Meine Damen und Herren! Als im Mali 1950 das Gesetz zur vorläufigen Regelung der Rechtsverhältnisse der im Dienst des Bundes stehenden Beamten im Bundestag beraten wurde, habe ich im Namen der kommunistischen Fraktion bereits darauf hingewiesen, daß damals schon grundlegende Reformen an dem Beamtengesetz vom Jahre 1937 durchgeführt werden müßten. Die Regierung und die Regierungsparteien haben sich damals gegen diese meine Auffassung gewandt mit der Begründung, notwendige Reformen könnten bei dem „baldigst" zu erwartenden neuen Beamtengesetz vorgenommen werden. Heute, meine Damen und Herren, nach mehr als anderthalb Jahren, liegt nunmehr der Entwurf eines neuen Beamtengesetzes vor. Bei Durchsicht dieses Gesetzes mit seinen 189 Paragraphen gelangt man zu der Feststellung, daß dem Beamten zwar ein volles Maß an Pflichten auferlegt wird, daß aber auf der anderen Seite, wo es um die Rechte der Beamtenschaft geht, den Beamten Rechte genommen werden, die nach dem Grundgesetz jedem anderen Staatsbürger zustehen.
Wir Kommunisten sprechen der Regierung und auch dem Parlament das Recht ab, willkürlich durch das Beamtengesetz den Beamten wichtige Teile der Grundrechte zu nehmen, um sie damit zu Staatsbürgern zweiter Klasse zu stempeln, wie dies ganz besonders durch den § 53 des vorliegenden uesetzentwurfs geschieht. Sowohl im ersten wie im zweiten Absatz des § 53 werden den Beamten wesentliche politische Rechte genommen. Im letzten Halbsatz des ersten Absatzes des § 53 wird gesagt:
er
— der Beamte —
darf ... nicht als aktiver Anhänger einer politischen Partei hervortreten.
Im Absatz 2 des § 53 wird gesagt, daß der Beamte aus seinem Amte ausscheiden muß, wenn er ein durch Wahl zu besetzendes öffentliches Amt antritt oder die Aufstellung als Bewerber für die Wahl zum Abgeordneten des Bundestages oder eines Landtages annimmt.
Wir Kommunisten lehnen eine derartige Beschränkung wie überhaupt .jede Beschränkung des passiven Wahlrechts und der politischen Betätigung der Beamten mit aller Entschiedenheit ab. Wir sind vielmehr der Meinung: ein Beamter kann nur dann seine Pflichten dem Volke gegenüber voll erfüllen, wenn er selbst persönlich aktiven Anteil am politischen Leben hat, und es muß unserer Meinung nach Schluß gemacht werden mit der politischen Entrechtung der Beamten, die in keiner Weise, wie ich bereits gesagt habe, mit dem Grundgesetz vereinbar ist.
Die große 'Mehrzahl der Beamten wehrt sich mit vollem Recht gegen eine solche verfassungswidrige Behandlung. Diese Beamten kommen bei der Ablegung des von ihnen geforderten Eides in sehr ernste Gewissenskonflikte. Sie sind nämlich nach § 58 des neuen Beamtengesetzes verpflichtet, einen Diensteid folgenden Inhalts zu leisten:
Ich schwöre, das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland und alle in der Bundesrepublik geltenden 'Gesetze zu wahren und meine Amtspflichten gewissenhaft zu erfüllen, so wahr mir Gott helfe.
Das ist der genaue Text, wie er im Beamtengesetz vorgesehen ist. Ich stelle die Frage: Wie kann ein Beamter einen solchen Eid mit voller Überzeugung leisten, wenn er selbst erfahren muß, daß ihm durch das Beamtengesetz Grundrechte abgesprochen werden, die das 'Grundgesetz allen anderen Staatsbürgern zubilligt?
Ich habe bereits davon gesprochen, daß dem Beamten ein volles Maß an Pflichten auferlegt wird. Betrachtet man demgegenüber einmal die wirtschaftliche Situation, insbesondere die der unteren und mittleren Beamten, dann kommt man allerdings zu der Feststellung, daß der größte Teil der Beamten keineswegs entsprechend der von ihnen geforderten Leistung und der zu tragenden hohen Verantwortung entlohnt wird. Diese -Tatsache ist der Regierung sehr wohl bekannt; sie hat aber, wie das Haus ja weiß, bisher nichts Entscheidendes unternommen, den berechtigten Forderungen der Beamten auf Erhöhung ihrer Bezüge Rechnung zu tragen. Sie hat die Beamten auf eine neue Gehaltsordnung vertröstet. Nach Lage der Dinge werden
die Beamten — das habe ich früher schon gelegentlich hier zum Ausdruck gebracht — aber noch sehr lange auf die Neuregelung ihrer Gehälter warten müssen, da die Regierung in diesem Hause erklärt hat, daß die Besoldungsreform erst in Angriff genommen werden soll, wenn das zur Beratung stehende Beamtengesetz verabschiedet sein wird. Abgesehen davon, daß das neue Beamtengesetz wahrscheinlich erst in Monaten zur Verabschiedung gelangen wird, wird nach den Erfahrungen der letzten zwei Jahre eine neue Besoldungsordnung für Beamte vielleicht erst in Jahren Wirklichkeit werden. Mit vollem Recht — das kann man immer wieder sagen — erheben die Beamten durch ihre Organisationen die berechtigte Forderung auf eine Entlohnung, die den gegebenen Verhältnissen entspricht und die Existenz ihrer Familien sichert.
Wie katastrophal die wirtschaftlichen Verhältnisse insbesondere bei den unteren und mittleren Beamten sind, geht aus einer Denkschrift des Deutschen Gewerkschaftsbundes hervor. Darin wird gesagt, daß der großte Teil der unteren und mittleren Beamten in großem Ausmaß verschuldet ist, und es wird ein Beispiel aus einer süddeutschen Großstadt gebracht, wonach bereits im Jahre 1949 an Beamte und Angestellte Unterstützungen und Beihilfen in Höhe von über 171 000 DM gezahlt werden mußten. Wer in der Geschäftswelt einmal nach der Verschuldung der Beamten fragt, wird zur Antwort bekommen, daß in einem fast nicht mehr tragbaren Umfang Abzahlungsgeschäfte getätigt werden müssen und daß in den Kundenlisten vieler Geschäftsleute das Konto zahlreicher Beamten offensteht.
Was die Stellung der weiblichen Beamten betrifft, so sind wir Kommunisten für die uneingeschränkte Gleichstellung der Beamtin mit ihrem mannlichen Kollegen. Wenn nun heute der Herr Innenminister zum Ausdruck gebracht hat, daß diese Stellung der Beamtin mit dem neuen Gesetz erreicht werden soll, so mag das vielleicht auf dem Papier für die kommende Zeit Gültigkeit haben; wer aber in solchen Fragen Erfahrung hat, der muß sehr wachsam sein, damit dann auch später dieses Gesetz gerade in dieser Frage restlos innegehalten wird, und da bestehen bei mir heute noch sehr große Zweifel.
Zum 'Schluß bringe ich zum Ausdruck, daß die kommunistische Fraktion die Forderungen des Deutschen Gewerkschaftsbundes auf eine Personalvertretung der Beamtenschaft unterstützt. Wir sind dafür, daß der Beamtenschaft das volle Mitbestimmungsrecht innerhalb eines allgemeinen Betriebsverfassungsgesetzes auch gesetzlich zugesichert wird. Ebenso unterstützen wir die Forderung des Deutschen Gewerkschaftsbundes auf Beteiligung der Gewerkschaften an der weiteren Gestaltung des Beamten- und Besoldungsrechts und auf Heranziehung der Gewerkschaften bei Entscheidungen über grundsätzliche Beamtenfragen.
Der vorliegende Entwurf eines neuen Beamtengesetzes entspricht den berechtigten Interessen und Forderungen der Beamtenschaft keineswegs in vollem Maße. Nach den bisherigen Erfahrungen ist auch kaum damit zu rechnen, daß, wenn dieses Gesetz nach monatelangen Beratungen im Ausschuß dem Hause wieder vorliegt, etwas wesentlich anderes daraus geworden ist.