Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Heute soll nun Bericht erstattet werden über die Frage, wie die Beamtenbesoldung für dieses Haushaltsjahr endgültig werden soll. Schon bei der ersten Lesung dieses Gesetzes hat sich eine gewisse Divergenz zwischen der Regierungsvorlage einerseits und der Haltung sämtlicher Fraktionen andererseits ergeben. Diese Divergenz durchzog auch die Beratungen des Beamtenrechtsausschusses. Zunächst hat der Beamtenrechtsausschuß in der ersten der drei Beratungen, die er zu diesem Gesetz abhielt, die von den Sprechern aller Fraktionen vorgetragene Meinung, daß die gleiche Behandlung der verschiedenen Beamtengruppen oberster Grundsatz sei, durch einen einstimmigen Beschluß erhärtet. Wie diese Gleichstellung in dem vorliegenden Gesetz zur Änderung und Ergänzung des Besoldungsrechts durchzuführen ist, will ich Ihnen nun an Hand der Drucksache Nr. 2660 vortragen.
Der Beamtenrechtsausschuß hat den Gesetzentwurf der Regierung in den §§ 1 bis 4, 6 und 7 sowie 11 unverändert angenommen. Die §§ 8 bis 10, worin die für den Bund festgesetzten Bezüge auch für die Länder als verbindlich erklärt wurden, sind gestrichen worden. Hinsichtlich des § 5 hat der Ausschuß entscheidende Änderungen mit der Neufassung des § 5 und der Einfügung des § 5 a vorgenommen. In diesen §§ 5 und 5 a liegt das Schwergewicht der Änderungen. In ihnen kommt der Grundsatz gleicher Behandlung von aktiven Beamten und Pensionären zum Ausdruck, zu dem sich alle Fraktionen dieses Hauses sowohl bei der ersten Lesung im Plenum als auch bei den Beratungen im Beamtenrechtsausschuß bekannt haben.
Im einzelnen behandeln die §§ 1 bis 4 die seit dem Reichsbesoldungsgesetz vom 16. Dezember 1927 eingetretenen Veränderungen. Es ist dies ein fast undurchsichtiges Gestrüpp von Gehaltskürzungen und wieder gewährten Zulagen für einzelne Gruppen. Bei diesen Paragraphen, die vom Ausschuß unverändert übernommen worden sind, handelt es sich nicht um neue Dinge insofern, als sie lediglich die gesetzliche Sanktionierung schon bestehender vorläufiger Regelungen darstellen. So sanktioniert z. B. § 1 den bereits erfolgten Fortfall der 6 % igen Gehaltskürzung seit dem 1. Oktober 1950.
Bei § 4 sollte anläßlich der Berichterstattung klargestellt werden, daß er sich auch auf das Gesetz zu Art. 131 des Grundgesetzes bezieht, weil dieses Gesetz nach dem in § 4 aufgeführten Zeitpunkt in Kraft getreten ist.
§ 6, der ebenfalls unverändert übernommen ist, bezieht sich auf die sogenannten „Königsteiner" Zulagen.
Bei § 7, der Frage, ob jetzt schon die Ortsklasseneinteilung geändert werden kann oder muß, waren die Meinungen im Ausschuß sehr geteilt. An sich waren alle Mitglieder des Ausschusses der Meinung, daß die Ortsklasseneinteilung einer Revision unterzogen werden muß, insbesondere deshalb, weil die Höhe der Miete heute nicht mehr als Maßstab schlechthin angesehen werden kann. In verschiedener Hinsicht wurden aber Bedenken gegen den § 7 vorgetragen. Einmal ein sehr schwerwiegendes Argument: daß es sich nämlich hierbei um eine Frage handle, die der Legislative, dem Gesetzgeber vorbehalten sei und vorbehalten bleiben müsse. Diesem Einwand begegnete man mit der Feststellung, die Änderung der Ortsklasseneinteilung solle sich in der Tat nur auf besonders begründete Ausnahmefälle beziehen. Ferner wurde auf die technische Schwierigkeit hingewiesen, die dadurch entstehen würde, daß zu den bereits vorliegenden Anträgen noch eine große Anzahl weiterer eingehen werde, wenn der § 7 angenommen wird. Man hat sich aber im Ausschuß schließlich doch mit knapper Mehrheit dahin entschieden, den § 7 so zu belassen, weil man sich dem Argument nicht verschließen konnte, daß in einigen besonders krassen Fällen wirklich eine schnelle Hilfe nottut und daß man ein Ventil haben müsse, schon jetzt die dringlichsten Mißstände abzustellen. Ich habe aber den Auftrag des Ausschusses, ausdrücklich zu betonen, daß er bei der Billigung dieser Bestimmung des Regierungsentwurfs der Meinung war, daß sich die hiermit der Regierung erteilte Ermächtigung wirklich auf Ausnahmefälle beschränken solle.
Die §§ 8 bis 10 der Regierungsvorlage sind gestrichen worden. Die Paragraphen sahen eine Sperrbestimmung gegenüber den Ländern vor, die abweichende Regelungen getroffen haben oder etwa noch treffen wollten. Obwohl man im Ausschuß an sich ein einheitliches Recht für die Beamten im gesamten Bundesgebiet für erstrebenswert erachtete, hielt man eine Sperrbestimmung im gegenwärtigen
Augenblick noch für verfrüht, da die Dinge beamtenrechtlich noch nicht ausgegoren sind. Man kann doch schlecht eine Lösung, von der man weiß, daß sie noch nicht die endgültige ist, sondern daß sie nur im Rahmen dieses Haushalts die bestmögliche Lösung war, auf alle anderen Länder übertragen wollen. Das erschien jedenfalls dem Ausschuß nicht zweckmäßig. Das hätte überdies auch eine sehr mißliche praktische Konsequenz gehabt. Da nämlich nach dem Entwurf keine Teuerungszulagen für Kindergelder gewährt werden, wäre die Folge gewesen, daß die in Nordrhein-Westfalen gezahlten Teuerungszulagen für das Kindergeld wieder hätten in Fortfall kommen müssen. Das wäre allein schon aus sozialen Gründen nicht tragbar. Der Ausschuß war daher auch der Meinung, daß im Grunde auch bei Kindergeld eine Teuerungszulage gewährt werden müßte. Eine entsprechende Entschließung des Ausschusses werde ich am Schluß meiner Ausführungen verlesen.
Die Streichung des § 9, der die Sperrvorschrift hinsichtlich der Pensionäre enthielt, wurde vom Ausschuß einstimmig beschlossen.
§ 10 enthielt eine technische Regelung. Er nahm Bezug auf Kap. VIII des Gesetzes von 1933, worin die Angleichung der Länderbesoldung an die Reichsbesoldung erfolgt ist. Diese Bestimmungen gelten auch heute noch, und das sollte durch § 10 lediglich festgestellt werden. Der Ausschuß hielt eine solche Klarstellung für überflüssig und hat aus diesem Grunde den Paragraphen gestrichen. Er hat also damit nicht zum Ausdruck bringen wollen, daß nach seiner Meinung diese Bestimmungen etwa nicht mehr gelten.
Ich komme nun zu dem Kernstück des ganzen Gesetzes, nämlich zu dem § 5 und dem neu eingefügten § 5 a. Die Rechtsfrage, ob etwa eine Änderung im Besoldungsrecht auch verbindlich und maßgeblich für die in diesem Zeitpunkt bereits pensionierten Staatsdiener sei, konnte man im Ausschuß dahingestellt sein lassen, da es sich in dem vorliegenden Gesetz nicht um Schaffung neuen Rechts, sondern im Grunde nur um eine rein geldmäßige Angleichung an die eingetretene Teuerung handelt. Es handelt sich also nicht etwa um eine neue Besoldungsform, sondern nur um einen Ausgleich gegenüber der eingetretenen Geldentwertung. Da das Gesetz jetzt mitten im Haushalts-j ahr behandelt werden mußte, waren dem Ausschuß die Hände ziemlich gebunden. Infolgedessen standen auch im großen und ganzen keine Dinge zur Debatte, für die die Ausgaben wesentlich über die nach der Regierungsvorlage entstehenden hinausgegangen wären. Ich möchte hier feststellen, daß sich sämtliche Fraktionen auch im Ausschuß im Bewußtsein ihrer Verantwortung das entsprechende Maß von Selbstdisziplin auferlegt haben. Deshalb standen nur Regelungen zur Debatte, die auch in den nun einmal gegebenen finanziellen Rahmen dieses Haushaltsjahres hineinpaßten.
Die anläßlich der ersten Lesung dieses Gesetzes seitens der Regierungsparteien beantragte 15prozentige Zulage für alle ab 1. April dieses Jahres mußte einem besseren Vorschlag Platz machen, nach dem man lieber ab 1. Oktober dieses Jahres eine 20prozentige Erhöhung für alle in Kraft treten lassen wollte. Kostenmäßig schlagen sowohl diese Regelung wie auch die Regelung mit den 15 % ab 1. April dieses Jahres ebenso wie auch die Regierungsvorlage gleich stark zu Buche; sie belasten den Bundeshaushalt mit rund 25 Millionen DM.
Die nunmehr vom Ausschuß getroffene Regelung bringt einen Kostenaufwand von 26,5 Millionen DM mit sich.
— Jawohl, plus 10 Millionen für die Übergangsgehälter. — Die Ausschußregelung sieht nun vor, daß die aktiven Beamten, die die 15 % schon ab 1. April im Wege des Vorschusses erhalten, diese auch weiter für die Zeit des ersten Halbjahres dieses Haushaltsjahres, also vom 1. April bis zum 30. September, behalten sollen. Darüber hinaus erhalten nun sowohl die aktiven Beamten als auch die Pensionäre des Bundes und die Empfänger von Übergangsgehältern nach dem Gesetz zu Art. 131 des Grundgesetzes ab 1. Oktober 1951 einen 20prozentigen Zuschlag. Daneben ist der Vorschlag der Regierungsvorlage beibehalten worden, wonach in den unteren Gruppen bis zu 230 DM eine zusätzliche Teuerungszulage, gestaffelt von 6 bis 24 DM, gewährt wird. Diese Zulage ist auch vom 1. Oktober 1951 an ruhegehaltsfähig. Nach § 5 a Abs. 1 am Schluß werden in den Fällen, in denen der Berechnung ein Grundgehalt nicht zugrunde liegt, die Versorgungsbezüge nur um 16 % erhöht. Dieser Prozentsatz bedeutet aber praktisch dieselbe Erhöhung wie eine 20prozentige Erhöhung des Grundgehaltes. Die Öffentlichkeit möge daraus ersehen, daß es sich im Grunde genommen eben in Wahrheit überhaupt nur um eine 16prozentige und nicht um eine 20prozentige Erhöhung der Gesamtbezüge handelt!
Den Ausschuß für Beamtenrecht in seiner Gesamtheit hat natürlich sehr stark die Frage berührt — und er hat sie demgemäß auch eingehend erörtert —, was nun mit den Pensionären nach dem Gesetz zu Art. 131 des Grundgesetzes werden kann und soll. Hierbei war die Lage insofern haushaltsmäßig schwierig, weil es sich bei einer 20prozentigen Erhöhung der Pensionen der 131 er um einen Betrag von nahezu 100 Millionen DM im Haushaltsjahr handelt. Dieser Betrag konnte nicht mit dem für den Regierungsentwurf angesetzten Betrag von 25 Millionen DM ausgeglichen werden. Er war zu hoch, als daß man ihn — woran man ja denken konnte — durch Herabsetzung des Prozentsatzes für die übrigen Gruppen in irgendeiner Form hätte kompensieren können. Der Ausschuß — und das möchte ich namens des Ausschusses hier feststellen — hat diese Situation ausdrücklich bedauert und hat bei den Beratungen seinen Willen bekundet, eine weitere Fortsetzung einer ungleichmäßigen Behandlung der verschiedenen Beamtengruppen für die Zukunft auf jeden Fall zu vermeiden. Deswegen hat der Ausschuß von sich aus bereits eine Entschließung vorgelegt, die sicherstellen soll, daß die Mittel für das nächste Haushaltsjahr gleich bei Aufstellung des Haushaltsplanes eingesetzt werden, damit der vom Bundestag am 2. Dezember 1949 beschlossene Grundsatz der gleichen Behandlung aller Beamtengruppen spätestens vom 1. April des nächsten Jahres ab seine Verwirklichung finden kann.
Nach dem Entschließungsantrag des Ausschusses für Beamtenrecht wird die Bundesregierung ersucht:
1. im Zusammenhang mit der neuen Regelung des Besoldungsrechtes auch die Ruhestandsbeamten und Versorgungsberechtigten auf Grund des Gesetzes zu Art. 131 GG in bezug auf die Erhöhung der Bezüge zu berücksichtigen,
Deutscher Bundestag — 168- ,Sitzung. Bonn, Dienstag, den 16. Oktober 1951 6875
2. bei der Vorbereitung des neuen Besoldungsrechtes auch eine neue Regelung der Kinderzulagen mit dem Ziele der wirtschaftlichen Stärkung der Familien in Betracht zu ziehen,
3. die Sondervorschriften der bizonalen Sparverordnungen bei der bevorstehenden endgültigen Regelung des Bundesbeamtenrechtes zu beseitigen.
Ich möchte noch nachtragen, daß die Regelung, die heute beschlossen werden soll, nicht nur für die unmittelbaren Bundesbeamten, sondern auch für die Beamten der Bundesbahn und der Bundespost gilt.
Den Antrag des Ausschusses Drucksache Nr. 2660 muß ich nun noch in technischer Hinsicht berichtigen. Die Nr. 2 b) — Antrag der Fraktion der Bayernpartei betreffend § 52 Abs. 3 des Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse der unter Art. 131 des Grundgesetzes fallenden Personen — ist zu streichen, da sie nicht im sachlichen Zusammenhang mit dem vorliegenden Gesetzentwurf steht.
Der Ausschuß bittet im übrigen, den Gesetzentwurf in der Fassung anzunehmen, die der Ausschuß vorgeschlagen hat, und zwar möglichst in zweiter und dritter Lesung noch heute! Er beantragt ferner, die unter Nr. 2 aufgeführten Anträge des Zentrums, der Bayernpartei, der Freien Demokratischen Partei und der Deutschen Partei für erledigt zu erklären, ebenso die zu diesem Gesetzentwurf eingegangenen Petitionen.