Die übrigen amtlichen Mitteilungen werden wie üblich ohne Verlesung ins Stenographische Protokoll aufgenommen:
Der Herr Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hat unter dem 29. Oktober 1951 gemäß Beschluß des Deutschen Bundestags in seiner 110. Sitzung über die Vorbereitungen zu einem Gesetzentwurf zur Neubildung von Landwirtschaftskammern berichtet. Sein Schreiben wird als Drucksache Nr. 2766 vervielfältigt.
Der Herr Bundesminister für Arbeit hat unter dem 25. Oktober 1951 gemäß Beschluß des Deutschen Bundestages in seiner 155. Sitzung über die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes berichtet. Sein Schreiben wird als Drucksache Nr. 2777 vervielfältigt.
Der Herr Bundesminister der Finanzen hat unter dem 6. November . 1951 die Anfrage Nr. 222 der Fraktion der SPD betreffend Privatmobiliar in den von den Besatzungsmächten beschlagnahmten Wohnungen — Drucksache Nr. 2720 beantwortet. Die Antwort wird als Drucksache Nr. 2750 vervielfältigt.
Meine Damen und Herren! Ich rufe auf Punkt 1
der Tagesordnung:
Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes über den Entwurf eines Bundesbahngesetzes (Nr. 2730 der Drucksachen; Umdruck Nr. 350).
Berichterstatter des Ausschusses ist Herr Minister Renner. Darf ich ihn bitten, das Wort zu nehmen.
Renner, Innenminister des Landes Württemberg-Hohenzollern, Berichterstatter: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zu dem Ihnen in der Drucksache Nr. 2730 vorliegenden schriftlichen Bericht des Vermittlungsausschusses darf ich Ihnen im Namen dieses Ausschusses folgendes vortragen.
Die Änderungsvorschläge zu § 6 a, § 7 Abs. 3, § 8 Abs. 1 und § 11 Abs. 1 und 2 betreffen die Organe der Bundesbahn, ihr Verhältnis zueinander und ihr Verhältnis zum Bundesminister für Verkehr. Die Anträge des Bundesrats zielten darauf ab, die Stellung des Verwaltungsrates zu stärken und sein Verhältnis zum Vorstand mehr als bisher dem des Aufsichtsrats zum Vorstand innerhalb einer Aktiengesellschaft anzupassen. Sie hatten andererseits aber auch das Ziel, die Stellung des Verwaltungsrats gegenüber dem Bundesminister für Verkehr zu stärken. Diesen Wünschen ist der Vermittlungsausschuß, dessen Beschlüsse im wesentlichen einstimmig gefaßt worden sind, nur teilweise gefolgt.
Diese grundsätzliche Feststellung will ich an Hand der einzelnen Änderungsvorschläge erörtern. Die Einfügung des § 6 a hat letztlich nur redaktionelle Bedeutung. Schon die Abschnittsüberschriften der Bundestagsfassung — Vorstand, Verwaltungsrat, Aufsicht — zeigen, daß der Bundesminister für Verkehr nicht innerhalb der Organisation der Bundesbahn, also nicht neben den Organen der Bundesbahn steht. Der Vermittlungsausschuß war jedoch mit dem Bundesrat der Auffassung, daß diese Rechtsstellung der Bundesbahnorgane einerseits und des Bundesministers für Verkehr andererseits einer Klarstellung bedürfe, und hat Ihnen zu diesem Zweck die Einfügung der genannten Bestimmung vorgeschlagen.
Im Falle des § 7 Abs. 3 handelt es sich darum, ob der Bundesminister für Verkehr sich wegen seines Vorschlags für den Vorsitzer und die übrigen Vorstandsmitglieder mit dem Verwaltungsrat nur ins Benehmen setzen muß oder ob er gehalten sein soll, seine Vorschläge nur im Einverständnis mit dem Verwaltungsrat zu machen. Die verschiedenen Möglichkeiten — Anhörung, Benehmen, Einvernehmen — wurden vom Vermittlungsausschuß ähnlich wie im Falle der Bundesanstalt für Arbeitslosenversicherung und Arbeitsvermittlung eingehend erörtert. Der Vermittlungsausschuß schlägt Ihnen die Bestimmung des Einvernehmens vor. Entgegen der Auffassung des Bundesrats, der dem Bundesminister für Verkehr ein auch für andere Fälle vorgesehenes Einspruchsrecht für den Fall des nicht zu erzielenden Einvernehmens geben wollte, hat der Vermittlungsausschuß eindeutig klargestellt, daß im Nichteinigungsfall die Entscheidung an die Bundesregierung übergehen soll. Auf der anderen Seite ist das Entscheidungsrecht der Bundesregierung an die verschiedenen Vorschläge des Verwaltungsrates und des Bundesministers für Verkehr gebunden. Die Bundesregierung hat also nur das Wahlrecht; sie kann sich für einen der beiden Vorschläge entscheiden. Sie kann aber nicht andere Kandidaten benennen, als sie in den Vorschlägen aufgeführt sind. Sollte es also — was wohl nur ein theoretischer Fall ist — dahin kommen, daß die Bundesregierung beide Vorschläge ablehnt, so muß der Bundesminister für Verkehr versuchen, andere Kandidaten mit dem Verwaltungsrat zu vereinbaren. Der Vermittlungsausschuß glaubt, mit seinem Änderungsvorschlag ein echtes Kompromiß gefunden zu haben, das den Bedürfnissen der Praxis gerecht werden wird und die Auffassungen des Bundestags und des Bundesrats weitgehend einander annähert.
Zu § 8 Abs. 1 hatte der Bundesrat eine gesetzlich eindeutige Unterstellung des Vorstandes unter die fachliche Aufsicht des Verwaltungsrats und seine Richtlinien und Einzelweisungen gewünscht. Diesem auch für die tägliche Arbeit der Bundesbahnorgane sehr weitgehenden Wunsch des Bundesrats hat der Vermittlungsausschuß nicht entsprochen. Er hatte Bedenken, ausdrücklich neben der Dienstaufsicht eine besondere Fachaufsicht zu bestimmen. Er hat sich daher darauf beschränkt, eine Ergänzung der bisherigen Bestimmungen dahin vorzuschlagen, daß der Vorstand an die Beschlüsse des Verwaltungsrats gebunden wird. Den Umfang dieser Beschlüsse an dieser Stelle zu bestimmen, hat der Vermittlungsausschuß bewußt unterlassen. Diese Frage ist in § 11 Abs. 2, auf den ich sogleich noch eingehen werde, anders als bisher geregelt worden.
Die Ergänzung des § 11 Abs. 1 und seines Katalogs von Beschlußzuständigkeiten des Verwaltungsrats, wie sie vom Bundesrat gewünscht worden ist, hat der Vermittlungsausschuß ohne längere Erörterungen vorgenommen, zumal der in der Sitzung anwesende Bundesminister für Verkehr einen Einspruch nicht erhoben hat.
Sehr eingehend erörtert wurden jedoch die Wünsche des Bundesrats zu dem Grundsatz des § 11, Erörterungen, die ihren Niederschlag in dem Vorschlag des Vermittlungsausschusses zu § 11 Abs. 2 gefunden haben. Der Bundesrat wollte auch hier eine grundsätzliche Erweiterung der Zuständigkeiten des Verwaltungsrats durch die Bestimmung seiner Kompetenz-Kompetenz, d. h. seines Rechtes, alle Angelegenheiten der Bundesbahn an sich zu ziehen und zuständigkeitshalber zu entscheiden. Gegenüber diesem Wunsche haben nicht nur Abgeordnete dieses Hohen Hauses, sondern hat auch der Bundesminister für Verkehr ernsthafte Bedenken erhoben. Sie sind von der Erwägung ausgegangen, daß die Erledigung aller laufenden Angelegenheiten eindeutig beim Vorstand liegen und der Verwaltungsrat auf die großen und für die Bundesbahn wichtigen Aufgaben beschränkt werden müsse. Demgegenüber wurde die Notwendigkeit betont, den Verwaltungsrat unter besonderen Umständen auch für Einzelfragen zuständig zu machen. Der Vermittlungsausschuß kam einstimmig zu dem dem Hohen Hause vorliegenden Vorschlag, den Verwaltungsrat über bestimmte Fragen von allgemeiner Bedeutung schlechthin, also unabhängig von einem Mehrheitsbeschluß, entscheiden zu lassen und ihm darüber hinaus das Recht zu geben, wichtige Einzelfragen dann an sich zu ziehen, wenn zwei Drittel seiner gesetzlichen Mitgliederzahl es verlangen. Als Ergebnis läßt sich also feststellen, daß der Verwaltungsrat die vom Bundesrat gewünschte Kompetenz-Kompetenz nicht, wohl aber die Beschlußzuständigkeit für bestimmte Fragen allgemeiner Bedeutung schlechthin und für wichtige Einzelfragen nach Mehrheitsbeschluß erhalten hat. Durch die gewählte Formulierung wird ausgeschlossen, daß der Verwaltungsrat mit allgemeinen Fragen unbestimmter Art und unbestimmten Umfanges befaßt wird und daß er sich nach dem Willen eines Mitgliedes oder weniger Mitglieder mit irgendwelchen Einzelfragen befassen muß. Diese Abgrenzung bedeutet im Hinblick auf
den vorhin erwähnten § 8 Abs. 1, daß der Vorstand an die Beschlüsse des Verwaltungsrats nur im Rahmen der Zuständigkeiten nach § 11 Abs. 2 gebunden ist.
Die bisherigen Änderungsvorschläge — es sind die Nrn. 1 bis 5 der genannten Drucksache — stehen nach der Auffassung des Vermittlungsausschusses untereinander in einem so engen Zusammenhang, daß über sie nur gemeinsam abgestimmt werden kann. Ich darf insoweit auf den Beschluß des Vermittlungsausschusses am Ende der erwähnten Drucksache hinweisen.
Zum Schluß noch ein paar Worte zu den beiden letzten Änderungsvorschlägen. Zu § 40 Abs. 2 hat sich der Vermittlungsausschuß nach eingehender Erörterung des Für und Wider im wesentlichen der Auffassung angeschlossen, die der Ausschuß für Verkehrswesen dieses Hohen Hauses' vertreten hat und die sich auch der Bundesrat zu eigen gemacht hat. Es handelt sich um die Verkaufsstellen auf den Bahnhöfen. Nach seinem in dritter Lesung gefaßten Beschluß wollte der Bundestag eine gegenüber dem ortsansässigen Einzelhandel abweichende Regelung für Bahnhofsverkaufsstätten nur insoweit zulassen, als diese Verkaufsstätten hinter der Sperre liegen. Diese Einteilung der Bahnhofsverkaufsstätten in solche vor und solche hinter der Sperre hält der Vermittlungsausschuß für sachwidrig. Einmal sind die örtlichen Verhältnisse seit jeher verschieden gewesen. Zum anderen ist die Errichtung von Verkaufsstätten vor und hinter der Sperre zufallsbedingt. Diese Verschiedenheiten und Zufälligkeiten sind durch die starken Kriegszerstörungen noch vermehrt worden, so daß von einer Regel nicht mehr gesprochen werden kann. Außerdem beabsichtigt die Bundesbahn, im Laufe der Zeit dem Beispiel der Schweiz und anderer Länder zu folgen und die Bahnhofssperren zunächst versuchsweise und dann vielleicht allgemein ganz oder teilweise aufzuheben. Damit würde die gesetzlich getroffene Regelung — vor oder hinter der Sperre — gegenstandslos und das Bundesbahngesetz lückenhaft.
Der Vermittlungsausschuß hält es daher mit den anderen genannten Gremien für zweckmäßig, eine allgemeine, unmittelbar im Gesetz niedergelegte Regelung zu vermeiden und den Erlaß der notwendigen Verwaltungsvorschriften den drei beteiligten Bundesministern zu überlassen. Diese weitere Regelung bietet dann auch die Möglichkeit, den erwähnten örtlichen Verschiedenheiten besser als durch Gesetz zu entsprechen. Durch diese Verordnungen können auch die berechtigten Beschwerden des Einzelhandels berücksichtigt werden. Auch das Hohe Haus hat immer die Möglichkeit, sich mit diesen Verordnungen zu befassen und Stellung zu ihnen zu nehmen.
Der letzte Änderungsvorschlag des Vermittlungsausschusses bezieht sich auf das Inkrafttreten des Gesetzes. Die Änderung erschien notwendig, weil kein Bedürfnis dafür besteht, das Gesetz mit Rückwirkung in Kraft zu setzen.
Um meinen Bericht vollständig zu erstatten, muß ich noch erwähnen, daß der Vermittlungsausschuß hinsichtlich zweier Bestimmungen auf die Wünsche des Bundesrats nicht eingegangen ist. Der Antrag, die Zusammensetzung des Vorstandes zu ändern — es handelt sich um die Bestimmung des § 7 Abs. 1 des Entwurfs —, ist mit 18 Stimmen abgelehnt worden. Mit dieser Beschlußfassung erübrigt es sich, auf gewisse Zweifel an der Wirksamkeit des seinerzeit vom Bundesrat gefaßten Beschlusses einzugehen.
Der andere Fall betrifft den § 9 Abs. 3. Hier glaubte der Vermittlungsausschuß der Anregung des Herrn Bundesverkehrsministers entsprechen zu sollen, die dahin ging, an dem Beschluß des Bundestages über die Unvereinbarkeit der Mitgliedschaft im Verwaltungsrat der Bundesbahn mit der in Regierungen oder Verwaltungen des Bundes und der Länder festzuhalten. Es wurde aber im Vermittlungsausschuß auch von dem Herrn Bundesminister für Verkehr ausdrücklich betont, daß die Fassung des Abs. 3 des § 9 — es handelt sich nur um eine Soll-Vorschrift — es nicht ausschließt, daß der Bundesrat den einen oder andern besonders sachkundigen Angehörigen von Regierungen oder Verwaltungen der Länder doch als Mitglied des Verwaltungsrats vorschlägt.
Im übrigen sind die Änderungsvorschläge des Vermittlungsausschusses einstimmig beschlossen worden. Lediglich bei dem Beschluß zu § 40 Abs. 2 hat sich ein Mitglied des Ausschusses der Stimme enthalten.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Beratungen des Entwurfs des Bundesbahngesetzes haben lange Zeit in Anspruch genommen. Schon am 9. Dezember 1949 hatte sich der Bundesrat mit dem Entwurf des Landes Nordrhein-Westfalen befaßt. Die beiden Entwürfe, der des Bundesrats und der der Bundesregierung, sind dann im Sommer 1950 diesem Hohen Hause vorgelegt worden. Sie sind eingehend beraten worden. Das endgültige Ergebnis liegt nun vor. Im Hinblick auf die Einmütigkeit im Vermittlungsausschuß, der eine Regelung gefunden hat, die nach seiner Auffassung alle Teile befriedigen kann, bitte ich Sie namens des Ausschusses, den Änderungsvorschlägen zuzustimmen und damit das Wort wahr zu machen: „Was lange währt, wird endlich gut"!