Rede von
Dr.
Hermann
Schäfer
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Weitere Wortmeldungen? — Herr Abgeordneter Dr. Mommer!
Dr. Mommer , Interpellant: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es muß in diesem Hause immer wieder festgestellt werden, daß die äußerste Linke kein Recht hat, in solchen Dingen überhaupt nur das Wort zu nehmen.
Ich habe eben festgestellt, daß in der von der SED
beherrschten Zone der Spitzel allgegenwärtig ist.
Wir können Ihnen durch die 1,3 Millionen Flüchtlinge, die wir hier haben, hundertfach beweisen,
daß drüben die Kinder gegen ihre eigenen Eltern
als Spitzel eingesetzt werden. Halten Sie hier also
den Mund, wenn von solchen Dingen die Rede ist!
— Halten Sie jetzt den Mund!
Nun zur Sache! Wir sind mit der Beantwortung der Interpellation durch den Herrn Bundesminister nicht zufrieden. Herr Bundesminister, warum machen Sie von vornherein die Konzession, daß es Telephon- und Postüberwachung geben könne, die aus militärischen Gründen wirklich notwendig sei? Haben Sie sich vielleicht einmal erkundigt, wie das in Frankreich geregelt ist? Dort sind französische Truppen, und dort sind auch amerikanische Truppen. Und wenn es da einen Unterschied zwischen uns und da drüben geben sollte, dann können Sie daran sehen, was bei uns Besatzungsregime und was da drüben freie Abmachung zwischen zwei freien, gleichberechtigten Staaten ist.
Herr Müller glaubte, hier von den USA reden zu können. Ich war damals einmal in den Staaten, als gerade ein großer Skandal losging, weil die FBI — das, nun, sagen wir: Nachrichtenbüro — Telephone angezapft und Gespräche abgehört hat.
Da gab es einen Riesenskandal in der freien Presse dieses Landes. Soviel ich weiß, sind die Dinge abgeschafft worden.
In einer Demokratie erträgt man das nicht, auch wenn es aus militärischen Gründen gerechtfertigt wäre. Die Militärs sollen es sich nicht so leicht machen, Herr Minister! Wenn sie etwas wissen müssen, dann können sie das unter Beachtung der demokratischen Grundsätze tun.
Wenn sie das tun, dann soll es uns recht sein; aber sie sollen unsere Verfassung nicht zum Gespött machen.
Mit solchen Methoden, wie sie im Dritten Reich üblich waren, wie sie bei Ihnen da drüben täglich geübt werden, kann jeder Esel Geheimpolizist sein.
Man sollte mit seinem Verstand versuchen, etwas mehr herauszubekommen, und nicht durch Verletzung demokratischer Grundsätze, die man andererseits zu schützen und zu fördern vorgibt.
Auch Ihr Optimismus, Herr Bundesminister, erscheint uns ungerechtfertigt zu sein. Sie meinen, wenn man mit ihnen recht nett redet und ihnen von vornherein Konzessionen macht, wird man das Minimum erreichen, daß man z. B. die Abgeordneten nicht mehr abhört, weil die ja eben am
meisten Lärm schlagen können. Mit so wenig sollten wir uns nicht zufriedengeben. Wir sollten zäh verhandeln, und wir sollten vor allem das Problem auf die Ebene heben,. auf die es gehört, nämlich die rechtliche.
Ich will mich nicht wiederholen. Ich habe dargetan, daß keine Rechtsgrundlage für dieses Vorgehen der Besatzungsmächte vorhanden ist. Und nur auf dieser Ebene sollten wir verhandeln. Es ist j a nicht das erste Mal, Herr Minister, daß wir feststellen, daß Sie sozusagen allzuleicht alles für bare Münze nehmen, was Ihnen von den Besatzungsmächten gesagt wird. Vor einigen Wochen haben wir hier von den Posttarifen zum Saargebiet gesprochen und festgestellt, daß so etwas mit Gesetzeskraft auf Grund eines geheimen Briefwechsels zwischen den Behörden der Hohen Kommission und dem deutschen Postministerium verordnet wird. Die Herren sollen sich rechtsstaatliche Methoden hier in Deutschland angewöhnen, so wie sie uns gelehrt haben. Es ist einmal ganz gut, wenn wir gelehrige Schüler sind und von ihnen verlangen, daß sie sich an ihre eigenen Lehren halten.
In diesem Sinne möchte ich den Antrag der SPD-Fraktion wiederholen, daß der Herr Außenminister und Bundeskanzler über diese Verletzung des Besatzungsstatuts mit der Hohen Kommission verhandelt und daß die Zensur abgeschafft, ganz abgeschafft wird.