Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich darf zu dem Antrag Drucksache Nr. 2597 und dem Antrag Umdruck Nr. 333 im Benehmen mit dem Bundeskanzleramt — Dienststelle Blank — Stellung nehmen.
Der Antrag verlangt in Ziffer 1, die Bundesregierung solle gebeten werden, durch Verhandlungen mit den zuständigen amerikanischen Besatzungsbehörden zu erreichen, daß die Räumung des für militärische Zwecke beschlagnahmten Raumes Hohenfels und Umgebung bis zu einem Endtermin — 1. Februar 1952 — verschoben wird. Ich bemerke hierzu: Die Inanspruchnahme des ehemaligen Truppenübungsplatzes Hohenfels — Größe zirka 100 Quadratkilometer — und eines erheblichen Erweiterungsgeländes in westlicher Richtung — zirka 60 Quadratkilometer — geht zurück auf die Anfang Februar 1951 von der US-Besatzungsmacht gestellte Anforderung auf Bereitstellung eines großen Truppenübungsplatzes im Bereich der amerikanischen Zone. Von der US-Armee waren hierfür mehrere Gebiete genannt worden, die entweder von der Bundesregierung und den Landesregierungen abgelehnt werden mußten oder nachträglich von der US-Armee selbst als ungeeignet bezeichnet wurden. Schließlich richtete sich das Interesse der US-Armee auf den ehemaligen Truppenübungsplatz Hammelburg, von dessen Anforderung sie jedoch in Würdigung der von der bayerischen Staatsregierung geltend gemachten Einwendungen absah, als diese auf den ehemaligen Truppenübungsplatz Hohenfels verwies.
In einer Besprechung am 17. August 1951 zwischen Vertretern der Bundesregierung und der Landesregierung wurde der Inanspruchnahme des ehemaligen Truppenübungsplatzes Hohenfels mit
einer Ausweitung in westlicher Richtung zugestimmt. Die in dieser Besprechung getroffenen Abmachungen wurden am 24. August 1951 vom Amt des amerikanischen Hohen Kommissars mit dem Bemerken bestätigt, daß das Gebiet nunmehr requiriert werden würde. Zugleich hat das Amt des amerikanischen Hohen Kommissars folgende Räumungstermine bekanntgegeben: Kasernenareal — sogenanntes Barackenlager —: 1. Oktober 1951, Gebiet A: 15. Oktober 1951, Gebiet B: 1. November 1951, Gebiet C: 15. November 1951. Im Hinblick auf den außerordentlichen Umfang des abzutransportierenden Materials und die Tatsache, daß die erforderlichen Ersatzunterkünfte trotz der von der Bundesregierung und der Landesregierung eingeleiteten Maßnahmen nicht rechtzeitig bereitgestellt werden können, hat das Bundeskanzleramt — Dienststelle Blank — um eine grundsätzliche Verlängerung der Räumungsfristen nachgesucht. Das Hauptquartier der amerikanischen Armee hat leider eine allgemeine Verlängerung der Räumungsfristen abgelehnt. Die örtlichen amerikanischen Dienststellen haben jedoch in Erkenntnis der Schwierigkeiten die erste Räumungsfrist verlängert, zumal die Räumung des „Lagers Hohenfels" bereits Ende September 1951 tatkräftig in Angriff genommen worden ist.
In Ziffer 2 des Antrags wird die Bundesregierung gebeten, eine sofortige Bereitstellung von 20 Millionen DM für die durch die Räumung entstandene Besitzablösung zu gewährleisten. Auf dem nunmehr festgelegten Übungsplatz sind ansässig 1494 Personen — Nichtlandwirte —, davon zirka 900 Personen in Lagern, und 171 einheimische landwirtschaftliche Betriebe, 174 Flüchtlingssiedler, 22 industrielle und gewerbliche Betriebe, insgesamt 3277 Personen. Die Maßnahmen zur anderweitigen Unterbringung der Räumungsbetroffenen wurden sowohl von der Bundesregierung als auch von der Landesregierung unverzüglich in Angriff genommen. In einer ersten Besprechung am 27. August 1951 wurden die grundsätzlichen Maßnahmen festgelegt. Das Bundesministerium der Finanzen hat hierzu mit Schreiben vom gleichen Tage, vom 27. August 1951, im Einvernehmen mit den im Interministeriellen Ausschuß der Bundesregierung vertretenen Bundesressorts Stellung genommen. Im Anschluß an eine Besprechung am 24. September 1951 in Parsberg hat das Bundesministerium der Finanzen mit Schreiben vom 6. Oktober 1951 ergänzende Richtlinien erlassen.
Im einzelnen sind zur anderweitigen Unterbringung des oben erwähnten Personenkreises folgende Maßnahmen vorgesehen:
a) Für Nichtlandwirte: Die anderweitige Unterbringung der Personen erfolgt in Ersatzunterkünften, die an arbeitsmarktpolitisch günstigen Orten in Bayern und in Nordrhein-Westfalen errichtet sind oder errichtet werden. Folgende Endlösungen sind hier vorgesehen: für Nürnberg 390 Personen, Augsburg 181, Amberg 205, Ingolstadt 106, Kaufbeuren 38, Parsberg-Hohenfels 195, Passau 4, München 15, Deggendorf 8 und Nordrhein-Westfalen 352 Personen. Ein Teil dieser Personen muß bis zur Erstellung von Dauerunterkünften in den oben genannten Orten bzw. im Lande Nordrhein-Westfalen zunächst zwischenzeitlich untergebracht werden. Die entsprechende Anzahl von Zwischenunterkünften steht zur Verfügung, so daß noch bis Ende dieses Monats die anderweitige Unterbringung der Personen durchgeführt sein wird.
Bei den vorgesehenen Unterbringungsmaßnahmen kann auf eine größere Anzahl fertiggestellter Ersatzwohnungen in Nürnberg, Augsburg, Amberg, Passau, München und Deggendorf zurückgegriffen werden. Einschließlich der für diese Bauvorhaben bereits aufgewendeten Mittel werden für die Ersatzwohnungsbauten zur Unterbringung von verdrängten Personen aus Hohenfels Mittel des Einzelplans XXVII in Höhe von mehr als sechs Millionen DM bereitgestellt. Zur Durchführung von Anlaufarbeiten bei Neubauvorhaben sind dem Bayerischen Staatsministerium der Finanzen Haushaltsmittel von zunächst 600 000 DM zur Verfügung gestellt worden.
b) Einheimische Bauernfamilien: Nach den geltenden alliierten Vorschriften wird den von einer Requisitionsmaßnahme Betroffenen eine laufende Nutzungsvergütung zu Lasten des alliierten Besatzungskosten- und Auf tragsausgabenhaushalts bezahlt. Um jedoch den Landwirten die Möglichkeit zu geben, sich an anderer Stelle ein Ersatzanwesen zu beschaffen, hat das Bundesministerium der Finanzen im Einvernehmen mit den beteiligten Bundes- und Landesressorts die Oberfinanzdirektion Nürnberg ermächtigt, die 171 einheimischen landwirtschaftlichen Betriebe — ohne Inventar — für den Bund zu dem preisrechtlich zugelassenen Preis mit Mitteln des Einzelplans XXVII käuflich zu erwerben, soweit die Eigentümer zum Verkauf bereit sind.
Das Bundesministerium der Finanzen hat ferner die Bayerische Landessiedlung GmbH. ermächtigt, Ersatzanwesen aufzukaufen. Zu diesem Zweck sind ihr zunächst Bundesmittel in Höhe von 2,5 Millionen DM zur Verfügung gestellt worden. Um diejenigen Landwirte, die eine Möglichkeit haben, selbst ein entsprechendes Ersatzanwesen käuflich zu erwerben, in die Lage zu versetzen, Anzahlungen zu leisten, ist die Oberfinanzdirektion Nürnberg angewiesen worden, Vorschußzahlungen bis zur Höhe des zweifachen, in besonderen Ausnahmefällen bis zur Höhe des zweieinhalbfachen Einheitswertes zu leisten. Für den Fall, daß die Kaufpreise für die Ersatzanwesen die Verkaufspreise für die alten Gehöfte in Hohenfels übersteigen, hat sich das Bundesministerium der Finanzen bereiterklärt, die Finanzierung der Spitzenbeträge zu tragbaren Bedingungen zu übernehmen.
c) Flüchtlingssiedler: Zur anderweitigen Unterbringung der Flüchtlingssiedler aus Hohenfels ist die Errichtung von 73 Vollbauernstellen und 6 Nebenerwerbsstellen auf Bodenreformland vorgesehen. Ein Teil dieser Ersatzhöfe ist bereits im Bau. Für diesen Zweck wird der Bayerischen Landessiedlung GmbH. ein der Höhe nach noch festzusetzendes Bundesdarlehen zur Verfügung gestellt, das im Rahmen der tragbaren Rente zu verzinsen und zu tilgen ist. Für Anlaufmaßnahmen sind bisher Haushaltsmittel in Höhe von 723 000 DM zur Verfügung gestellt worden. Weitere Haushaltsmittel in Höhe von 1, 3 Millionen DM werden nach Eingang der angekündigten Unterlagen zur Verfügung gestellt werden. Das Bundesministerium der Finanzen hat die Bayerische Landessiedlung GmbH: ferner beauftragt, für den Ankauf weiterer 73 Höfe und 22 Nebenerwerbsstellen besorgt zu sein.
d) Industrielle und gewerbliche Betriebe: Der größte Teil der gewerblichen Betriebe wird in Räumen untergebracht werden, die im Rahmen der Ersatzwohnungsbauprogramme errichtet werden. Den anderen Betrieben werden — wie in solchen
Fällen üblich — Bundesdarlehen zur Erstellung eines Ersatzbetriebes gewährt.
Da nach Lage der Dinge damit gerechnet werden kann, daß die Landwirte nicht sämtlich, vor Einbruch des Winters in Ersatzhöfen untergebracht werden können, hat das Bundesministerium der Finanzen sich bereiterklärt, Bundesmittel auch für die Herrichtung von Zwischenunterkünften zur Verfügung zu stellen.
Auch hier sind bereits entsprechende Vorbereitungsmaßnahmen getroffen worden.
Aus diesen Ausführungen bitte ich zu entnehmen, daß die Bundesregierung alle Maßnahmen ergriffen hat, um die von der Räumung des Truppenübungsplatzes Hohenfels betroffenen Personen und Betriebe so schnell wie möglich in angemessener Weise anderweitig unterzubringen. Die dafür erforderlichen Haushaltsmittel werden dem Bayerischen Staatsministerium der Finanzen laufend in ausreichender Höhe zu Lasten des Einzelplans XXVII zur Verfügung gestellt.
In dem Antrag ist davon gesprochen, daß ein Betrag bis zu 20 Millionen DM zur Verfügung gestellt werde. Meine Damen und Herren, ich darf Ihnen versichern, daß das Bundesfinanzministerium damit rechnen muß, daß dieser Betrag von 20 Millionen DM überstiegen werden wird. Ich bin sehr gern bereit, auf der einen Seite von dem Herrn Abgeordneten Kahn, auf der andern Seite von Herrn Abgeordneten Meitinger zu hören, daß diese Gelegenheit dazu dienen soll, den Schaden auszugleichen und gleichwertige Anwesen zur Verfügung zu stellen. Mit dem Begriff „gleichwertige Anwesen" haben sie die Absicht des Bundesfinanzministeriums getroffen. Gleichwertige Anwesen werden zur Verfügung gestellt. Ich liebe meine bayerische Heimat, das wissen Sie; aber ich habe auch die Verpflichtung, den deutschen Steuerzahler vor Gewinnlern aller Aktionen sämtlicher Arten, wie sie auch sein mögen, zu schützen.
Ich bin also sehr gern bereit, gleichwertige Ersatzanwesen zu beschaffen. Die Wege, die der Bund beschritten hat, sind nach meiner Überzeugung diejenigen, die im Rahmen des Möglichen liegen. Ich bitte die Antragsteller, in Bayern dahin zu wirken, daß anerkannt wird, daß der Grundsatz der Gleichwertigkeit nach unten wie nach oben aufrechterhalten werden muß.
Ich möchte zu dem Antrag auf Umdruck Nr. 333 noch bemerken: er scheint in der Fassung an dem vorbeizugehen, was die Maßnahmen wirklich sind. Es handelt sich nicht um „Feststellung der Entschädigungen", sondern es handelt sich darum, daß auf der einen Seite die Anwesen, die geräumt werden müssen, aufgekauft werden und daß auf der anderen Seite Mittel zur Beschaffung von Ersatzanwesen zur Verfügung gestellt werden.
Soweit der Antrag die Errichtung und den Aufbau einer neuen gleichwertigen Existenz verlangt, hat er mit dem von mir vorhin ausgesprochenen Vorbehalt meine volle Zustimmung. Wenn scherzhaft bemerkt worden ist, es sei nicht erfreulich, daß über die Gelder in Bonn verfügt werde, so bin ich sehr gern bereit, über die Gelder, die der bayerische Staat in Höhe von 2 Millionen DM in Aussicht gestellt hat, keinerlei Verfügung zu treffen, wenn der bayerische Staat sie wirklich zur Verfügung stellt. Aber über die Gelder, die der Bund zur Verfügung stellt, muß natürlich der Bund auch die Verfügung treffen.