Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich hatte mir schon vorgenommen, mir den Herrn Bundesfinanzminister und seinen Staatssekretär vorzuknöpfen, als sie es zu Beginn der Beratung über diesen Tagesordnungspunkt vorzogen, nicht anwesend zu sein. Inzwischen ist der Herr Staatssekretär eingetroffen. Ich darf das feststellen und damit die Feststellung verbinden, daß im Bundesfinanzministerium doch auch ein Gefühl dafür lebendig zu sein scheint, daß die Rechnungsprüfung eine wichtige Sache ist.
— Nun, man kann j a nicht gerade immer erwarten, daß der Minister da ist. Man muß manchmal in diesem Hause schon zufrieden sein, wenn der Staatssekretär zu erreichen ist.
— Ich bin damit nicht zufrieden, daß es so ist, Frau Kollegin Weber.
Aber nun zur Sache selber. Da es sich hier um die Haushaltsrechnungen der Jahre 1947, 1948 und im Jahre 1949 um die Zeit bis zur Überleitung auf den Bund handelt, brauchen wir über das Zurückliegende wohl kaum etwas zu sagen. Meine Fraktion stimmt dem Antrag des Haushaltsausschusses zu, und ich darf den Kollegen vom Rechnungsprüfungsausschuß dafür danken, daß sie sich dieser mühevollen und — nach den leeren Plätzen zu schließen — offenbar nicht für alle Mitglieder des Hauses gleichermaßen interessanten Aufgabe unterzogen haben, die Vergangenheit zu durchforschen.
Wichtig ist aber in diesem Zusammenhang, einmal festzustellen, daß das, was wir jetzt für einen bestimmten Abschnitt der Vergangenheit abschließen, für uns im Augenblick noch in einem konkreten Sinne sehr lebendige Gegenwart ist, nämlich insofern, als wir Haushalte konsumieren, deren Rechnungsprüfung eine ganz andere Bedeutung haben wird als das, was wir hier heute schwarz auf weiß vor uns haben. Um so bedauerlicher finde ich es, daß gerade dieser wichtige Akt nicht die volle Aufmerksamkeit des Hauses findet;
denn die Ausschüsse, die sich mit der Haushaltsgesetzgebung des Bundes und mit der Prüfung der Rechnungen befassen, sind gewissermaßen die Wachhunde des Parlaments bei der Wahrnehmung seines Budgetrechts. Es ist für die Wachhunde schwer, ihre Funktion zu erfüllen, wenn der eigentliche Träger der Verantwortung, nämlich das,
Parlament, sich so desinteressiert an diesen Dingen zeigt.
Es ist auch nicht leicht, diese Funktion auszuüben, wenn nicht von der andern Seite, nämlich von der Regierungsseite her, alles getan wird, um die Schwierigkeiten, die an sich in der Aufgabe liegen, so gering wie möglich zu gestalten.
In diesem Zusammenhang darf ich doch eine Bemerkung zu unserer Haushaltsgesetzgebung machen. Meine Damen und Herren, auch wir von der Opposition haben ein gewisses Verständnis für die Schwierigkeiten der Übergangsperiode gehabt. 1949 war kein normales Haushaltsjahr. Das haben wir verstanden. 1950 mußte man noch verschiedene Unebenheiten ausgleichen. 1951 ist schon etwas schwieriger zu verstehen, warum die Einbringung der Haushaltspläne so lange gedauert hat, daß wir praktisch mehr als die Hälfte des Haushaltsjahres verstreichen lassen mußten, ehe wir überhaupt einen Haushaltsplan zu Gesicht bekommen haben. Wir haben dann den Versuch gemacht, im Wege der Überrollung—wie der neue terminus technicus lautet — einen Haushaltsplan unter Dach und Fach zu bringen, indem wir alle die Dinge einfrieren ließen, über die wir im Jahre 1950 schon ein gewisses Einverständnis erzielt hatten. Das Resultat, meine Damen und Herren: Man muß heute sagen, daß dieses Bemühen, wieder zu normalen Zuständen auf dem Gebiete der Haushaltsgesetzgebung zurückzukehren, gescheitert ist.
Leider muß man die Feststellung treffen, daß es auch für 1952 wohl nicht möglich sein wird, den Haushaltsplanentwurf so fristgerecht dem Parlament vorzulegen, daß er bis zum Beginn des neuen Haushaltsjahrs verabschiedet und in Kraft gesetzt werden könnte. Ich finde, das ist nach zweieinhalb Jahren parlamentarischer Arbeit ein schlimmes Zeichen, um nicht zu sagen: ein Armutszeugnis.
Man muß die Frage aufwerfen, ob das alles so sein muß. Gewiß, die Verantwortung liegt nicht allein beim Bundesfinanzministerium; sie hegt auch nicht ausschließlich bei der Bundesregierung. Zum Teil sind da Schwierigkeiten aufgetreten, die in der Konstruktion des Bundes liegen. Aber diese Schwierigke ten sind bestimmt nicht derart gewesen, daß man sie nicht hätte einigermaßen voraussehen und ihnen rechtzeitig begegnen können. Wir haben jetzt noch nicht den ersten Nachtragshaushalt dem Hause vorlegen können. Er blieb ;m Gestrüpp der Zuständigkeiten und des Kampfes um die Quote des Bundes an der Einkommensteuer hängen.
Inzwischen hat sich erwiesen, daß man mit dem ersten Nachtrag wohl so lange brauchen wird, daß es sich als zweckmäßig erwe sen wird, einen zweiten Nachtrag, wie er vorgesehen war, nicht einzubringen. Dadurch werden eine Reihe von Problemen einfach auf das nächste Jahr verlagert, und der erste Nachtrag, der dann der einzige bleiben wird, wird mit einer Fülle von Dingen belastet, die eigentlich nicht in ihn hineingehören.
Alle diese Vorgänge erschweren dem Parlament eine echte Kontrolle über den Haushalt, und sie erschweren auch die Rechnungsprüfung am Ende des Haushaltsjahres; und noch etwas mehr: sie verschleiern die eigentlichen Haushaltsvorgänge, weil es ja doch so ist, daß wir immer wieder auf den Weg der unangenehmen und peinlichen Vorwegbewilligungen gezwungen werden, die völlig
den Überblick vermissen lassen über das, was tatsächlich auf diesem Gebiet geschieht.
Ich wollte das ausgesprochen haben, weil ich der Meinung bin, daß auch die Öffentlichkeit wissen soll, in welchen Schwierigkeiten sich das Parlament befindet, wenn es die Fragen der Haushaltsgesetzgebung berät, und zwar in Schwierigkeiten, die nicht durch die Schuld des Parlaments entstanden sind.