern und den Organen der Stiftungen. Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß das Vermögen des Reichskrieger-
Bundes, nicht aber das Vermögen der Stiftungen NS-Vermögen im Sinne des Kontrollratsgesetzes Nr. 2 und der Kontrollratsdirektive Nr. 50 darstellt. Eine Gesetzgebungsbefugnis über diese Materie hat der Bund aber nicht. Die Bundesregierung hat auch keine Möglichkeit, den Ländern Anordnungen darüber zu erteilen, wie die besatzungsrechtlichen Bestimmungen auszulegen sind. Die Bundesregierung ist aber bereit, den Ländern ihre Rechtsauffassung mitzuteilen und — im Rahmen dessen, was ich vorhin gesagt habe — auf eine einheitliche Rechtsauslegung durch die Länder hinzuwirken.