Rede von
Dr.
Richard
Jaeger
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Bundesministerium des Innern betont in seiner Spitze und durch seine Vertreter immer wieder mit Recht, daß es das Verfassungsministerium ist, und es steht darum diesem Hause an — das ist besonders die Ansicht meiner Fraktion —, daß auch die Haushaltsansätze und die Politik, die mit Hilfe dieser Haushaltsansätze gemacht wird, unter den Gesichtspunkt gestellt werden, wieweit Geist und Wortlaut des Grundgesetzes nach seinen verschiedenen aktuellen Richtungen beachtet werden. Schließlich ist ja die Grundlage jener Fundamentalsatz des Grundgesetzes im Art. 20 Abs. 1: „Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat", womit die beiden Strukturprinzipien unseres Staates betont sind: die Demokratie und der Föderalismus. Ich glaube, daß zumindest die übergroße Mehrheit dieses Hauses in das Bundesinnenministerium und vor allem in seinen Chef das volle Vertrauen setzt, daß er ein überzeugter Demokrat ist und nicht von jener Sorte der Weimarer Zeit, die den Feinden der Demokratie zuviel Spielraum gelassen hat. Die Ablehnung, die dem Herrn Bundesinnenminister Dr. Lehr immer wieder so energisch von kommunistischer Seite entgegen-tönt, ist vielleicht der beste Beweis für seine entschlossene demokratische Haltung, und es war wohl nicht notwendig, hier vorhin eine Art von Gespensterkrieg aufzuführen.
Meine Damen und Herren, man hat mir nun zum zweitenmal in diesem Hause vorgeworfen, daß ich angeblich zu jung oder jedenfalls sehr jung sei. Dann lassen Sie mich wenigstens als einen Vertreter der jungen Generation sagen: Es gibt weiß Gott aktuellere Fragen als die, was im Jahre 1806, 1813 und 1918 richtig oder falsch gewesen ist. Wenn wir schon die Gewissensfrage nach Republik oder Monarchie stellen wollen, dann möchte ich doch einmal einige Sozialisten fragen; denn königstreue Sozialisten soll es ja nicht nur in Großbritannien und in Schweden, es soll sie, wie man immer wieder hört, auch in Bayern geben.
Jedenfalls kann ich Ihnen erzählen, daß es in einem deutschen Lande einen Ministerpräsidenten sozialdemokratischer Prägung gegeben hat, der nach seinem Amtsantritt im Jahre 1945 seinem Kronprinzen alsbald seine Aufwartung gemacht hat — sicherlich nur, weil er ihn als Privatperson betrachtet hat!
— Sie müssen es ja am besten wissen. — Im übrigen, Herr Kollege Marx:
Wenn es keine größeren Sorgen für den Bestand der Bundesrepublik gäbe — die wirklich in ernster Gefahr schwebt — als die monarchistische Idee, dann könnten Sie und ich gemütlich schlafen.
Bei der Demokratie habe ich keine Sorgen, meine Herren. Aber es ist so, daß in der schon leicht nördlichen Atmosphäre Bonns
nicht immer das andere Prinzip unserer Bundesrepublik — unserer Bundes republik! —, nämlich der Föderalismus, in gleicher Weise beachtet wird. Der Föderalismus hat ja schon einen großen Nachteil gegenüber der Demokratie:
Während man bei dem Wort Demokratie im allgemeinen weiß, wie man es schreibt, wissen es beim Wort Föderalismus recht viele Leute nicht. Sie schreiben nämlich dann statt Föderalismus „Förderalismus", und obwohl bestimmt, wenigstens nach meiner Überzeugung, der Föderalismus für das deutsche Staatsleben sehr förderlich ist, bin ich doch reichlich erstaunt, wenn sogar in dem Presse-und Funkbericht, der uns alle Arbeitstage hier vorgelegt wird, in Nr. 25 vom 5. Juli die Überschrift heißt: „Bundesfiskus und Förderalismus".
Meine Damen und Herren, wenn das am grünen Holze einer Bundesstelle geschieht, was soll am dürren Holze, sagen wir einmal, einer liberalen Partei geschehen?!
Da fordert man dann vielleicht das Bundeskultusministerium!
Zu meinem großen Bedauern habe ich ja feststellen müssen, daß in letzter Zeit auch sehr prominente Vertreter der Bundesrepublik sehr skeptische Äußerungen über den Föderalismus getan haben, und einer, von dem ich vermute, daß er im Augenblick über mir sitzt, soll sogar laut Zeitungsmeldungen — sicherlich nicht als Präsident, sondern als Abgeordneter — den Föderalismus als eine Gefahr für die deutsche Einheit bezeichnet haben. Ob es wahr ist, entzieht sich meiner Kenntnis.
Meine Damen und Herren, ich glaube, ich könnte — wenn es der Herr Präsident erlaubt — mit einem einzigen Satz erwidern, den bestimmt kein Bayer, sondern ein als Föderalist nicht übermäßig betonter Mann, der Ministerpräsident Arnold von NordrheinWestfalen, geschrieben hat und der lautet: „Die
Kraft zu der deutschen Gesamtstaatlichkeit ist nicht aus dem Zentralismus gekommen, der ja kurz zuvor" — nämlich 1945 — „bankrott gemacht hatte, sondern aus dem Willen der Länder, die nicht einem partikularistischen Egoismus huldigten, sondern sich in voller Verantwortung Deutschland verpflichtet fühlten." Meine Damen und Herren, hier ist dargetan, daß der deutsche Bund, soweit er im Westen wieder gebildet worden ist, aus der Kraft der deutschen Länder und ihrem Willen zur Einheit gewachsen ist und aus diesem Willen auch in Zukunft leben wird.
Es wurde heute in der Debatte — da schon von Verfassungsschutz gesprochen wird — mit Recht ausführlich von Grenzschutz gesprochen, der ja die Grenzen dieser demokratischen Republik zu schützen hat. Sicherlich würden manche Mißverständnisse, die da und dort aufgetaucht sind, bei einer psychologisch etwas klügeren Behandlung vermieden worden sein. Wenn man etwa jene Form der Vereidigung gewählt hätte, wie man sie in Bayern bei der Bereitschaftspolizei in Rebdorf bei Eichstätt gewählt hat, würden wohl alle Bedenken, es könnte sich um das Wiederaufleben einer militärähnlichen Organisation handeln, von vornherein verschwunden sein. Aber vielleicht braucht man dazu eben eine längere staatliche Tradition, als sie in dieser Bundesrepublik vorhanden ist. Vielleicht sind auch manche Mißverständnisse dann verschwunden, wenn aus unserm Haushaltsplan der Satz gestrichen ist, der da heißt: „Die Amtsbezeichnungen der Polizeivollzugsbeamten stehen noch nicht fest". Ich nehme an: Hauptmann oder Regierungsrat ist hier die Frage; ich weiß es nicht genau. Vielleicht kann man auch diese Frage in einem zivilen Sinne lösen und damit den Polizeicharakter des Grenzschutzes erneut unterstreichen.
Aber ich fürchte, daß eine ganz andere Gefahr besteht. Wenn nämlich in der Presse und in Äußerungen von Beamten immer wieder von den Polizeikräften des Bundes gesprochen wird, obwohl der Bund ja gar keine andere Polizeikraft hat als den Bundesgrenzschutz., der ja keine Polizei für das Innere, sondern eine Polizei für den Schutz der Grenzen nach außen ist, dann kriegt man natürlich Bedenken, ob hier nicht still und heimlich von dieser oder jener Seite — selbstverständlich nicht vom Herrn Minister selber — die Absicht verfolgt wird, einen Ersatz für die nicht erreichte Bundespolizei zu schaffen. Meine Damen und Herren, ich muß auf die Rede meines Vorredners hin deutlich erklären, daß wir uns mit aller Entschiedenheit gegen jede Verfassungsänderung wenden werden und daß die Bereitschaftspolizeien der Länder, die nach dem Verwaltungsabkommen, das im Zusammenhang mit dem Grenzschutz, der den Schutz nach außen zu übernehmen hat, abgeschlossen worden ist, durchaus in der Lage sind, Infiltrationen und Erhebungen von der äußersten Rechten oder der äußersten Linken energisch entgegenzutreten.
Die Stärke des Grenzschutzes ist seinerzeit auf 10 000 Mann festgesetzt worden. Ich werde nicht deswegen, weil man vielleicht bei genauer Nachrechnung findet, daß diese Zahl um 6 oder 7 Mann überschritten ist, hier etwas sagen. Aber eine andere Partei, die Bayernpartei, hat hier den Antrag Nr. 2443 eingebracht, der vorerst nur von der Tagesordnung abgesetzt ist, wonach sie ausdrücklich festgelegt haben will, daß die Zahl der Grenzschutzbehörden — nicht Beamten; Behörden! — auf 10 000 Mann festgesetzt wird.
Ich weiß nicht. wie das ist. Eine deutsche Behörde hat im allgemeinen mehr als einen Mann, und bei 10 000 Behörden werden dann wahrscheinlich an die 100 000 Mann herauskommen. Ich hoffe, daß dieses Meisterstück der Gesetzgebung möglichst bald zurückgezogen wird.
Allerdings ist es beim Grenzschutz so, daß noch einige andere Fragen auf der Tagesordnung stehen. Es ist notwendig — und die Weltjugendfestspiele haben es bewiesen —, daß wir über einen kasernierten Grenzschutz verfügen, der im Ernstfall in der Lage ist, größere Massierungen an den Grenzen abzuwehren oder festzunehmen. Aber, meine Damen und Herren, es ist nicht notwendig, daß sich der Grenzschutz überall mit der Rucksack-Kontrolle und der Paßnachschau beschäftigt. Es ist deshalb sehr begrüßenswert, daß man den Landesgrenzschutzpolizeien, wo diese bestehen, diese Tätigkeit auch in Zukunft beläßt.
Ich darf daran erinnern, daß in der Sozialdemokratischen Partei in dieser und in anderen Fragen sehr starke Meinungsverschiedenheiten bestanden haben. Einer ihrer Redner hat heute noch die Bundesbereitschaftspolizei gefordert, und der Herr Staatsminister des Innern, Dr. Hoegner, hat energisch gegen die Bundesbereitschaftspolizei Stellung genommen — in früheren Zeiten haben die Redner der Sozialdemokratie in diesem Hause gegen die bayerische Grenzpolizei Stellung genommen — und Dr. Hoegner will deswegen das Bundesverfassungsgericht anrufen. Ich kann mir nicht ganz erklären, wieso zwei Seelen in der Brust einer sonst so geschlossenen Partei leben; aber ich will gern annehmen, daß sich im Laufe der Zeit immer mehr der Geist der Vernunft, der ja meistens aus dem Süden kommt, durchsetzen wird.
Das müssen Sie mir hier schließlich noch gestatten! Ich freue mich, wenn kein solcher Widerstand, weder vom Bundesinnenministerium noch von der Sozialdemokratischen Partei, mehr erhoben wird.
Allerdings habe ich eine andere Sorge. Dem Vernehmen nach — ich weiß es nicht genau — soll die Inspektion der Bereitschaftspolizeien der deutschen Länder, die ja auf Grund des Verwaltungsabkommens vorgesehen ist, einer Abteilung unterstellt werden, deren Kommando zugleich der Kommandeur des Bundesgrenzschutzes hat. Mir scheint, daß diese Unterstellung sozusagen der Bereitschaftspolizeien der Länder unter den Bundesgrenzschutz für den Ernstfall nach dem Geist des Grundgesetzes und des Verwaltungsabkommens nicht der richtige Weg ist. Ich kann nicht sagen, ob dies bereits beschlossen ist; aber eine beruhigende Erklärung in dieser Hinsicht würde meine Freunde sehr erfreuen.
Im übrigen soll dem Vernehmen nach auch die Absicht bestehen, zu dem Bundesinspekteur für die Länderbereitschaftspolizeien noch drei Mittelbehörden zu schaffen, die heute vielleicht im Bundesinnenministerium aufgestellt werden, um sie später in die deutschen Länder zu legen. Wenn ein Land wie Bayern eine Bereitschaftspolizei von 2000 Mann aufstellt, braucht diese keiner Mittelbehörde mehr unterstellt zu werden. Das machen wir allein, und wir möchten uns solche Mittelbehörden, die auch im Verwaltungsabkommen
nicht vorgesehen sind, energisch verbitten. Wir hoffen auch da auf ein aufklärendes Wort von zuständiger Stelle.
Der Grenzschutz ist aber schließlich nicht das einzige Gebiet, über das wir uns beim Bundesinnenministerium zu unterhalten haben. Leider hat man sich heute schon sehr stark und in einer Weise, die ich nicht billigen kann, über ein Gebiet unterhalten, auf dem der Bund kaum Zuständigkeiten hat. Ich meine das Gebiet der Kulturpolitik. Ich bin zwar mit dem, was sachlich von verschiedenen Rednern gefordert worden ist, durchaus einverstanden; aber ich bin der Meinung, daß hier in erster Linie die Zuständigkeit der deutschen Länder gegeben ist und daß die Aktivität für die kulturellen Leistungen unseres Volkes in den deutschen Landtagen entfaltet werden sollte, wo ja dieselben Parteien sitzen wie in diesem Hohen Haus.
Es wurde gefordert, das Bundesministerium des Innern solle seine mageren Zuständigkeiten auf dem Gebiet der Kulturpolitik ausschöpfen. Kein Wort dagegen; es tut dies ja! Aber ich habe immer mehr Sorge, daß die Zuständigkeiten an allen Ecken und Enden überschritten werden. Wenn ich so verschiedene Titel anschaue, die in diesem Haushalt enthalten sind, vom Zuschuß für die Kommission für die Geschichte des Parlamentarismus über die Auszeichnung bester Jahresleistungen der Filmproduktion, über den Zuschuß für das Freie Deutsche Hochstift bis zu den Kosten des Deutschen Gesundheitsmuseums in Köln und der Marburger Blindenanstalt usw., dann kann ich nur sagen: der Bund hat nun einmal nach dem Grundgesetz keine Zuständigkeit für Geschichtspflege, keine Zuständigkeit für Filmproduktion, keine Zuständigkeit für die Kulturpflege,
keine Zuständigkeit für Museumswesen, und es wäre schon besser, wenn der Bund diese Gelder, wenn er sie gibt, den Ländern zur Verfügung stellte, damit diese gemäß dem Willen ihrer Landtage darüber verfügen.
Sie werden sich wahrscheinlich wundern, meine Damen und Herren, wenn ich als Vertreter eines steuerschwachen Landes mich gegen das Wesen oder Unwesen der Dotationen wende; aber Sie müssen das eine bedenken: Obwohl nun einmal die Länder auf diesem Gebiete zuständig sind, kann der Bund auf dem Umweg über die Dotationen einen sachlichen Einfluß geltend machen; denn er gibt die Dotationen naturgemäß unter bestimmten Auflagen. Wer zahlt, schafft an; das ist ein alter Grundsatz, der sicher auch im Bund gelten wird, heute und erst recht unter einem anderen Innenminister. Deshalb fürchten wir, daß auf diese Weise ein Einfluß auf die Kulturpolitik der deutschen Länder ausgeübt wird, der nicht dem Wesen des Grundgesetzes und dem Willen der jeweiligen Landtage entspricht.
Wir sind außerdem der Meinung, daß auf diese Weise eine kulturpolitische Abteilung notwendig wird, die man sich jedenfalls weitgehend sparen könnte, weil von den zwölf Referaten nur fünf eine Zuständigkeit im Grundgesetz haben, während sieben rein beobachtende Abteilungen sind. Ich hatte schon einmal die Ehre, vor Ihnen darüber zu sprechen, als wir den Etat des Herrn Bundesinnenministers Dr. Heinemann besprochen haben. Ich kann mich daher kurz fassen und heute nur wiederholen. Aber eines möchte ich mir doch nicht versagen zu bemerken: wenn nämlich der Herr
Bundesfinanzminister einmal einen Bundessparkommissar einsetzen sollte, so könnte ich mir kaum ein Gebiet denken, bei dem sachlich und vor allen Dingen personell sein Rotstift eine so leichte Arbeit haben würde wie auf diesem Gebiet des Bundesinnenministeriums.
Meine Damen und Herren! Ich verfüge leider nicht — aber auch mit Absicht, wie ich bemerken möchte, nicht — über die Möglichkeit von Informationen, von denen wir neulich in der Presse gelesen haben, daß sie anderen Seiten dieses Hauses oder sogar außerhalb dieses Hauses zur Verfügung stehen sollen. Aber ich möchte bemerken: würde ich darüber verfügen, dann würde ich vielleicht etwas Näheres darüber wissen, wie der Rundfunkgesetzentwurf der Bundesregierung oder des Bundesinnenministeriums ausschaut. Was man darüber so in Zeitungsandeutungen liest, ist nicht beruhigend. Ich möchte deshalb für heute nur erklären: da der Bund, wie ich schon einmal ausgeführt habe, nicht einmal das Recht zur Rahmengesetzgebung auf diesem Gebiete hat und einzig und allein auf technischem Gebiet eine Regelung treffen darf, möchte ich hoffen, daß diese Bestimmungen eingehalten werden, daß allerdings zur Regelung der technischen Bestimmungen das Bundesrundfunkgesetz gelegentlich auch einmal erscheinen wird.
Man hat in der Presse vor einiger Zeit — ich habe hier die „Frankfurter Rundschau" vor mir liegen — davon gesprochen, es sei im Schoße des Innenministeriums beabsichtigt — ob es stimmt, weiß ich nicht —, einen Gesetzentwurf einzubringen, der den vielen Verfassungsänderungen, die von verschiedenen Seiten immer wieder geplant werden, dadurch die Spitze abbricht, daß man ein für allemal dem Bund die Möglichkeit gibt, alle oder einen großen Teil der eigenen Verwaltungsangelegenheiten der Länder in Auftragsverwaltungen umzuwandeln. Ich will nicht annehmen, daß dieser Gesetzentwurf schon morgen aktuell wird; denn man wird sich ja über die parlamentarischen Mehrheitsverhältnisse vollkommen im klaren sein. Ich möchte aber grundsätzlich bemerken: wenn wir schon Einzelkorrekturen des Grundgesetzes für außerordentlich bedenklich halten in einem Augenblick, wo dieses erst zwei Jahre in Kraft ist, müssen wir uns solchen generellen Korrekturen, sollten sie wirklich beabsichtigt sein, mit aller Entschiedenheit widersetzen.
Allerdings muß ich leider immer wieder in Ausschüssen, in der Presse, in Reden von den verschiedensten Persönlichkeiten hören: Ja, wenn das und das im Grundgesetz eben nicht erlaubt ist, dann ändern wir es einfach, dann geben wir dem Bund die Kompetenzen. Mir scheint, daß das auf Grund einer geistigen Haltung geschieht, die nicht unwidersprochen bleiben kann.
Ich habe vor einiger Zeit — wie wahrscheinlich alle von Ihnen — ein Rundschreiben einer mir sonst völlig unbekannten preußischen Landespfandbriefanstalt erhalten, in dem bemerkt war, daß diese „Preußische Landespfandbriefanstalt" in Zukunft ihren Namen in „Deutsche Pfandbriefanstalt" ändern wird. Zum Symbol dieser Umbenennung schwebte darüber, sauber eingeprägt, nicht etwa der Bundesadler, sondern der alte preußische Adler.
Meine Damen und Herren, das scheint mir ein bißchen symbolisch zu sein, wenn ich das sagen darf, dafür, daß verschiedene Kreise leider, vielleicht sogar in diesem Haus, der Meinung sind, die
Bundesrepublik sei nicht der Nachfolger des Deutschen Kaiserreichs und der Weimarer Republik, wovon das erstere bestimmt ein eindeutiger Bundesstaat war, die letztere allerdings nur noch rudimentär, sondern sei der Nachfolger des alten Freistaates Preußen. Das ist vielleicht der Untergrund dafür, daß man alle möglichen Gesetzgebungs- und Verwaltungszuständigkeiten an den Bund ziehen will. Dem möchten wir schon jetzt mit aller Entschiedenheit widersprechen. Auch ehemals preußische Beamte müssen sich daran gewöhnen, daß sie nunmehr Bundesbeamte sind, und sicherlich wird auch der Herr Bundesinnenminister sich nicht mehr als preußischer Oberpräsident fühlen, sondern als der Innenminister einer Bundesrepublik. Davon, meine Damen und Herren, daß dies bei ihm und seinen Beamten deutlich und klar in Zukunft in Erscheinung tritt, wird es abhängen, ob und inwieweit die ChristlichSoziale Union dem Bundesinnenministerium ihre Unterstützung leihen kann.