Meine Damen und Herren! Es gehört zur Übung der Parlamente, aus Anlaß der Diskussion über den Haushalt kritisch zu den Tätigkeitsgebieten der jeweils zu behandelnden Ministerien Stellung zu nehmen. So ist es heute unsere selbstverständliche und notwendige Pflicht, die Arbeit des Herrn Bundeswirtschaftsministers kritisch zu beleuchten. Es ist sicherlich
auch die gute Pflicht der Opposition, von sich aus gedrängt und zusammengetragen alles das vorzubringen, was sie kritisch zu bemerken hat. Ich muß aber sagen, daß ich die Opposition in der Art, in der heute die Kritik vorgetragen worden ist und in der die Tatsachen auch in Richtung auf das Gesamte, das wir zu vertreten haben, falsch vorgetragen worden sind, schlechterdings nicht verstanden habe.
Meine Damen und Herren! Es ist doch so, daß wir, die wir hier im Parlament tätig sind, alle eine gemeinsame Aufgabe haben. Diese gemeinsame Aufgabe sollte sein, den demokratischen Staat so attraktiv zu machen, wie das nur irgendwie geht.
Wenn wir gegen die Führung dieses Staates etwas
zu sagen haben, dann muß das, was zu sagen ist,
aber mit den Tatsachen übereinstimmen, und dann
darf man nicht aus taktischen Gründen über das,
was wirklich ist, hinausschießen und die positiven
Erfolge dieses Staates nur der Taktik wegen immer
in den Hintergrund drängen, denn so vernichten
wir das Ansehen dieses Staates. Es ist ein grober
Irrtum, wenn Sie, meine Herren von der Opposition, meinen, daß Sie durch eine solche Kritik
die Bevölkerung an sich ziehen könnten; Sie ziehen
sie über sich weg in die Opposition zu diesem Staat.
Ich muß zu meinem Bedauern sagen, daß Sie durch die Art, in der die Opposition heute geführt worden ist, einen solchen Beitrag geleistet haben.
Wenn hier gesagt worden ist, die Wirtschaftspolitik sei unter die Räder gekommen, wenn hier
gesagt worden ist, hier sei ein Dogma zusammengebrochen, die Wirtschaftspolitik sei ein soziales Argernis und diese Wirtschaft könne nicht ohne Lenkung und Planung wieder in Ordnung gebracht werden, dann ist das doch, gelinde gesagt, eine ganz grobe Unrichtigkeit.
Wenn irgendwo dieser Staat ganz große Erfolge gehabt hat, so ist dies gerade auf dem Gebiete der Wirtschaftspolitik unter Führung von Herrn Professor Erhard gewesen. Sehen wir uns doch einmal die Ausgangspunkte an: dieser Staat in zwei Teile geteilt, die Wirtschaft zum Teil durch Bombenangriffe zerstört, durch Demontagen stark gestört, stark gehemmt durch Produktionsverbote, durch die Inflation des Kapitals entblößt, — wenn von dort her dieser Staat wirtschaftspolitisch gesehen solche Erfolge erzielt hat, wie wir sie heute feststellen können und die ja schon zum Teil Gegenstand dieser Diskussion gewesen sind, dann können wir nur sagen: Alle Hochachtung vor solchen Leistungen! Und es sind nur die Deutschen und innerhalb der Deutschen im wesentlichen wieder die Opposition, welche diese Leistungen nicht anerkennen.
Wenn Sie Gelegenheit haben, im Ausland zu sein und mit Ausländern zu sprechen, dann hören Sie immer nur die Frage: Wie macht ihr Deutschen das eigentlich?
Meine Damen und Herren! Das Wichtigste und Wesentlichste war doch nach 1948 und nach 1949, das zu fördern, von dem wir alle leben, nämlich das Sozialprodukt zu erhöhen, oder, wie ich immer sage, den Suppentopf zu füllen, aus dem das deutsche Volk essen will. Hier haben wir es doch geschafft, daß, gemessen am Jahre 1936 — dieses Jahr mit 100 genommen — wir im Jahre 1949, als wir unsere Arbeit begannen, im Durchschnitt eine Produktion von 87,1 und heute ein Ergebnis von 127,5 erreicht haben. Das ist eine Steigerung von über 40 %. Wir haben auch nach Korea mehr als 20 % Steigerung erzielen können. Ich habe vor einigen Tagen einer Arbeitsgemeinschaft angehört, in der namhafteste Vertreter der deutschen Wissenschaft waren. Dort hat kein Geringerer als Professor Müller-Armack aus Münster ausgesprochen, daß dieser wirtschaftspolitische Erfolg Deutschlands hinsichtlich der Produktionssteigerung nach Korea das bedeutsamste gewesen sei,
was wir je in der deutschen Wirtschaftsgeschichte erlebt hätten.
Das muß man doch wissen, und davon muß man ausgehen. Das muß man auch in der Oppositionsführung gebührend würdigen.
Das ist aber nicht das einzige. Wir haben schon darauf hingewiesen, daß wir im Rahmen dieser Produktionssteigerung auch mehr Menschen beschäftigt haben. Als im Jahre des Heils 1948 in Frankfurt die ersten Schritte zur Befreiung der Wirtschaft getan wurden, haben uns die damaligen Vertreter der jetzigen Opposition vier bis fünf Millionen Arbeitslose prophezeit.
Was ist statt dessen eingetreten? Insgesamt haben wir erlebt, daß etwa 10 Millionen Menschen zusätzlich in die westdeutsche Bundesrepublik einströmten. Wir haben auf den Gebieten der Landwirtschaft nach der Stabilisierung verständlicherweise große Freisetzungen erlebt, und trotzdem ist es gelungen, die absolute Zahl der Beschäftigten ständig zu steigern. Im Jahre 1936 waren im jetzigen Gebiet der Bundesrepublik 13 785 000 Menschen beschäftigt, in einer damals relativ guten Beschäftigungssituation. Heute haben wir im gleichen Gebiet 14 721 000 Beschäftigte, also gemessen an 1936 rund eine Million Beschäftigte mehr. Gemessen am Jahre 1948 haben wir etwa anderthalb Millionen Menschen mehr in Arbeit gebracht, ganz abgesehen von der Tatsache, daß der einzelne gegenüber der damaligen Zeit mehr arbeitet und daß wir Leute hätten auf den Arbeitsmarkt bringen müssen, wenn wir das Sozialprodukt nicht gesteigert hätten. So haben wir praktisch noch einmal zusätzlich 2 Millionen Arbeitsplätze geschaffen, insgesamt also 3 1/2 Millionen Arbeitsplätze. Das sind die Arbeitsplätze, auf denen wir die Menschen beschäftigt haben, die hereingeströmt und zum Teil freigesetzt sind. Ist das kein Erfolg? Was hat das noch mit den Prophezeiungen zu tun, wie sie damals uns entgegengehalten wurden,
Prophezeiungen von 4 bis 5 Millionen Arbeitslosen? Statt dessen 3 1/2 Millionen Arbeitsplätze
und allerdings heute leider immer noch 1 1/2 Millionen Erwerbslose. Aber jedes Kind, das sich mit
diesen Dingen beschäftigt, weiß doch, daß diese
Menschen zum großen Teil deswegen arbeitslos
sind, weil sie in den Gebieten, wo sie sitzen, überhaupt nicht beschäftigt werden können. Es sind
also zum Teil Opfer der sogenannten strukturellen
Arbeitslosigkeit. Es muß selbstverständlich die
Aufgabe sein, auch diese Menschen in Arbeit zu
bringen. Die bisherigen Erfolge beweisen, daß wir
hier auf dem richtigen Wege waren. Wir dürfen hoffen, daß wir, auf die Dauer gesehen, auch diese Leute in Arbeit bringen.
Meine Damen und Herren! Es ist uns zu früherer Zeit vorgeworfen worden, wir hätten eine Wohnungsnot in großem Umfange. Die Opposition neigt überhaupt dazu, in ihrer Kritik jeweils einzelne Schwierigkeiten herauszugreifen und wegen einer einzelnen Schwierigkeit die ganze Arbeit zu verdammen. Wir haben weiß Gott auch heute noch Schwierigkeiten; es wäre sogar ein Wunder, wenn es nach einer solchen Niederlage, wie wir sie 1945 erlebt haben, heute keine Schwierigkeiten mehr gäbe.
Die Schwierigkeit der Wohnungsnot ist in einem geradezu grandiosen Maße überwunden worden: 350 000 Wohnungen im Jahre 1950, in diesem Jahre voraussichtlich wieder 350 000 Wohnungen gegenüber einer Wohnungsbauziffer von 230 000 Wohnungen im Jahre 1936. Das dürfte weiß Gott ein voller Erfolg sein, den wir unter allen Umständen herausstreichen müssen und den wir voll Stolz zu Buche schreiben dürfen.
Wie sieht es nun mit der Verteilung dieses zusätzlich gefüllten Suppentopfes aus? Das ist natürlich eine Angelegenheit, zu der man ja und auch nein sagen darf. Zunächst dürfen wir einmal feststellen, daß die Menschen, die irgendeine selbständige Tätigkeit ausüben, im Durchschnitt auf das Einkommen des Jahres 1936 und 1938 gekommen sind. Der Herr Bundeswirtschaftsminister hat weiter gegenüber dem Vorwurf des sozialen Ärgernisses schon mit vollem Recht darauf hin) gewiesen, daß es uns gelungen ist, der gewerblichen Arbeiterschaft einen Lohn zu verschaffen, der in seiner Realkaufkraft heute höher ist als 1938. Wir haben auch in der Entwicklung des Verhältnisses von Brutto-Wochenverdienst zu den Lebenshaltungskosten dauernd bessere Verhältnisse zugunsten der gewerblichen Arbeiterschaft schaffen können. Als wir im Jahre 1949 unsere Arbeit hier begannen, waren die Brutto-Wochenverdienste, gemessen an 1938: 140; sie sind heute 181,4. Bei diesen 181,4 haben wir heute einen Lebenshaltungskostenindex von 167. Es ist sogar besser, als der Herr Bundeswirtschaftsminister behauptet hat, allerdings auf Juni bezogen: ein Plus von 14 %. Sie hatten eben, glaube ich, wenn ich recht verstanden habe, 12 % genannt. Auf jeden Fall ist es ganz unbestritten, daß die gewerbliche Arbeiterschaft in der Realkaufkraft heute besser dasteht als im Jahre 1949, ja besser als 1938.
Angesichts dieser Situation ist allerdings zu sagen, daß wir jetzt endlich einmal für die anderen Schichten zu sorgen haben, für die Schichten, die Herr Bertram, glaube ich, angesprochen hat.
Es ist sicherlich unbestreitbar, daß bei der Einkommensverschiebung des deutschen Volkes diejenigen die Leidtragenden sind, die mit einem festen Einkommen gewissermaßen an der Wand stehen und nicht ausweichen können. Ich meine die Beamten, die Angestellten; ich meine die Rentner im weitesten Sinne des Wortes.
— Die freien Berufe zu einem Teile auch.
Wir haben ja hier in diesem Hause vor nicht alizulanger Zeit den Versuch gemacht, der Not
dieser Schichten durch ganz beträchtliche Aufbesserungen, die unseren Haushalt sehr stark belasten, abzuhelfen. Ich stimme der Auffassung durchaus zu und weiß, daß das noch nicht genügt und unter allen Umständen durchgesetzt werden muß, was man unter dem Schlagwort Entzerrung verstehen muß, nämlich eine Aufbesserung auch für diese Schichten. Ich glaube, wir würden unverantwortlich handeln, wenn wir gegenüber den hier und dort auch heute noch aufflackernden Lohnwünschen nachgäben, weil wir wissen müssen, daß durch ein solches Nachgeben diese anderen ärmeren und zurückgebliebenen Schichten noch schlechter davonkommen würden; denn man kann ja diesen Suppentopf nur einmal verteilen und nicht zweimal.
— Wie? - Man muß die zusätzliche Steigerung des Sozialprodukts und die dadurch hereinkommende zusätzliche Steuerkraft für diese Menschen in Anspruch nehmen. Das ist unter allen Umständen wichtig. Man muß außerdem dafür sorgen, daß uns die Preise nicht weglaufen. Auch hier hat Herr Professor Erhard schon mit vollem Recht darauf hingewiesen, daß die Preisentwicklung, die ja nicht durch unsere Schuld nach oben gegangen ist, sondern infolge von Verhältnissen, die unserem Einfluß vollständig entzogen waren, gemessen an den übrigen europäischen und außereuropäischen Ländern, bei uns in einem Maße gehalten worden ist, daß wir heute in Europa gemeinsam mit der Schweiz fast die geringsten Preissteigerungen haben. Ich bitte Sie: die Schweiz hat zwei Kriege nicht zu führen brauchen; die Schweiz hat keine Teilung ihres Wirtschaftsgebietes, sie hat keine Zerstörungen und keinen Kapitalverlust. Wenn es unserer Wirtschaftspolitik gelingt, die von der Weltwirtschaft herkommende Beeinflussung in gleichem, in einem so geringen Maße aufzufangen, dann dürfte das eine hohe volkswirtschaftliche Leistung sein, zu der wir ein volles Ja zu sagen haben.
Was die Frage des Geldes anlangt, so darf ich darauf hinweisen, daß wir Deutsche, die wir gar keine sogenannten Deckungsmittel für die Währung haben, dank der Wirtschafts- und Finanzpolitik unserer Regierung eine der festesten Währungen in der Welt haben.
Darauf sind wir stolz. Das ist uns aber nicht wie ein Geschenk in den Schoß gefallen, sondern dazu gehörte eine absolut klare und der Folgen jeder einzelnen Handlung bewußte Wirtschafts- und Finanzpolitik.
Es ist zwar richtig, Herr Kreyssig, daß wir im Frühjahr des Jahres den sogenannten Lieberalisierungsstop über uns ergehen lassen mußten. Das hatte die Ursachen, die ich schon erwähnte. Wenn uns das ERP-Ministerium kürlich in Zahlen dargetan hat, daß wir im zweiten Halbjahr 1950 — also in dem Halbjahr nach Korea — mit dem gleichen Geld, mit dem wir im ersten Halbjahr unsere ganze Einfuhr bezahlen konnten, nur noch 60 % der Einfuhr bezahlen konnten, dann ist festzustellen, daß diese 40 % durch eine weitere zusätzliche Ausfuhr bezahlt werden mußten. Dafür können wir ja doch nichts. Das heißt, wir haben diese zusätzliche Ausfuhr, für die wir dieselben Güter bekamen wie vorher, nicht mehr gehabt, und das hat sich dann
in der allgemeinen Preissteigerung niedergeschlagen. Dagegen war gar nichts zu machen.
Dennoch aber ist es — und zwar in klarer und absoluter Erfüllung der Voraussage des Herrn Bundeswirtschaftsministers — inzwischen zu einer Beruhigung der Märkte gekommen, und auch die große Unruhe, die dieses Haus, das ja immer in diesen Dingen à jour lebt, Anfang des Jahres erfüllt hatte, hat sich gelegt. Es ist heute wirklich so, daß man sagen kann: hier sind die Dinge in die größtmögliche Stabilität hineingekommen. Die deutsche Währung ist absolut in Ordnung. Sie ist fest, was ich als einen Erfolg bezeichne.
Wie ist das gekommen? Es ist zum großen Teil dadurch realisiert worden, daß es gelungen ist, auch hier wieder durch eine mutige Politik des Herrn Bundeswirtschaftsministers, unsere Ausfuhr in einer Kurve steigen zu lassen, die wir vorher nie geahnt haben. Als seinerzeit der Marshallplan in Gang gesetzt wurde, wurde ausgerechnet, daß bis Ende 1953 die deutsche Ausfuhr einen Wert von rund 8 Milliarden DM erreichen müsse. Nun denn, meine Damen und Herren, wir haben die Aussicht, in Kürze 15 Milliarden DM zu erreichen. Wir haben jetzt 1951, und wenn in dieser Summe sicherlich auch ein Teilbetrag eingeschlossen liegt, der durch die Preissteigerung verursacht ist — das will ich durchaus sehen und zugeben —, so haben wir doch mindestens das Ziel von 1953 auch unter Berücksichtigung dieser Tatsache heute bereits erreichen können. Auch das ist uns nicht wie eine reife Frucht in den Schoß gefallen, dazu gehörte der Mut — gegen den Protest vieler, die hier sitzen —, die Liberalisierung durchzuführen.
— Dazu gehört auch der Fleiß des deutschen Volkes in allen seinen Schichten, Herr Sander, das gebe ich durchaus zu. Aber diese Schichten hätten mit einer falschen Wirtschaftspolitik trotz des Fleißes diese Dinge nicht erreichen können.
Auch das muß in dieser Stunde und an dieser Stelle einmal gesagt werden.
Nun hat die Opposition, wie sie das immer tut, eine Schwierigkeit herausgenommen, nämlich die Engpässe der Grundstoffindustrien. Schon Herr Preusker und auch der Herr Bundeswirtschaftsminister haben mit vollem Recht gesagt, dort, wo wir eine Planung, dort, wo wir noch eine Preisbindung haben, dort, wo wir noch eine Lenkung haben — also das, was uns die Opposition als Heilmittel hier aufgezeigt hat —, haben wir gerade die Schwierigkeiten, weil die Investitionsrate, die im übrigen in der deutschen Volkswirtschaft durchaus erfüllt worden ist — wir haben im vergangenen Jahr 23 % des Sozialprodukts investieren können — wegen der Preisbindung in den Grundstoffindustrien nicht erfüllt worden ist. Wegen dieser Tatsache sind wir notwendigerweise in Schwierigkeiten gekommen.
Ich habe für mich daraus eine Lehre gezogen. Es ist die Lehre, daß man die Freigabe der Dinge im Sinne der sozialen Marktwirtschaft — also mit allen sozialen Bindungen — nicht nur auf einem Teilsektor durchführen kann.
Wenn man auf einem so breiten Sektor wie dem
der Grundstoffindustrien diese Bindungen beibehält, muß es in irgendeinem Zeitpunkt zu den
Verzerrungen und zu den Störungen kommen, die wir heute erleben. Ich bin deswegen sehr froh, daß der Herr Bundeswirtschaftsminister heute an diesem Pult angedeutet hat, daß wir hier auch zu anderen Wegen kommen müssen. Ich bin mit dem Herrn Kollegen Bertram durchaus darin einig, daß das, was im Augenblick auf dem Gebiet von Stahl und Eisen geschieht, eine Angelegenheit ist, die so nicht weitergehen kann. Wir müssen uns um diese Dinge kümmern. Es ist allerdings einfach zu sagen: Du, Bundeswirtschaftsminister, hast 120 000 t Stahl ausführen lassen und seitdem noch einmal 60 000 t als Reexport für amerikanische Kohle; das waren 180 000 t, und das war zuviel. Meine Damen und Herren, solche Zahlen darf man ja nicht absolut sehen, sondern man muß sie aus der Situation heraus sehen. Eine Stahlausfuhr von 120 000 t haben wir einmal gehabt; inzwischen ist diese Zahl auf 70 000 t zurückgegangen. Und die berühmten 60 000 t Reexport für amerikanische Kohle sind ein Reexport gewesen, der sich daraus ergab, daß wir ursprünglich gar nicht über die Dollars verfügten, um amerikanische Kohle frei einzukaufen. Die heute günstige Devisensituation mußte sich erst entwickeln. Sie, die Sie hier im Hause sitzen, wissen absolut, daß der Herr Bundeswirtschaftsminister gar nicht in der Lage ist, über diese Dollars frei zu verfügen; nicht einmal die Bundesregierung kann das.
Ich selbst habe mich im Laufe des Monats August sehr darum bemühen müssen, um für den Teil amerikanischer Kohle, den wir einführen konnten, wenigstens die Dollars freizukriegen, was schließlich gelungen ist. Inzwischen sind wir so weit, daß auch diese 60 000 t gestrichen werden sollen und daß die ganze amerikanische Kohle aus freien Dollars bezahlt werden soll, so daß also auch diese 60 000 t unserem Markt wieder frei zur Verfügung stehen.
Meine Damen und Herren! Ich will nicht zu lange reden. Was ich gesagt habe, beweist, daß der größte Erfolg der Bundesregierung der Erfolg auf wirtschaftspolitischem Gebiet ist, wenn auch Schwierigkeiten aufgetreten sind und sicherlich manche Wege, die nicht richtig waren, und manche Einzelpunkte kritisiert werden müssen. Aber wenn ich eine Gesamtbilanz aufzeige, ergibt sich, daß wir doch unerhörte Fortschritte gemacht haben. Jeder, der vor sich ehrlich ist, der sich einmal in die Situation des Jahres 1945 zurückversetzt, weiß doch, daß von dort her gesehen kein Mensch auch nur am Rande die Hoffnung auszusprechen gewagt hätte, daß es heute so sein könnte, wie es tatsächlich für uns ist.
Nun ist hier gesagt worden, wir hätten anderthalb Millionen Erwerbslose, und man würde es am liebsten sehen, daß zu diesen Erwerbslosen der Herr Bundeswirtschaftsminister gehörte. Nun, ein Politiker muß wissen, daß Undank der Welt Lohn ist und daß er keineswegs überall auf Anerkennung rechnen darf. Ich glaube also, die Hoffnung, die da ausgesprochen worden ist, wird ihn nicht sehr beunruhigen.
Ich muß im Rahmen des Etats auf eins aufmerksam machen. Die Leistungen der Wirtschaftspolitik, von denen ich sagte, sie seien uns nicht wie ein Geschenk in den Schoß gefallen, mußten mit einem Apparat vollbracht werden. Dieser Apparat, dargestellt durch das Bundeswirtschaftsministerium, ist klein im Verhältnis zu den Aufgaben, die dort anfallen; es sind nicht einmal tausend Menschen,
Ich möchte darauf hinweisen, daß im englischen Wirtschaftsministerium etwa 35 000 Menschen beschäftigt werden,
daß die englische Botschaft in Washington allein 2500 Menschen beschäftigt. Wenn man, wie ich durch meine Tätigkeit, laufend beobachten kann, wie die Herren im Bundeswirtschaftsministerium zu einem großen Teil weit über ihre Kräfte hinaus arbeiten, dann sollte man meinen, daß der Etat, den wir anzunehmen haben, bescheiden ist gegenüber den Aufgaben, die dort gemeistert worden sind. Ich bin der Auffassung, daß wir in Kürze für mannigfache zusätzliche Aufgaben hier auch zusätzliche Ansprüche vertreten müssen.
Was aber den Herrn Bundeswirtschaftsminister selbst anlangt, so kann ich für mich, für meine Freunde und für den Herrn Bundeskanzler sagen, daß er unser aller volles Vertrauen hat.