Rede von
Dr.
Anton
Besold
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(BP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn meine Fraktion und ich in dieser Sache beharrlich bleiben, so nicht bloß deshalb, weil es sich um die Verteidigung echter und bewährter Berufsinteressen handelt, sondern weil es auch darum geht, verbürgte Rechte und anerkannte Rechtsgrundsätze nicht falschen Erwägungen, Spekulationen und Versicherungsgeschäften kampflos zu opfern.
Wir haben gegen dieses Gesetz verfassungsrechtliche Bedenken schon im wirtschaftspolitischen Ausschuß und auch im Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht geltend gemacht, und wir möchten diese Bedenken hier im Plenum noch einmal vortragen, weil sie von grundsätzlicher Bedeutung sind.
Zunächst stellen wir fest, daß die Zuständigkeit des Bundes überhaupt nicht gegeben ist, und zwar deshalb nicht, weil es sich hier um eine konzessionspflichtige öffentlich-rechtliche Tätigkeit des Kaminkehrergewerbes handelt. Bei der Zuständigkeitsfrage muß man sich darüber klarwerden, ob man das Kaminkehrwesen überwiegend als eine öffentlich-rechtliche Angelegenheit oder als handwerkliche Tätigkeit ansieht. Die öffentliche Stellung der Kaminkehrer tritt gegenüber ihrer handwerklichen und gewerblichen Tätigkeit unter allen Umständen in den Hintergrund. Das geht schon daraus hervor, daß der Kaminkehrer zunächst — aus feuerpolizeilichen Gründen — Beauftragter der Polizeibehörde ist. Außerdem weist die Einführung gerade der Altersgrenze durch dieses Gesetz darauf hin, daß es sich hier um eine dominierend von öffentlicher Verantwortung getragene Tätigkeit handelt, weil eine Altersgrenze eben nur auf Grund einer solchen öffentlich-rechtlichen Tätigkeit eingeführt werden kann. Dieser Standpunkt wurde auch von den Behörden in dem Prozeß vor dem Oberverwaltungsgericht in Münster vertreten, wie aus dem Urteil vom 14. Dezember 1950 hervorgeht. Der beklagte Regierungspräsident hat in diesem Prozeß seine Einwendungen mit der öffentlich-rechtlichen Stellung des Kaminkehrers begründet.
Handelt es sich aber um eine öffentlich-rechtliche Stellung mit Rücksicht auf die feuerpolizeilichen Befugnisse, dann ist hier eine ausschließliche Zuständigkeit der Länder gegeben, weil die feuerpolizeilichen Merkmale zuvörderst zu berücksichtigen sind. Ist dagegen die Grundlage des Kaminkehrwesens handwerklicher Art, dann gibt es überhaupt keine Altersgrenze. Keine Verordnung und kein Gesetz, auch nicht die Gewerbeordnung, kennt eine Altersgrenze für Handwerker, insbesondere nicht für Kaminkehrer. Ein Gewerbetreibender kann nicht genötigt werden, sein Gewerbe in vorgerücktem Alter aufzugeben. In keinem Lande der Welt kennt man eine Altersgrenze für die Handwerksmeister. Sie wäre nur möglich, wenn der öffentliche Charakter eines solchen Handwerks überwiegt. Der Rechtsausschuß hat sich auf den Standpunkt gestellt, daß das Kaminkehrgewerbe zuvörderst eine handwerkliche Grundlage habe, somit also Art. 74 Ziffer 11 für die Zuständigkeit maßgebend sei. Trifft das zu, so ist auf keinen Fall das Bedürfnis für eine bundesrechtliche Regelung nach Art. 72 Abs. 2 gegeben.
Aus der Begründung der Gesetzesvorlage sind folgende Hauptpunkte herauszugreifen: Es wird behauptet, durch die bisherige Regelung sei die öffentliche Sicherheit gefährdet. Meine Damen und Herren, so wie das Kaminkehrgewerbe zur Zeit fachlich-beruflich geregelt ist, steht fest, daß aus einer über hundertjährigen Tätigkeit dieses Gewerbes den Behörden keinerlei Beanstandungen bekanntgeworden sind, daß man in der bisherigen Regelung keine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit erblicken kann.
— Herr Präsident, ich darf doch um Aufmerksamkeit bitten!
In der Begründung wird weiter fälschlicherweise behauptet,
daß die sozialen Grundlagen durch den gegenwärtigen Zustand aufs.. schwerste erschüttert seien, daß die nachrückenden Kräfte, insbesondere die Gesellen, benachteiligt würden und daß eine Überalterung der Gesellen in diesem Gewerbe vorliege. Was ist die Wahrheit? Durch dieses Gesetz wird gerade und besonders die Ordnung der bayerischen Kaminkehrer —
— ich danke Ihnen für das Kompliment! — in Gefahr gebracht.
Man sagt und beruft sich darauf, daß die Gesellen
nicht nachrücken könnten. Ich möchte Ihnen hier
sagen, meine Damen und Herren: es ist scheinbar
offensichtlich versäumt worden, die Wahrheit zu sagen.
Das sind doch schließlich und endlich Tatsachen, und ich möchte, auch wenn es sich nur um einen beschränkten Kreis von Männern handelt,
doch wissen, warum Sie hier in dieser Art und Weise reagieren.
Hören Sie nur zu, was diese Leute zugunsten der Flüchtlinge geopfert haben!
— Ich weiß nicht: sind wir hier in einem Zirkus oder in einem parlamentarischen Gremium?