Rede von
Louise
Schroeder
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Mit Frau Kollegin Heiler begrüße auch ich es, daß dieses Gesetz noch vor den Weihnachtsferien verabschiedet wird; denn wir alle wissen, daß es einen großen Fortschritt auf dem Gebiete des Mutterschutzes bedeutet. Ich glaube, es ist nicht unbescheiden, wenn ich darauf hinweise, daß wir allerdings diese Tatsache lediglich meiner Fraktion verdanken, da die Regierung trotz aller Bitten, ein solches Gesetz einzureichen, die Initiative dazu nicht ergriffen hat.
— Das können Sie doch nicht bestreiten.
Wenn nun aber in der Frage des Einschlusses der Beamtinnen in dieses Gesetz — und dazu habe ich mich zum Wort gemeldet — von meinen Vorrednerinnen gesagt worden ist: „Das haben wir ja im Ausschuß nun schon reiflich besprochen", so will ich das gern zugeben, bedaure aber um so mehr, daß dieselben Argumente, die wir im Ausschuß gehört haben, trotz unserer Widerlegung auch hier wieder vorgebracht worden sind. Ich möchte darauf hinweisen, daß es sich hier nicht lediglich um ein arbeitsrechtliches Gesetz handelt, sondern um eine ganz bedeutungsvolle, vielleicht die bedeutungsvollste bevölkerungspolitische Frage. Wenn nun gesagt wird: „Ja, für die Beamtin ist das alles schon geregelt", so darf ich meinen verehrten Kolleginnen doch entgegenhalten: Wir haben im Ausschuß nachgewiesen, daß es für die Beamtin nicht geregelt ist. Wir haben im Ausschuß von einzelnen Ministerien — ich erinnere an das Postministerium — Ausführungen gehört, wonach es gar nicht möglich sei, es so zu regeln.
Ich habe aber — und da bitte ich Sie, mir zu verzeihen, wenn ich einmal darauf hinweise — schon
vor 25 Jahren an dem damaligen Mutterschutzgesetz mitgearbeitet. Alles, was jetzt gegen den Einschluß der Beamtin gesagt wird, ist damals in anderer Form bereits gegen den Einschluß der Hausgehilfin und der in der Landwirtschaft tätigen Frau gesagt worden. Heute sind wir Gott sei Dank — und ich begrüße das außerordentlich — dazu gekommen, diese Frauen einzuschließen. Herauslassen wollen Sie lediglich die Beamtin. Aber auch da bitte ich um Entschuldigung, wenn ich darauf hinweise, daß die vorhin hier gemachten Ausführungen doch etwas der Logik entbehren. Wenn dieselben Kolleginnen auf der einen Seite erklärt haben, beamtenrechtlich sei ja der Mutterschutz schon geregelt und nach dem Grundgesetz sei es nicht möglich, nun einen Zwang für die Länder zu schaffen, auf der anderen Seite aber gesagt haben, man wolle diese Bestimmungen in das Beamtengesetz aufnehmen, so scheint mir das doch einigermaßen unlogisch zu sein.
Denn wenn es dort geht, warum dann nicht hier? Aber es ist ja doch auch Tatsache, daß uns das Beamtengesetz ohne diese Mutterschutzbestimmungen vorgelegt worden ist,
daß wir also deren Aufnahme in dieses Gesetz auch wiederum erst erkämpfen müssen.
Aus diesem Grunde sollten, meine ich, die Fraktionen dieses Hauses, die im Ausschuß trotz mancher Bedenken erfreulicherweise den Weg mitgegangen sind, die Hausgehilfin und die Landarbeiterin in das Gesetz einzuschließen, nun auch noch den letzten Schritt tun und die Beamtin einschließen. Dann haben wir ein wirkliches Mutterschutzgesetz in Deutschland, ein Mutterschutzgesetz, auf das wir stolz sein können, weil es vorbildlich ist auch für andere Länder. Frau Dr. Rehling und ich kommen ja soeben aus Straßburg. Wir wissen, wie notwendig es ist, gerade in der Sozialpolitik, an der ja auch Frau Dr. Weber im Ausschuß mitwirkt, etwas für Europa Vorbildliches zu schaffen.
Ich bitte Sie deshalb dringend: Geben Sie Ihrem Herzen einen Stoß und schließen Sie die Beamtin ein! Im übrigen darf ich Sie noch auf die Formulierung in unserem Antrag hinweisen, die besagt, daß die Vorschriften dieses Gesetzes entsprechend Anwendung finden. Was also im einzelnen noch zu regeln ist, kann geregelt werden. Dann aber können wir mit Recht sagen, daß wir für alle berufstätigen Mütter auch den entsprechenden Mutterschutz geschaffen und damit unserer Bevölkerungspolitik, von der wir doch alle der Ansicht sind, daß sie es nötig hat, einen großen Dienst erwiesen haben.