Rede von
Margot
Kalinke
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(DP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Wir begrüßen dieses Bundesbeamtengesetz nicht nur, weil es die staatspolitische Notwendigkeit des Berufsbeamtentums bejaht. Für die Beamtinnen und für die berufstätigen Frauen ist die Anerkennung ides Berufsbeamtentums noch mehr als eine staatserhaltende und staatstragende Notwendigkeit. Herr Professor Dr. Nöll von der Nahmer hat das Wort vom „Berufsidealisten" geprägt. Ich glaube, daß gerade unter den Beamtinnen und unter den berufstätigen Frauen diese Berufsidealistinnen in ganz großer Zahl vertreten sind. Für die Frauen im Beruf ist es außerordentlich wichtig, daß der Staat mit diesem Gesetz eine Verpflichtung übernimmt, das Ethos des Berufs anzuerkennen, eines frei gewählten Berufs, für den die Beamtinnen im eigenen Interesse wie in dem des Berufs gut ausgebildet sein sollen. Denn für eine Frau ist ein Beruf nur zum Zwecke des Erwerbs eine Unmöglichkeit und ein Beruf als Lebensaufgabe die notwendige Voraussetzung der Leistung.
Daher resultieren auch eine Reihe von Forderungen der Beamtinnen zu diesem Gesetz. Wir hoffen hinsichtlich der Laufbahngrundsätze, nach denen, wie der Herr Minister gesagt hat, die Zulassung des Aufstiegs in eine höhere Laufbahn und die Vornahme der Beförderung nur nach fachlicher Eignung und Leistung erfolgen soll, daß die Frauen in Zukunft, nämlich bei der praktischen Durchführung des Gesetzes, auch in der Zahl mehr
als bisher berücksichtigt werden. Bei der Auslese für den Vorbereitungsdienst und für die Ablegung der Prüfungen bedauern wir außerordentlich, daß das trotz aller Deklamationen noch nicht der Fall ist.
Auch wir bejahen und begrüßen das Fallen der Zölibatsklausel.
Auf die einzelnen Punkte, die im Ausschuß noch diskutiert werden sollen, ist schon von den Rednern, die vor mir gesprochen haben, hingewiesen worden. Ich möchte nur darauf aufmerksam machen, daß die Regelung, die hinsichtlich des Sterbegeldes in § 119 getroffen ist, auch für die Hinterbliebenenabfindung getroffen werden sollte, daß nämlich zu den Hinterbliebenen nicht nur der Ehemann und die Kinder gehören, sondern im Zeichen der großen Verschiebung der sozialen Struktur und der Unterhaltsverpflichtungen der Beamtinnen auch die Angehörigen in aufsteigender Linie, die von ihnen unterhalten werden.
Herr Kollege Menzel hat auf die „politische Anfälligkeit" der Beamten hingewiesen, und mein Kollege Farke hat darauf schon geantwortet. Als Frau habe ich den Wunsch, daß unsere Beamtinnen endlich nach dem Terror der vergangenen Jahre auch befreit werden von dem sehr oft leider vorhandenen Terror der Gegenwart, von dem Zwang zu einer Koalition, die sie nicht aus der Freiheit wählen. Deshalb möchten wir, daß nicht nur unter Mitwirkung der Spitzenorganisationen der Gewerkschaften, sondern unter Mitwirkung a 11 e r Organisationen, in denen sich die Beamtinnen wie die Beamten frei zu koalieren wünschen, die Interessen der Beamtinnen vertreten werden. Wir wünschen nicht, daß Beamtinnen erst Mitglied des Deutschen Gewerkschaftsbundes oder der SPD werden müssen, so wie sie früher Mitglied der DAF und der NSDAP werden mußten,
um ihre Befähigung für die Beförderung unter Beweis zu stellen. Das echte Berufsbeamtentum wird eine Säule des Staates nur dann sein, wenn Beamtinnen und Beamte nebeneinander verantwortungsbewußt in ihrem Beruf den Staat tragen werden.