Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir, im Rahmen einer Grundsatzaussprache über das Investitionshilfegesetz auch vom Standpunkt meiner Freunde aus noch einiges Zusätzliche zu sagen. Wir haben gerade in jüngster Zeit eine sehr interessante Studie über die
Investitionen in aller Welt bekommen, und zwar in dem jüngst erschienenen Heft „Die Entwicklung der Investitionen in der Bundesrepublik" des Instituts „Finanzen und Steuern" in Bonn. Hier sind sehr wertvolle Untersuchungen über das grundsätzlich Notwendige auf diesem Gebiet angestellt worden. Nach diesen Untersuchungen sind im Kalenderjahr 1951 die Bruttoinvestitionen je Kopf der Bevölkerung in USA-Dollar nach dem amtlichen Kurs und nach der Kaufkraftparität folgende gewesen: in der Bundesrepublik Deutschland 139,84, in Großbritannien 171,84, in Frankreich 180,27, in Italien 76,51, in Schweden 173,47, in Dänemark 165,50, in den Niederlanden 180,08 und in den USA 451,99. Aus diesen Zahlen ergibt sich eine sehr interessante und eine sehr wesentliche Tatsache, daß nämlich die Gesamtinvestition — je Kopf der Bevölkerung gerechnet — in Deutschland die zweitschlechteste gewesen ist. Wir werden im Minimum nur von den Italienern übertroffen werden, und die Amerikaner — als Beispiel — haben etwa 320 % — etwa, ich habe es nicht genau ausgerechnet — mehr investiert als wir. Damit ist allerdings nicht gesagt — und das muß auch mit Deutlichkeit gesagt werden —, daß der Anteil der Bruttoinvestitionen am Bruttosozialprodukt, zu Marktpreisen gemessen, schlecht gewesen ist. Die Vergleichszahlen für das Kalenderjahr 1951 sind hier: in der Bundesrepublik Deutschland 23,65 %, in Großbritannien 15,74 %, in Frankreich 21,33 %, in Italien 23,06 %, in Schweden 18,53 %, in Dänemark 18,80 %, in den Niederlanden 26,90 % und in den USA 21,65 %. Also gemessen am Bruttosozialprodukt haben wir einen sehr hohen Anteil geleistet. Das ist etwas, was gegen Sie spricht, Herr Kurlbaum, daß nämlich die bisherigen Methoden im Rahmen der Leistungsmöglichkeit bei uns einen sehr hohen Anteil an Investierungen ermöglicht haben. Das ist ein Faktum, das nicht zu gering zu bewerten ist. Wenn die andern — absolut gesehen
— sehr viel mehr haben investieren können, wie ich eingangs sagte, so liegt das ganz einfach daran, daß diesen anderen erhebliche weitere Finanzierungsquellen zur Verfügung gestanden haben als uns.
— Ich habe gerade darüber diskutiert, daß wir — und zwar mit den Methoden, die bisher angewandt worden sind, die Sie ja verfluchen und von denen Sie sagen, daß sie falsch seien —, an den absoluten Möglichkeiten gemessen, zu der höchstmöglichen Quote gekommen sind. Nur die Niederlande haben es zu einer höheren Quote gebracht. So liegen wir in dieser Sicht der Dinge — im Rahmen der Möglichkeiten — an zweitbester Stelle. Das ist eine Tatsache, die gesehen werden muß.
Richtig ist nun allerdings, daß die Grundstoffindustrien in einem besonders schlechten Maße investiert haben.
— „Na also"? Weiß Gott, zu einem nicht kleinen Teil liegt das daran, daß die Investitionen wegen der Aufgaben auf den übrigen Gebieten hier nicht getätigt worden sind, weil gerade der Widerstand der Linken dieses Hauses verhindert hat, auch hier die Finanzierungsmethoden in Gang zu setzen, die den übrigen investitionsbedürftigen Industriezweigen weitgehend Hilfe gebracht haben.
Wenn ich noch daran denke, wie in unserem Ausschuß bei den damals sehr minimalen Erhöhungen der Stahl- und Kohlepreise gerade Ihre Freunde von der Linken sich dagegen gewehrt haben, daß auch nur ganz bescheidene Abschreibungsmöglichkeiten, also Regenerationsmöglichkeiten der vorhandenen Produktionsmittel bewilligt wurden, dann zeigt das gerade, daß Sie in der Grundsatzfrage auf dem falschen Weg gewesen sind. Das muß an dieser Stelle noch einmal mit aller Deutlichkeit und mit aller Klarheit gesagt werden.
Meine Damen und Herren, ich glaube, wir sind uns im Hause im Prinzip aber nicht darüber uneinig, daß Investitionen in den Grundstoffindustrien in hohem Umfang vorgenommen werden müssen. Im Bergbau haben nach dem Jahresbericht der Kreditanstalt für Wiederaufbau im Jahre 1950 anerkannte Investitionsbedürfnisse in Höhe von 735 Millionen DM bestanden. Davon konnten nur 80 Millionen DM über ECA-Mittel bewilligt werden; 655 Millionen DM sind offengeblieben. Bei Eisen und Stahl waren die entsprechenden Ziffern: Bedarf 400 Millionen DM, durch die ECA erfüllt 75 Millionen DM, offengeblieben 325 Millionen DM. Bei der Elektrizitätswirtschaft: laufend vorhandener Bedarf 330 Millionen DM, ECA 275 Millionen DM geholfen, 55 Millionen DM sind offengeblieben; und Neuvorhaben 440 Millionen DM, die in voller Höhe offen sind. Bei Gas und Wasser sind 100 Millionen DM völlig offengeblieben. Also hier sind in der Tat die wichtigsten Ziele nicht realisiert worden. Deswegen ist das Gesetz über die Investitionshilfe notwendig, damit durch eine aktive Investitionspolitik dafür gesorgt werden kann, daß die Engpässe beseitigt werden.
Das vorliegende Gesetz sieht drei Wege vor. Der eine Weg ist im Prinzipiellen unstreitig. Ich glaube, daß auch die SPD im Grunde der Regelung betreffend die Verfügung über die eine Milliarde ihre Zustimmung gibt, weil hierdurch eine Investitionsumlenkung erzielt wird. Herr Kurlbaum hat dann auch gesagt, daß dies eine echte Investitionsumlenkung sei. Ich rede nicht darüber, ob ihm das genug oder zu wenig ist; aber ich glaube, im Prinzip ist Ihnen doch offenbar dieser Weg recht. So habe ich Sie verstanden. Die Frage ist nur: Müßte man diesen Weg über eine unbestimmte Anzahl von Jahren fortsetzen? Das ist Ihr Wunsch. Da sind Sie, glaube ich, eben in einer falschen Vorstellung über die Finanzkraft der übrigen deutschen Wirtschaft. Sie wissen, daß dieses Gesetz ursprünglich zwar von den Spitzenverbänden der gewerblichen Wirtschaft als eine Möglichkeit für die Umlenkung von Investitionen angeboten worden ist. Sie wissen auch, wie sehr, wenn ich mich mal so ausdrücken darf, die Gefolgschaftsleute dabei versagt haben. Wir können aber nun nicht sagen, das sei auf der ganzen Linie Übermut gewesen. Es sind uns doch sehr begründete Unterlagen dafür vorgelegt worden, daß die deutsche Wirtschaft zwar, wenn man es äußerstens sehen will, den Betrag in einem Jahre aufbringen könne. aber daß darüber hinaus doch sehr große Bedenken bestehen. die Wirtschaft im allgemeinen von Investitionsmitteln zu entblößen, weil dann die Gefahr bestehen könnte, daß die Produktionsgüterindustrie nicht mehr in der not- wendigen Weise versorgt wird.
Davon ausgehend ist nach einem anderen Weg gesucht worden, vor allen Dingen, meine Freunde von der Linken. weil Sie, glaube ich, in Ihren Ansprüchen zu maßlos gewesen sind. Sonst hätte man vielleicht andere Wege finden können, das Problem einer echten Lösung zuzuführen. Hier ist nun der § 36 aufgenommen worden, der gleiche § 36, von