Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich glaube nicht, daß es der Bedeutung der Angelegenheit nicht gerecht wird, wenn wir uns heute auf allen Seiten die Wiederholung dessen ersparen, was anläßlich der zweiten Lesung gesagt worden ist. Es ist wahrscheinlich jedem von Ihnen — oder mindestens den Damen und Herren, die unmittelbar mit den Angelegenheiten zu tun haben —, in den letzten Tagen noch durch den Posteingang ganz klar geworden, mit welcher Aufmerksamkeit die beteiligten Kreise in unserem Lande — und die zählen in diesem Fall leider, leider in die Millionen — dem folgen, was hier beschlossen werden soll. Insbesondere wird Ihnen allen klar geworden sein, wieviel berechtigte Beschwerden darüber laut werden, daß wir mit dem Schadensfeststellungsgesetz eine Auswahl der
Schäden treffen, die festgestellt werden sollen. Gerade wenn man zu den Leuten gehört, die um ein Schadensfeststellungsgesetz gekämpft haben, muß man zugeben, daß die Empörung derjenigen, die nun von der Feststellung ausgeschlossen werden, berechtigt ist. In etwa haben Sie ja durch einen Abänderungsantrag versucht, den verheerenden Eindruck zu verwischen, der durch die Vorlage, wie sie die Mehrheit des Ausschusses dem Hause zur zweiten und dritten Lesung vorgelegt hat, entstanden ist. Während Sie sich damals auf die Vertreibungsschäden und auf die Kriegssachschäden beschränkt haben, haben sie nun — sicherlich im Bewußtsein der Tatsache, daß nicht einmal alle Kriegssachschäden auf solche Weise festgestellt werden' können, sondern daß hierbei &ne sehr erhebliche Differenz zwischen den Möglichkeiten für die einheimische und denen für die vertriebene Bevölkerung entsteht — mit dem Zusatz der „Ostschäden" den Versuch gemacht, das in etwa auszugleichen. Hoffentlich ist denjenigen, die diesen Antrag eingebracht, und allen, die ihm zugestimmt haben — meine Freunde haben das ausdrücklich nicht getan — klar, daß diese Ergänzung des § 1 auch nicht annähernd den meiner Meinung nach berechtigten Wünschen entspricht, die gegenüber einem Feststellungsgesetz, wie es heute verabschiedet werden soll, in der Öffentlichkeit laut werden.
Meine Damen und Herren, bitte halten Sie sich noch einmal ganz klar hinsichtlich des Zweckes des Gesetzes vor Augen: entweder es wird das festgestellt, was im Rahmen des Lastenausgleichs feststellungsbedürftig ist, oder aber es wird schlechthin festgestellt. Wir haben jetzt in das Feststellungsgesetz schon einige Dinge hineingenommen, von denen diejenigen, die an der Lastenausgleichsgesetzgebung arbeiten und über den Stand der Beratungen im Bilde sind, vor allen Dingen die, die im Laufe der Beratungen gelernt haben, d' e Grenzen des Möglichen zu sehen, und die den Mut aufbringen, sich zu diesen Grenzen auch zu bekennen, wissen, daß das, was hier festgestellt werden soll. nicht in den Lastenausgleich einbezogen wird. Wir versuchen, uns gegen das Erwecken von Illusionen aus der Feststellung dadurch zu schützen, daß wir in § 2 ausdrücklich sagen, daß das eine mit dem andern nichts zu tun hat, daß die Feststellung der Schäden nicht zu Erwartungen in puncto Lastenausgleich berechtigt. Wenn wir das tun, meine Damen und Herren, dann ist die Verpflichtung um so größer, nun auch all die Schäden festzustellen, die sonst noch entstanden sind. Aus diesem Grunde und in dem Bemühen, nun ein richtiges Feststellungsgesetz hier zu verabschieden, wenn es schon mit aller Gewalt verabschiedet werden soll, schlagen wir Ihnen vor, aufs Ganze zu gehen, ganze Arbeit zu leisten und an Stelle der von Ihnen neulich hereingebrachten Ziffer 3 — Ostschäden —, so wie wir Ihnen das neulich schon vorgeschlagen haben, durch eine Ziffer 3 die Sparerschäden und eine Ziffer 4 Schäden durch kriegsbedingten Vermögensentzug in die Feststellung einzubeziehen.
Ich darf in diesem Zusammenhang auch auf die Ziffer 2 unseres Antrags eingehen, mit der wir vorschlagen, in § 7 u. a. den Abs. 1 zu streichen. Hier handelt es sich darum, &ne willkürlich gezogene Grenze für die Feststellung abzuschaffen und im ganzen Umfange festzustellen. Es dreht sich gerade hier um sehr wesentliche Schadenstatbestände, insbesondere um die Begründung eines gleichen Rechts für die, die kriegsbedingte Vermögensschäden erlitten haben, ohne daß sie vertrieben sind; denn niemand wird begreifen, daß man den Bonner Bürger bezüglich des Verlusts seines Hauses im Vertreibungsgebiet anders behandelt als den Vertriebenen bezüglich seines Verlusts im Bundesgebiet.
Meine Damen und Herren! Im Ernst, Sie wissen, daß wir von vornherein alle Bedenken gegen ein vom Lastenausgleich losgelöstes Feststellungsverfahren haben; Sie wissen, daß wir uns im Ausschuß in redlicher Arbeit darum bemüht haben, für diese unsere Bedenken auch bei der Mehrheit Verständnis zu finden. Das ist uns nicht gelungen. Daraus folgt aber für uns die Verpflichtung, dem Hause nun zu einem richtiggehenden Feststellungsgesetz zu verhelfen; und diese Anstrengungen sollten insbesondere von denen gewürdigt werden, die in der Öffentlichkeit durch ihr Eintreten, durch ihre immer wiederholten Forderungen nach einem Feststellungsgesetz die Erwartungen so hoch gespannt haben, wie sie heute sind. Wir sollten diese Hoffnungen im Interesse der parlamentarischen Arbeit, aber auch im Interesse der Glaubwürdigkeit der politischen Versprechungen im Zusammenhang mit dem Lastenausgleich nicht enttäuschen.
Bitte, stimmen Sie unseren Anträgen zu, wie sie hier unter Ziffer 1 und 2 auf Umdruck Nr. 397 vor Ihnen liegen.