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    Deutscher Bundestag — 173. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. November 1951 7109 173. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 8. November 1951. Geschäftliche Mitteilungen . . . . 7109C, 7123A, 7129C, 7130D Bericht des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten über die Vorbereitungen zu einem Gesetzentwurf zur Neubildung von Landwirtschaftskammern (Nr. 2766 der Drucksachen) 7109D Bericht des Bundesministers für Arbeit über die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (Nr. 2777 der Drucksachen) 7109D Anfrage Nr. 222 der Fraktion der SPD betr. Privatmobiliar in den von den Besatzungsmächten beschlagnahmten Wohnungen (Nrn. 2720, 2750 der Drucksachen) . . . . 7109D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses nach Art. 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) über den Entwurf eines Bundesbahngesetzes (Nr. 2730 der Drucksachen, Umdruck Nr. 350) 7109D Renner, Innenminister des Landes Württemberg-Hohenzollern, Berichterstatter 7110A Meyer (Bremen) (SPD) 7111D Dr. Wellhausen (FDP) (zur Geschäftsordnung) 7112D Beschlußfassung 7113B Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über eine Aufwandsteuer (Aufwandsteuergesetz) (Nr. 2701 der Drucksachen) 7113C Schäffer, Bundesminister der Finanzen 7113C Scharnberg (CDU) 7117D Dr. Bertram (Z): zur Sache 7118A zur Geschäftsordnung 7131A Dr. Wellhausen (FDP) 7120A Dr. Koch (SPD) 7122D Leonhard (CDU) 7126C Dr. Besold (BP) 7128B, Dr. Mühlenfeld (DP) 7128D Müller (Frankfurt) (KPD) 7129C Schuster (WAV) 7130D Dr. Horlacher (CSU) (zur Geschäfts- ordnung) 7131C Schoettle (SPD) (zur Abstimmung) 7131D Anteilnahme des Bundestages an dem Eisenbahnunglück bei Walpertskirchen . . . 7128A Beratung des Antrags der Fraktion der KPD betr. Landrückgabe an die Bauern der Gemeinde Schweigen (Nr. 2696 der Drucksachen) 7132A Niebergall (KPD), Antragsteller 7132A, .7134B Odenthal (SPD) 7132D Becker (Pirmasens) (CDU) 7133C Frau Hütter (FDP) 7134A Ausschußüberweisung '7134D Beratung des interfraktionellen Antrags betr. Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse (Umdruck Nr. 347) 7134D Beschlußfassung 7134D Beratung der Übersicht Nr. 41 über Anträge von Ausschüssen des Deutschen Bundestages über Petitionen (Umdruck Nr. 348) 7134D Beschlußfassung 7134D Nächste Sitzung 7134D Die Sitzung wird um 13 Uhr 30 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Rede von Dr. Hans Wellhausen


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Ausmaß der Unruhe, die seit Monaten in der Angelegenheit, zu der ich spreche, das deutsche Volk durchzieht, die Quantität und die Qualität der bisherigen Diskussion — nicht in diesem Hause — machen es mir nicht möglich, mich so kurz zu fassen wie bisher meine Freunde von der CDU. — Ich glaube nicht, daß die Ausführungen des Herrn Bundesfinanzministers diesem Hause etwas Neues gebracht haben. Eine Etatrede haben wir ja schon bei der Beratung des Haushalts gehört. Ich glaube aber, daß ich doch versuchen müßte, einen positiven Beitrag zu dieser Diskussion zu leisten, womit mich meine Freunde beauftragt haben, und erlaube mir daher, einige allgemeine Ausführungen vorauszuschicken.
    Die Diskussion hat in oft erschreckender Weise gezeigt, daß die Einstellung des deutschen Volkes zu der unumgänglichen Notwendigkeit, Steuern zu zahlen, schlecht ist und vielleicht noch immer schlechter wird. Woraus ist das zu erklären? Es gibt eine Fülle von Gründen. Auch wenn ich nicht bis zu den seligen Zeiten der preußischen Einkommensteuer zurückgehe — und das will ich nicht —, so muß ich doch mindestens bei 1933 anfangen und Sie daran erinnern, welche Erfahrungen jeder Steuerzahler in Deutschland, vom kleinsten bis zum größten, mit dem ebenso grandiosen wie verbrecherischen Mißbrauch der Steuereinnahmen gemacht hat. Als wir am Ende des „tausendjährigen" Reiches darüber hinweggekommen waren, kamen die Alliierten mit ihrem Kontrollratsgesetz und verschlechterten, wie wir uns alle erinnern werden, das Bild noch mehr. Diese Methode der Alliierten, die leider zu einigen anderen damaligen Methoden der Alliierten paßte, haben wir in übelster Erinnerung.
    Von der Zeit an, als das heutige Gebiet der Bundesrepublik zum erstenmal im Wirtschaftsrat ein wenig zu Worte kam, insbesondere aber vom Tage der Währungsreform an ist es unsere erste Pflicht gewesen, hier zu bessern. Aber Sie werden mich fragen: Was hat denn dies der erwähnten Einstellung des Deutschen zum Steuerzahlen geholfen? Ich muß Ihnen offen bekennen: es hat sehr wenig geholfen. Ich glaube nicht, daß solche Gefühle, wie sie das Dritte Reich mit seinem unerhörten Mißbrauch erzeugt hat, so schnell aus den Tapeten wieder verschwinden. Wir haben zudem seit dem Zusammentritt dieses Bundestages sehr häufig Überraschungen durch die Alliierten erlebt, die ebenfalls nicht dazu angetan waren, die Steuermoral — ein etwas abgegriffenes Schlagwort — zu heben. Das gehört auch in das Gespräch mit den Alliierten über die Notwendigkeit, die Stärke dieses Staates zu erhöhen.
    Von den Einflüssen des Weltmarktes und vieler weltpolitischer Ereignisse will ich in diesem Zusammenhang gar nicht sprechen. Aber ich möchte, daß wir uns an die eigene Brust schlagen und uns daran erinnern — und zwar nicht nur in dieser Stunde —, daß wir selbst in unserer Interessentenpolitik viel zu weit gehen.

    (Hört! Hört! in der Mitte und links.)

    Sehen Sie, in Gegenwart des höchsten Repräsentanten dieser Republik . hat vor wenigen Tagen
    in einer Nachbarstadt eine Feierstunde eines
    Berufsverbandes stattgefunden, eines sehr ehrenwerten und in seinen Zielen von mir durchaus bejahten Berufsverbandes. Der Vorstand hatte das
    Wagnis unternommen, einen Professor des Steuerrechts als zweiten Redner — das war schon vorsichtig — sprechen zu lassen. Dieser Redner hat darauf hingewiesen, daß nicht alle Wünsche eines solchen Fachverbandes in Erfüllung gehen könnten, und sehr bald hat in Gegenwart des höchsten Repräsentanten dieser Republik ein erhebliches Scharren angefangen. Ich möchte glauben, daß dies zumindest ein schlechter Stil ist; es ist aber doch wohl mehr als das: es ist der Ausfluß der übertriebenen Interessentenpolitik. Wenn wir diese Überinteressenten also in geeigneter Form und bei geeigneter Gelegenheit an die Hammelbeine kriegen könnten, so wäre ich damit durchaus einverstanden.

    (Abg. Renner: Legen Sie die Steuerlisten auf!) — Das ist zu einfach, Herr Renner.

    Was können wir aber sonst tun, um die Steuermoral

    (Abg. Renner: Dann käme die Moral von selber!)

    zu heben? Zunächst einmal hat ja nun dieser Bundestag mehr getan, als meistens der breiten Öffentlichkeit mitgeteilt oder bekannt wird. Er hat doch durch wesentliche Gesetzgebung die Zahl der Verneiner dieses Staates nicht unwesentlich verringert. Denken Sie an die Kriegsopferversorgung, denken Sie an das Gesetz zu Art. 131. Ich gehöre zu den Optimisten, die annehmen, daß sich das auch einmal in den Dingen auswirkt, von denen ich jetzt spreche, nämlich in der Steuermoral, nicht nur im Steuerertrag.
    Dann haben meine Freunde, um in das Steuerwesen eine Ordnung, eine einheitliche Linie zu bringen, einen Vorschlag gemacht, den man als Föderalist nun nicht so einfach — das ist wirklich zu einfach — als hoffnungslosen Fall ansehen kann. Ich meine unseren Antrag zur Bundesfinanzverwaltung. Besonders wenig passend finde ich es, wenn jemand neulich diesen als eine politische Sonntagsjägerei bezeichnet hat.

    (Hört! Hört! bei der FDP.) Steuermoral ist ja nicht einseitig, sondern es ist nötig, daß auch der Staat in seinen Gesetzen moralischen Begriffen zum Durchbruch verhilft.


    (Sehr richtig! rechts.)

    Nicht nur in der Gesetzgebung, sondern auch in der Steuereintreibung fehlt es hieran, glaube ich, nicht selten. Ich könnte darüber sehr ausführlich sprechen, aber Sie würden dann wahrscheinlich sagen, er kommt nicht zum Thema.
    Wir haben mit unserem Vorschlag über die Bundesfinanzverwaltung Wege aufgezeigt und werden sie in der Ausschußberatung weiter aufzeigen, die zu einer besseren Verwaltung, zu einer besseren Erfassung, zu einer einheitlicheren Handhabung des ganzen Steuerwesens führen. Auch die Wirtschaft braucht, wenn sie steuerehrlich ist, vor einer besseren Überprüfung der Steuern nicht zu erschrecken.

    (Sehr richtig! bei der FDP.)



    (Dr. Wellhausen)

    Denn in dieser Beziehung fehlt es absolut. Es fehlt aus einem Sondergrund, meine Damen und Herren, der, glaube ich, in diesem Hause noch nicht hervorgehoben worden ist: die Fachleute dieser Buch- und Betriebsprüfer haben fast alle — wie nennt man das? — ein anderes Hemd angezogen. Sie sind nämlich nicht mehr beim Staate. Herr Reinhardt hatte sie in irgendwelchen Kursen, z. T: auf Ordensburgen geschult; infolgedessen flogen sie beim Zusammenbruch hinaus. Sie sind heute bei den Steuerpflichtigen tätig. Es ist ein miserables Geschäft, das der Staat in dieser Beziehung gemacht hat.

    (Sehr gut! bei der FDP.)

    Unser Finanzminister war, glaube ich, nicht beteiligt. Den hatten inzwischen die Amerikaner als bayerischen Ministerpräsidenten schon wieder nach Hause geschickt.

    (Heiterkeit.)

    Er ist also davon nicht betroffen. Es ist aber ein miserables Geschäft, und ich empfehle Ihnen, solche Schulungskurse — nicht auf Ordensburgen, wenn es irgend geht — so schnell und so gut wie möglich wieder einzuführen.

    (Sehr richtig! rechts.)

    Ich bitte Sie, es mir zu erlassen, diese Dinge noch weiter auszuführen, denn ich habe mich erst vor kurzem in einer Rede zum Etat über das, was uns, generell gesprochen, an dem Herrn Finanzminister nicht gefällt, sehr ausführlich geäußert. Seine Reaktion war schwach, sagen wir mal höflich. Er hat sich auf die Unvollkommenheit des Menschen zurückgezogen und dann gesagt: Je unvollkommener ich bin, desto vollkommener muß dieses Haus sein. Das war, glaube ich, eine Retourkutsche, wenn ich mich so ausdrücken darf.
    Statt nun auf dem Wege, den ich versucht habe, wieder ein wenig anzutönen, voranzuschreiten, wird uns heute die Aufwandsteuer vorgelegt, keineswegs zum erstenmal, wie Herr Bertram auch schon sagte.
    Der selige Wirtschaftsrat hat am 3. Februar 1949 — wir nähern uns also dem dreijährigen Jubiläum der ganzen Angelegenheit — ein Gesetz zur Besteuerung besonderen Aufwands vorgelegt, das an der Zusammenstellung eines Katalogs gescheitert ist. Nach eineinhalb Jahren hat der Bundesrat von der Bundesregierung im Juli 1950 ein Gesetz zur Besteuerung besonderen Aufwands — also wörtlich genau so — bekommen. Das hat der Bundesrat angenommen. Die Bundesregierung hat es mit Änderungen hier eingebracht, und hier fand am 5. Oktober 1950 eine erste Lesung statt. Ich könnte fast wörtlich jetzt im weiteren das hier erzählen, was mein Freund Hoepker-Aschoff — nachzulesen im Protokoll — damals gesagt hat. Das will ich aber nicht tun, damit es Ihnen nicht langweilig wird.
    Am 12. Oktober 1950 hat sich dann der Finanzausschuß mit der Sache beschäftigt. Er hat die Aufwandsteuer kurzerhand abgelehnt. Von der berühmten und berüchtigten Spesenabgabe — das war der zweite Teil des damaligen Gesetzes — hat er gesagt, sie solle in das Einkommensteuergesetz eingearbeitet werden. Gott hat es leider gefügt, daß es inzwischen in einer schildbürgerlichen Weise auch dazu gekommen ist. Sie kennen das ja alles. Die Witzblätter, leider auch diese komischen Conférenciers, werden sicherlich Gelegenheit nehmen, sich ausführlich damit zu beschäftigen. Das können wir ja abwarten.
    Damit aber nicht genug. Im Februar 1951 hat dann die Bundesregierung ein Gesetz verabschiedet, das nunmehr hieß: Sonderumsatzsteuer auf
    Süßwaren und andere Gegenstände des entbehr- lichen Verbrauchs. Das ist aber dem Bundesrat schon gar nicht mehr vorgelegt worden. Ich weiß nicht, ob die massiven Bedarfsträger der Süßwaren das verhindert haben oder wie das damals gekommen ist.
    Die Bundesregierung hat dann im Mai 1951 dem Bundesrat ein Sonderumsatzsteuergesetz vorgelegt, und das hat der Bundesrat am 8. Juni 1951 wieder abgelehnt. Schließlich hat sich die Bundesregierung am" 28. Juni 1951— Sie sehen, es ist schon eine ziemliche Leidensgeschichte — noch einmal auf diesen Entwurf zurückgezogen und hat versucht, den Finanzausschuß dafür zu gewinnen. Der Finanzausschuß hat aber die Beratung abgelehnt.

    (Glocke des Präsidenten.)



Rede von Dr. Hermann Ehlers
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Abgeordneter Wellhausen, die vereinbarte Gesamtredezeit beträgt 120 Minuten. Auf Ihre Fraktion entfallen 15 Minuten.

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    Rede von Dr. Hans Wellhausen


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Mir ist gesagt worden: 26 Minuten. Das ist mir höchst peinlich; denn dann hätte ich mich anders eingerichtet. Darf ich bitten, ein wenig darauf Rücksicht zu nehmen? Es ist kein schlechter Wille, sondern im Gegenteil ein guter.
    Die Bundesregierung hat dann den regulären Weg über den Bundesrat gewählt und hat ein Bundesgesetz über eine Aufwandsteuer vorgelegt. Das ist das, was wir nun hier behandeln. Am 5. Oktober 1951 ist dieses Gesetz vom Bundesrat abgelehnt worden, und die Zeitungen haben einen klaren Begriff darüber gegeben, welche Parteien dieses Hauses geneigt sind, dieses Gesetz ebenfalls abzulehnen. Aber nun ist unser in so vielem vorbildlicher Bundesfinanzminister mit diesem — ja, wie sage ich es — etwas müden und traurigen, mit diesem abgenützten und unansehnlichen Kinde unter Benützung eines — sagen wir einmal — nicht aufwandsteuerpflichtigen Kinderwagens doch hier in den Bundesplenarsaal hereingefahren.

    (Große Heiterkeit.)

    Das ist sehr schade. Dieses Kind ist skrofulös und bleibt skrofulös, es hat meines Erachtens sogar die englische Krankheit.

    (Erneute Heiterkeit.)

    Darf ich bei dem Stichwort mit der englischen Krankheit, das ich mir selbst gegeben habe, bleiben? Der Bundesfinanzminister hat uns gesagt, die Rücksicht auf das Ausland spiele keine Rolle. Aber entschuldigen Sie, auch wenn ich ihm das glaube, so bin ich doch nicht seiner Meinung.

    (Heiterkeit.)

    Ich möchte doch meinen, daß wir schon. Veranlassung haben, ein wenig den Eindruck zu beachten
    — ich verlange das übrigens auch vom Auslande uns gegenüber —, den die Gesetzgebung eines zivilisierten Staates auf das Ausland macht. Wir haben daher unseren Tribut mit der Spesenabgabe-Verordnung, von der ich schon gesprochen habe, entrichtet. Wir haben es dabei geschmackvoll gefunden, die Ausländer, die bei uns bewirtet werden, sogar bis zu einem dreifachen Betrage
    — einen Magen hat ja jeder bloß — gegenüber dem bei Inländern bewirten zu können. Aber ich will darauf nicht eingehen; wir haben unseren Tribut teilweise schon entrichtet.
    Fehlt es sonst an der Ausschöpfung der Steuermöglichkeiten? Der Bundesfinanzminister hat selbst dargelegt, daß die drei Gesetze dieses Sommers,


    (Dr. Wellhausen)

    nämlich Verschärfung der Einkommensteuer, Erhöhung der Körperschaftsteuer von 50 auf 60 % und schließlich der Umsatzsteuer von 3 auf 4 %, das Aufkommen — an direkten Steuern, hat er wohl gemeint, wie ich annehme — um ein Drittel erhöht haben. Das ist doch ein Wort.
    Nun möchte ich Sie zur Aufwandsteuer fragen: wo gibt es denn im Auslande die kumulative Umsatzsteuer der Bundesrepublik? Nur ein solches Land ist mit uns vergleichbar, andere nicht. Und auch dann gilt noch: Omme simile claudicat!
    Wir wissen, daß der Weg von der Rheindorfer Straße nach Duisdorf und umgekehrt genau so leider ein ziemlich weiter ist. Aber sollten wir nicht doch meinen: Produzieren, produzieren, exportieren, den schwarzen Markt bekämpfen, das sind unsere Hauptaufgaben?

    (Sehr richtig! bei der FDP.)

    Stehen diese Hauptaufgaben und diese Steuervorlage in Einklang? Nun, ich glaube, ich brauche nicht auszuführen, daß sie im ausgesprochenen Gegensatz zueinander stehen.

    (Sehr richtig! bei der FDP.)

    Man kann auch in der Bundesregierung nur eine Marschroute einhalten, auch zwischen der Rheindorfer Straße und Duisdorf, Kaserne, in Klammern gesetzt.

    (Heiterkeit. — Abg. Renner: Kaserne!)

    — In Duisdorf wohnen auch noch andere Leute,
    Herr Renner; das wissen Sie wahrscheinlich nicht.
    Ist nun diese Umsatzsteuer für den Haushalt nötig? Seit Mai dieses Jahres bemüht sich die Fraktion der Freien Demokratischen Partei, dem Herrn Bundesfinanzminister zu beweisen, daß diese Steuer für den Haushalt nicht nötig ist. Und gerade, als wenn das verabredet wäre, ist der Monatsbericht September der Bank deutscher Länder in diesen Tagen erschienen. Was die Zeitungen in den letzten Tagen — wie sie das gelegentlich tun: ein bißchen falsch — über die Wende in der Höhe der Einnahmen, vor allem, Herr Minister, über die Wende in der Kassenlage gebracht haben, das steht hier auf den Seiten 20 bis 22. Bitte nachlesen! Wer war es denn, der im August erklärte: Wir kommen am 1. November in eine prekäre Kassenlage? Dieser Termin war vor wenigen Tagen! Wie sieht es in Wirklichkeit aus? Der Herr Minister hat das ja sehr offenherzig zugegeben. —
    Aber nun komme ich zu den wirklichen Einnahmen. Damit ich die Geduld des Herrn Präsidenten nicht zu lange in Anspruch nehme, will ich nur ein Wort sagen: Herr Minister, die Schätzungen der FDP kommen langsam — es wird sogar jeden Tag besser — in die Reichweite des Wahrscheinlichen, nicht nur des Möglichen,

    (Abg. Dr. Preusker: Zum Teil schon überholt!)

    — mein Freund Preusker würde sich noch viel massiver ausdrücken — ich sage: in die Reichweite des Wahrscheinlichen.
    Außerdem: Wie ist es mit der Zusatzsteuer? Wir haben Ihnen in unserer Großzügigkeit die Zusatzsteuer nach § 8 des Umsatzsteuergesetzes zugestanden. Sie haben bereits einen nicht unerheblichen Gebrauch davon gemacht. Ich prophezeie, in diesem Fall möchte ich wetten — wenn Sie, Herr Minister, mir natürlich die richtigen Zahlen zeigen! —,

    (Große Heiterkeit)

    ich möchte wetten, daß der Ertrag der Zusatzsteuer weit über die hundert Millionen hinausgeht, die der Bundesfinanzminister aus dieser Aufwandsteuer, über die wir hier unsere Zeit vertun, erwartet.

    (Sehr richtig!)

    Was soll ich eigentlich noch sagen, um höflich zu bleiben? Der Herr Bundesfinanzminister ist nicht überbeschäftigt; denn sonst hätte er nicht die Möglichkeit gehabt, in den letzten Tagen in gewissen Kreisen so weitgehend für die Aufwandsteuer zu werben, und zwar entgegen der Meinung des Bundesrats und entgegen der ihm auch schon bekannten Meinung des Bundestags.
    Aber seine Fröhlichkeit bezaubert uns immer wieder, und als er vorhin ein lateinisches Wort gebrauchte, habe ich an Horaz gedacht — und das kann immer nur eine Freundlichkeit sein —, der eine seiner Oden — ich weiß nicht aus dem Kopf, welche — mit den Worten beginnt:
    Aequam memento rebus in arduis
    servare mentem, non secus in bonis
    ab insolenti temperatam
    laetitia, moriture Delli.

    (Heiterkeit.)

    Deutsch:
    Lieber Dellius, du wirst eines Tages sterben müssen,
    — das trifft auf uns alle zu —
    schaffe dir ein Herz voller Gleichmut
    und ein wollenes Untergewand an;
    dann wirst du durch alle Fährnisse
    und auch durch alle guten Zeiten
    immer hindurchkommen.
    Das ist eine herrliche Linie des Bundesfinanzministers, und das wollene Untergewand ist nützlich in jeder Situation!

    (Große Heiterkeit.)

    Aber wie man damit auf eine Aufwandsteuer kommen kann — ich meine: mit diesem Gleichmut —, das verstehe ich nicht und werde ich auch niemals verstehen!

    (Erneute Heiterkeit.)

    Meine Damen und Herren, ich möchte mich dem Antrag des Kollegen Scharnberg anschließen: Verweisung an den Finanzausschuß und an den Wirtschaftspolitischen Ausschuß.

    (Zuruf rechts: Auf Nimmerwiedersehen!)

    Ich gebe der Hoffnung Ausdruck, daß dieser Ausschuß eine nützliche Arbeit leistet und daß er vielleicht auch zu einer notwendigen Luxussteuer kommt. Ich möchte gleich hinzufügen — damit Sie nicht sagen: Sie wollen ja vielleicht nur ausweichen —: zu einer Luxussteuer mit einem Maximalertrag von 30 bis 50 Millionen im Jahr. Ich halte das politisch nicht nur für eine Zweckmäßigkeit, sondern für eine Notwendigkeit, und ich sage das nicht bloß deswegen, damit man nicht am Schlusse dieser ganzen Angelegenheit das sagen muß, was man heute ein wenig sagen müßte, wenn Schluß wäre, nämlich mit einem Wortspiel: Ein großer Aufwand nutzlos ist vertan!

    (Lebhafter Beifall bei der FDP.)