Rede von
Grete
Thiele
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(KPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)
Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Zuvor eine Bemerkung zu den Ausführungen von Frau Heiler und Frau Dr. Ilk. Ich glaube, Sie empfinden es selbst als sehr billig, daß man, wenn eine kleine Fraktion 44 Ausschüsse nicht dauernd besuchen kann, deshalb Anträge mit einer solchen Bemerkung abtut. Sie wissen selbst ganz genau, daß es üblich ist, daß Fraktionen, die mit dem Ausschußbericht nicht in allen Fragen einverstanden sind, sich gestatten, auch Abänderungsanträge einzureichen. — Das zu dieser Frage.
Frau Heiler hat schon sehr deutlich gesagt, worum es ihr geht. Es geht ihr nämlich um den Schutz der Familien, in denen Hausangestellte tätig sind, und nicht um den Schutz der Kinder, die zur Welt kommen sollen. Ich glaube, daran müßte man denken, wenn man zu diesem Paragraphen Stellung nimmt. Auch hier geht es um eine einheitliche Schutzfrist für alle werdenden Mütter. Die Schutzfrist beträgt allgemein sechs Wochen, und ausdrücklich ausgenommen sind in diesem Paragraphen Hausgehilfinnen und Tagesmädchen, für die die Schutzfrist nur vier Wochen beträgt. Ich möchte fragen: Sind eigentlich Hausgehilfinnen und Tagesmädchen Menschen anderer Kategorien, zweiter Klasse? Wenn die Schutzfrist auf sechs Wochen festgesetzt ist, dann doch deshalb, damit all die Anlagen, die in diesem Stadium schon ausgebildet sind, sich in Ruhe auch vollständig auswirken können. Es ist doch ein großer Unterschied zwischen einer Hausfrau, die selbst in einem Haushalt ist, und einer Hausangestellten, an deren Arbeit und an deren Kräfte doch andere Anforderungen gestellt werden.
Ihre physischen Kräfte werden stärker beansprucht als die einer Frau in einem Haushalt, die selbst Mutter wird. Ihre Arbeitszeit ist meistens sehr viel ausgedehnter, oft hat sie sogar Sonntagsarbeit zu leisten. Man kann sie keinesfalls mit einer NurHausfrau gleichstellen. Man muß auch ihr die Sechs-Wochen-Frist zugestehen. Es werden an die Hausangestellte, wenn sie nicht geschützt wird, sehr oft Arbeitsanforderungen gestellt, die sie selbst nicht ablehnen kann, wenn sie sich nicht in große Schwierigkeiten bringen will. Hinzu kommt, daß sie neben der Arbeit in dem Haushalt, in dem sie ist, auch noch persönliche Obliegenheiten hat; daß sie für sich persönlich, manchmal sogar noch für Familienangehörige außerhalb ihrer Arbeitsstelle zu sorgen hat.
Ich möchte Sie bitten, im Interesse der Gleichstellung aller Frauen vor dem Gesetz auch den Hausangestellten und den in Haushalten angestellten Tagesmädchen die gesetzliche Schutzfrist von sechs Wochen zuzugestehen.