Rede von
Heinrich Georg
Ritzel
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Hohe Haus hat sich vor einiger Zeit mit der Freigabe der Strafverfolgung des Herrn Abgeordneten Volkholz befassen müssen. In diesem Verfahren sind neue Tatbestände entstanden, die vorhin Veranlassung gegeben haben, daß mich der Vertreter des Herrn bayerischen Justizministers auf Grund eines Fernschreibens, das an den Herrn Bundesjustizminister gerichtet ist, in meiner Eigenschaft als Vorsitzer des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität am Fernsprecher darum gebeten hat, noch heute eine Entscheidung des Hohen Hauses in bezug auf die Aufhebung der Immunität, die Freigabe der Strafverfolgung und die Erlaubnis zur Verhaftung des Abgeordneten Volkholz zu erwirken.
Der Ausschuß für Geschäftsordnung und Immunität hat sich mit der Angelegenheit befaßt. Es handelt sich um folgenden Tatbestand: Das Ermittlungsverfahren gegen den Abgeordneten Volkholz wegen seiner Rede in Zwiesel Anfang Juni 1951 durch den Oberstaatsanwalt Dr. Weiß-Eggendorf hat neue Ergebnisse gebracht. Der bayerische Justizminister übergab dem Oberstaatsanwalt Dr. Weiß die Weiterleitung der Maßnahmen, die hier ergriffen werden müssen. Die Ermittlungen in dem Verfahren gegen den Abgeordneten Volkholz haben zu einem Haftbefehl des Amtsgerichts Regen vom 10. Januar 1952 gegen seinen Hauptzeugen wegen dringenden Verdachts des Meineids geführt.
Der Hauptzeuge Reiman hat vor dem Ältestenrat des bayerischen Landtags am 14. November 1951 unter Eid ausgesagt, daß er seine Aufzeichnungen über die Rede Volkholz in Zwiesel während der Versammlung in dem vorgewiesenen blauen Heft gemacht habe. Die Ermittlungen haben ergeben, daß die Aufzeichnungen in einem anderen Heft gemacht worden sind. Es besteht der dringende Verdacht, daß die Aufzeichnungen in dem vorgewiesenen falschen Heft gemeinsam mit Volkholz verfaßt worden sind. Dieser Verdacht wird dadurch bestärkt, daß Volkholz selbst bei seiner Einvernahme zugegeben hat, dem Zeugen ein Kraftfahrzeug im Wert von 4000 DM bei sofortiger Anzahlung von 700 DM und im übrigen auf Grund Bürgschaft seiner Frau überlassen oder ihm gekauft zu haben. Außerdem steht fest, daß der Zeuge Reiman an einem dritten Ort eine Zusammenkunft mit Volkholz vor dessen Vernehmung am 7. Januar 1952 herbeigeführt hat, um seine Aussagen mit den Aussagen von Volkholz abzustimmen.
Daraus ergibt sich für den Oberstaatsanwalt der dringende Verdacht der Anstiftung zum Meineid. Der Oberstaatsanwalt befürchtet, daß nur bei rascher Vollstreckung des Haftbefehls wegen Ver-
dunklungs- und Fluchtgefahr wahrheitsgetreue Ermittlungsergebnisse erzielt werden können. Er bittet deshalb im Einvernehmen mit dem bayerischen Justizminister und in dessen Auftrag um den vorerwähnten Beschluß.
Der Auschuß für Geschäftsordnung und Immunität hat sich in eingehender Aussprache mit der Angelegenheit befaßt und mit Mehrheit beschlossen, dem Hohen Hause folgenden Beschluß zu empfehlen:
Der Bundestag wolle beschließen,
die Genehmigung zum Strafverfahren und zur Verhaftung gegen den Abgeordneten Volkholz wegen Verdachts der Verleitung zum Meineid zu erteilen.
Ich bitte Sie, dementsprechend zu beschließen.