Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Gegenstand, zu dem ich als Berichterstatter das Wort nehmen möchte, ist zwar noch in der vorhergehenden heutigen Sitzung entstanden und durch eine Abstimmung bereits erledigt worden, aber ich glaube mich doch verpflichtet, insbesondere im Hinblick auf die Formulierungen des Berichts
und die Bemerkungen Professor Carlo Schmids heute nacht zwei Punkte noch einmal darzustellen, so, wie sie mir als Berichterstatter nach den Unterlagen erscheinen müssen.
Herr Professor Carlo Schmid hat gestern, oder vielmehr heute nacht in der Begründung seines Antrags gesagt, im Auswärtigen Ausschuß sei von den Vertretern der Regierung zugegeben worden, daß Berlin Unionsausland ist. Ich habe mir das Protokoll der 67. Sitzung daraufhin angesehen und darf, glaube ich, von dem Protokoll insoweit Gebrauch machen, als der Herr Vorsitzende dieses Ausschusses laut Protokoll diese Beanstandung erhob, daß Berlin nicht expressis verbis als zwölftes Bundesland in dem Vertrag enthalten sei. Dazu findet sich noch die Bemerkung, daß, wenn der Vertrag so ratifiziert werden solle, die Bundesregierung zumindest eine entsprechende Erklärung abgeben müsse.
Laut der protokollarisch vermerkten Äußerung des Herrn Staatssekretärs Professor Hallstein ist dann auch eine entsprechende Äußerung der Bundesregierung zugesagt worden, die Möglichkeiten der rechtlichen Beurteilung zu prüfen, nämlich entweder, daß es zur Aufnahme Berlins einer ausdrücklichen vertraglichen Nennung bedürfe — das war im Ausschuß für Wirtschaftspolitik nie die Auffassung der Bundesregierung — oder aber nur einer deklaratorischen Bestätigung bedürfe. Sie haben im Laufe der heutigen Nachtsitzung die Ausführungen des Herrn Kollegen Tillmanns zur Frage Berlin gehört. Genau so hat die Mehrheit im Ausschuß für Wirtschaftspolitik die Situation Berlins angesehen. Insbesondere hat ja auch die Regierungserklärung nochmals darauf hingewiesen, daß
Berlin — zwar mit einer Klausel — bereits laut Grundgesetz zur Bundesrepublik gehört, daß die Bundesregierung für Berlin de facto die handelsvertraglichen Abmachungen trifft, daß Berlin durch die Bundesrepublik und Bundesregierung mit Kohle versorgt wird, daß also de facto alle Voraussetzungen des Grundgesetzes bereits gegeben sind. Im folgenden darf ich aber die Regierungserklärung noch einmal zitieren:
Hiernach ist die Herstellung der Voraussetzungen für die Anwendung des Vertrages auf das Gebiet von Berlin abhängig von der Gestaltung des Verhältnisses der Bundesrepublik zu Berlin. Über die Klarstellung dieses Verhältnisses wird zur Zeit im Zusammenhang mit der Ablösung des Besatzungsstatuts verhandelt. Die Verhandlungen nehmen einen günstigen Verlauf.
Das heißt also, daß sich laut Regierungserklärung auch die deklaratorische Klarstellung, soweit sie noch für erforderlich erachtet wird, im besten Zuge der unmittelbaren Verwirklichung befindet, so daß es mit Recht zu der Auffassung der Mehrheit des Wirtschaftspolitischen Ausschusses kommen konnte.
Ich habe auch nicht den Eindruck gehabt, als ob die Äußerungen der Bundesregierung im Auswärtigen Ausschuß so zu verstehen sein müßten, daß Berlin in dem Sinne als Unionsausland betrachtet werden könne, daß es unter allen Umständen einer
zusätzlichen vertraglichen Regelung zur Beseitigung eines derartigen Zustandes oder einer derartigen Auffassung bedürfe.
Der zweite Punkt, Herr Professor Carlo Schmid, sind Ihre Ausführungen im Zusammenhang mit der Begründung des Antrags Drucksache Nr. 2972 betreffend das Gesetz Nr. 27. Laut Protokoll sagten Sie:
Die Hohe Behörde wird an das Gesetz 27 gebunden sein; denn dieses Gesetz gilt ja als internationale Vereinbarung, und die Hohe Behörde ist ja an bestehende internationale Vereinbarungen gebunden.
Die Auffassung der Mehrheit des Ausschusses war, daß das Gesetz Nr. 27 niemals als internationale Vereinbarung gelten könne, sondern daß es ein einseitiger Besatzungsakt ist und daß dieser Charakter auch noch durch die Änderung der Präambel zu den Durchführungsverordnungen 6 und 7 zu diesem Gesetz, über die im Wirtschaftspolitischen Ausschuß ausführlich gesprochen worden ist, besonders unterstrichen worden ist. Aber das mag in diesem Zusammenhang sogar ohne Bedeutung sein; denn der Schumanplan-Vertrag enthält an keiner einzigen Stelle eine Formulierung, nach der die Montan-Union an derartige internationale Vereinbarungen gebunden sei. Und wenn auch wohl, wie mir aus den Besprechungen während der Vertragsverhandlungen in Paris noch erinnerlich ist, eine solche Klausel einmal zur Debatte gestanden haben mag, sie findet sich jedenfalls in dem endgültigen Vertrag nicht mehr, so daß ich als Berichterstatter der Meinung bin, daß insofern von dem Herrn Antragsbegründer ein im Vertrag nicht zu haltender Tatbestand angeführt worden ist.