Rede von
Fritz
Schäffer
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Dr. Gülich hat konkrete Beanstandungen vorgebracht, die sich auf die Verwaltung des Branntweinmonopols beziehen. Ich glaube, den Fall zu kennen, der der eigentliche Gegenstand der Beschwerde ist. Ich glaube sagen zu können, daß ich mich — wenn ich mir die Akten leider Gottes jetzt auch nicht mehr beschaffen konnte — daran erinnere, daß wir häufig persönlich über diesen Fall gesprochen haben
und daß es sich dabei um eine Angelegenheit handelte; in der vielleicht der Gedanke auftrat, daß
eine bestimmte Firma schlechter als die andere
behandelt worden sei. Ich glaube, es ist dieser Fall.
— Jawohl, ich möchte aber auf Grund dessen, was ich nach meiner Erinnerung feststellen kann, den Vorwurf nicht anerkennen, daß der Beamte gegen Weisungen gehandelt habe und daß er Berichte, die eingefordert werden mußten, nicht eingefordert habe. Nach meiner Überzeugung ist der Bericht — ich glaube, es sogar mitgeteilt zu haben — angefordert worden. Es ist der Firma in dem Verfahren auch die Hilfe erteilt worden, die sie berechtigterweise verlangen konnte. Es ist allerdings, wie das häufig ist, nicht möglich gewesen, allen Wünschen zu entsprechen. Ich bin aber sehr gern bereit, die Einzelheiten mit den Daten, wenn ich die Akten zur Verfügung habe, im Ausschuß oder Ihnen persönlich noch bekanntzugeben.
Die Beanstandung, die der Kollege Bertram erhoben hat, bezieht sich in erster Linie auf die allgemeine Steuerverwaltung in den Ländern. Das ist also ein Thema, das zunächst dahin gehört, wo die Zuständigkeit der Verwaltung liegt. Das ist heute noch das einzelne Land. Ich möchte aber den dringenden Wunsch aussprechen: Wenn Fälle bekannt sind, in denen Mißstände auftreten, ob es sich nun um Bundes- oder Landesverwaltung handelt, die Behörde nicht als den Feind zu betrachten, dem man die Unterlagen nicht geben dürfe, weil man sonst dem Staatsanwalt diene, sondern daran zu denken, daß wir alle letzten Endes Steuerzahler sind und daß wir zum Schutze des Steuerzahlers auch für die Durchführung der Steuerverwaltung einzutreten haben, genau so wie ich es für eine Pflicht halte, daß man, wenn ein anderer Betrug an der Staatskasse etwa in der Form eines Rentenschwindels oder sonstwie geschieht, die zuständigen Behörden mit Namen, Zeit und Ort verständigt. So zu handeln halte ich für eine Pflicht.
Den Wunsch, daß der Bundesfinanzminister nicht immer mit neuen Steuerplänen kommen möge, hat niemand so herzlich wie der Bundesfinanzminister selbst. Aber wenn der Herr Kollege Wellhausen gesagt hat, daß es drei sind, die es dem Bundesfinanzminister schwer machen, so darf ich hier von dem ersten sprechen, vom Bundestag. Der Bundestag möge doch einmal in der Geschichte des letzten Jahres nachlesen, wie oft der Finanzbedarf des Bundes durch Gesetzgebungswerke in diesem Hause, durch Anträge in diesem Hause unvermutet geändert worden ist.
Ich erinnere an das, was ich am 26. April hier sagen mußte: daß, nachdem die Vorausbelastungen im neuen Haushalt berechnet waren — und die Zahl der Vorausbelastungen war sehr hoch, über 41/2 Milliarden DM —, die Zusammenstellung der Anträge, die ganz kurze Zeit danach in diesem Hause gestellt worden sind, eine Summe von weiteren 3 800 Millionen DM ergeben hat.
Meine Damen und Herren! Solange der Finanzbedarf des Bundes auch nicht nur einigermaßen übersehbar ist, solange können Sie dem Finanzminister keinerlei Vorwurf machen, wenn er dem steigende Finanzbedarf — auch einem Finanzbedarf, der in diesem Zeitabschnitt vielleicht manchmal nicht notwendigerweise auftreten müßte — jeweils auch die Deckung entgegensetzen muß; denn er fühlt die Verpflichtung des Art. 110 des Grundgesetzes in erster Linie als seine Verpflichtung, obwohl es eine Verpflichtung sämtlicher Körperschaften ist, die an der Haushaltsgesetzgebung und Haushaltsaufstellung mitwirken und zur Mitwirkung berechtigt sind. Dieser Berechtigung steht die Verpflichtung des Art. 110 des Grundgesetzes zum Abgleich der Einnahmen und Ausgaben im gleichen Jahre gegenüber.
Es ist richtig, daß daneben auch die Länder dem Bundesfinanzminister die Dinge nicht leicht machen. Ich kann den Ländern gegenüber dabei darauf verweisen, daß sich der Bund bemüht hat, ihnen nichts Unbilliges abzuverlangen; denn die Erhöhung der Einnahmen aus der Einkommen-und Körperschaftsteuer ist ja von vornherein unter dem Gentlemen Agreement gemacht worden, daß der Bundesanteil an Einkommen- und Körperschaftsteuer so hoch werden dürfe, wie sich die Haushaltslage der Länder durch diese Gesetzgebung verbessert.
Es ist nicht leicht gewesen, das Problem zu lösen. Immerhin ist eine Lösung wenigstens im Wege der Einigung im Vermittlungsausschuß zustande gekommen, wobei allerdings im Vermittlungsausschuß der Bundesfinanzminister — und zwar mit Zustimmung des Vermittlungsausschusses — betonen mußte, daß er nicht mehr in der Lage ist, eine Abgleichung auf dem Wege neuer Einnahmen zu finden, sondern sie nur dadurch finden kann, daß bei zwei Posten die Sperrungen aufrechterhalten werden müssen. Das ist ein Signal auch an die Öffentlichkeit und sämtliche Körperschaften, die hier beteiligt sind, ein Signal dahin, daß die Mög-
lichkeiten der Einnahmebeschaffung nach Meinung des Bundesfinanzministers erschöpft sind und neue Möglichkeiten über jene Vorschläge hinaus, die er — nicht erst in neuer Zeit, sondern seit langen Monaten — gemacht hat, nicht gegeben sind.
Nun wird der Bundesfinanzminister mit einer Schnecke verglichen, die die Fühler ausstreckt, einzieht und wieder ausstreckt. Es liegt an der Technik, Sie haben recht, Herr Kollege Wellhausen; es liegt daran, daß auf der einen Seite von sehr vielen Kreisen und Faktoren verlangt wird, über die jeweiligen Pläne unterrichtet zu werden, und daß in dem Augenblick, in dem die Unterrichtung dieser Faktoren stattfindet, meistens dann auch die Öffentlichkeit von Dingen, die vielleicht erst Pläne sind, von Dingen, die erst Themen sind, als festen Tatsachen unterrichtet wird und dann in der Öffentlichkeit das, was Beunruhigung genannt wurde, eintritt. Es ließe sich viel besser arbeiten, wenn wir das System hätten, wie es z. B. der Kollege in England hat, der mit niemandem spricht, bevor er seine Pläne ausarbeitet, und der in seiner Budgetrede seine Pläne als Neuigkeit bringt und infolgedessen auch als geschlossenes Ganzes bringen kann. Dort hat sich eine alte, eingelebte Demokratie, die aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt hat, ein System geschaffen, das gerade aus dem Grundgedanken der Wahrung des Haushaltsrechts des Parlaments kommt. Denn im Haushaltsrecht des Parlaments liegt es, daß die Beschlüsse gleichzeitig das Ganze eines Jahres übersehen müssen und infolgedessen im Laufe des Jahres nur in Notfällen Änderungen und Erschütterungen ausgesetzt sein sollten. Das ist ein System, das eine alte, eingelebte Demokratie hat. Ich gebe zu, jeder Mensch hat seine Fehler; auch der gegenwärtige Bundesfinanzminister wird seine Fehler haben,
wenn er vielleicht auch den Fehler hat, sie am allerwenigsten einzusehen; aber das ist ein allgemein menschlicher Fehler. Er nimmt an, er hat sie. Aber er darf darauf verweisen, daß der Fehler vielleicht auch darin liegt, daß wir aus den Mängeln erst zu lernen haben. Wir sollten uns gegenseitig sagen: Wenn wir wünschen, daß wir viel und vorzeitig über Steuerpläne reden, und es dann in die tiffentlichkeit kommt, dann dürfen wir nicht dem die Schuld geben, der gutmütig genug ist, den Wünschen entgegenzukommen und mit allen Teilen zu reden. Wir müssen daran denken, wie sehr dabei Voraussetzung ist, daß diese Pläne nicht allzu früh und falsch und als feste Tatsachen — während es sich noch um Gespräche handelt — in die Öffentlichkeit getragen werden.
Werden sie in die Öffentlichkeit getragen und werden sie falsch hineingetragen, so ist es unvermeidlich, daß der Verantwortliche eine Richtigstellung falscher Meldungen geben muß; sonst tritt eine Beunruhigung ein in einem Maße, das zu vermeiden ist.
Sie haben von der Aufwandsteuer gesprochen. Bezüglich der Aufwandsteuer ist eine Beunruhigung in die Öffentlichkeit hineingetragen worden — vielleicht sogar bewußt —, die mit den Plänen selbst gar nicht mehr in einem inneren Zusammenhang stand. Was habe ich für Proteste gegen eine Besteuerung von Fahrrädern, gegen eine Besteuerung einfachen Schuhwerks und von allem möglichen anderen erhalten, nur deswegen, weil das, was in die Öffentlichkeit kam, ungenau und damit falsch war.
Ich bitte also dringend — im Eingeständnis meiner eigenen menschlichen Schwächen —, diese menschlichen Schwächen dadurch möglichst auszubessern, daß Sie, das Hohe Haus, möglichst vollkommen sind.