Rede von
Detlef
Struve
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Herr Berichterstatter hat schon darauf hingewiesen, daß die Frage der Festsetzung von Mindestarbeitsbedingungen Gegenstand sehr langer und eingehender Beratungen im Ausschuß für Arbeit war. Nicht minder haben sich die Gruppen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer beteiligt. Ich glaube, wir sollten miteinander feststellen, daß sich von Amts wegen festgesetzte Entgelte und Arbeitsbedingungen auf die verschiedenen Gruppen nicht sehr segensreich ausgewirkt haben und daß wir den zwischen zwei Partnern abgeschlossenen Verträgen immer und ausschließlich den Vorrang geben sollten.
Nun sind in der Vorlage in § 1 Abs. 2 Buchstabe a) immer noch Bestimmungen enthalten, nach denen zur Regelung von Entgelten und sonstigen Arbeitsbedingungen Mindestarbeitsbedingungen festgesetzt werden können, wenn Gewerkschaften oder Vereinigungen von Arbeitgebern für den Wirtschaftszweig oder die Beschäftigungsart nicht bestehen oder nur eine Minderheit der Arbeitnehmer oder der Arbeitgeber umfassen. Dieser Begriff der Minderheit wird vielleicht ohne weiteres verständlich, wenn man ihn allgemein betrachtet. Ich möchte aber darauf verweisen, daß beispielsweise in der Landwirtschaft weniger als 10 % unserer Arbeitnehmer gewerkschaftlich organisiert sind. Das liegt vor allem daran, daß wir im Bundesgebiet mehr als 80 % der Beschäftigten in der Landwirtschaft in Familienbetrieben haben, in Betrieben also, in denen sich die Arbeitsgemeinschaft unter einem. Dach befindet, dort wohnt und zusammen arbeitet, aber auch an einem Tisch zusammensitzt.
Ähnlich liegen die Dinge in der von der Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen betreuten Gruppe. Hier beträgt der erreichte Bundesdurchschnitt an Organisierten knapp 5%. Ähnliche Beispiele sind noch in anderen Zweigen der Wirtschaft festgestellt. Mein Herr Vorredner Dr. Kneipp hat darauf hingewiesen, und ich möchte mich hier auf seine Ausführungen beziehen.
Nachdem feststeht, daß beispielsweise in der Landwirtschaft in allen Ländern Vereinbarungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern zustande kommen, und nachdem weiter die Möglichkeit besteht, daß diese für allgemein verbindlich erklärt werden können, ist es nach unserem Dafürhalten völlig überflüssig und unnötig, eine Bestimmung aufzunehmen, nach der auch eine Minderheit irgendeiner Gruppe das Recht haben soll, sich auf das heute zur Beratung stehende Gesetz zu berufen, um auf diese Art und Weise in gewachsenen und in gewordenen und miteinander verbundenen Arbeitsverhältnissen staatliche Eingriffe zu ermöglichen.
— Das trifft leider doch zu.
— Wenn es nicht zutrifft, dann bin ich der Auffassung, daß Sie dann um so eher für unseren Antrag stimmen und diese Fassung herausnehmen können. Dann geben Sie bitte eine Erklärung dafür, weshalb Sie auch noch die kleinen Minderheiten und Gruppen mit hereinnehmen wollen! Wahrscheinlich nur zu dem Zweck, um in all den Fällen, in denen wir zu Verträgen gekommen sind,
auf Umwegen diese Verträge wieder unmöglich zu machen. Wenn nämlich beispielsweise im Bereich der Landwirtschaft eine Gruppe kommt und mit Hilfe dieses Gesetzes Mindestarbeitsbedingungen festgelegt werden, die nicht den gewordenen Gewohnheiten entsprechen, dann ist auch jeder Tarif von vornherein überflüssig.
Im Prinzip sind wir Gegner jeder gesetzlichen Bestimmung, weil wir bewiesen haben, daß es möglich ist, Arbeitsverhältnisse zu schaffen, die für beide Teile erträglich sind. Wir sind aber der Ansicht, wenn man schon in der Mehrheit der Meinung ist, daß auch hier durch den Gesetzgeber weitere Maßnahmen getroffen werden müssen, um das Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu regeln, dann muß es mit solchen Einschränkungen geschehen, daß nicht etwa der Arbeitsfriede dadurch gestört wird, sondern er muß gefestigt werden. Wir sehen das in Übereinstimmung mit zahlreichen Kollegen, die sich zu einem gemeinsamen Antrag zusammengefunden haben, nur auf die Art und Weise gewahrt, daß in § 1 Abs. 2 Buchstabe a die Worte „oder nur eine Minderheit der Arbeitnehmer oder der Arbeitgeber umfassen" gestrichen werden.
Ich darf das Hohe Haus bitten, diesem Antrage stattzugeben.