Ich kann darin beim besten Willen keine Staatsgefährdung erblicken, wie es hier behauptet worden ist. Wo kämen wir denn hin, wenn eine sachliche Auseinandersetzung über verschiedene Regierungsformen nicht mehr möglich sein sollte? Wäre es nicht einem Universitätsprofessor, der doch schließlich auch Beamter ist, erlaubt, vor seinen Hörern die Vorzüge und Nachteile des einen und anderen Systems auseinanderzusetzen? Läge darin eine Verletzung der Treuepflicht, Herr Professor Bergstraeßer, von der Sie ausdrücklich gesprochen haben? Hat dieser Beamte seine Treuepflicht gegenüber dem Staat verletzt? Es liegt doch nichts weiter vor als eine sachliche Auseinandersetzung ohne eine eigene Stellungnahme. Wir haben von dem Herrn Innenminister gehört, daß er die Sache sofort untersucht und keinen Grund zu irgendwelchen Beanstandungen gefunden hat. Ich glaube, das dürfte genügen und weitere Auseinandersetzungen über diese Frage ersparen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Sie mich nun noch einiges zu der Polizeifrage sprechen. Der Leidensweg — ich kann sagen: die Tragödie der Schaffung einer deutschen Polizeimacht ist zu bekannt, als daß ich dem Hohen Hause noch einmal diesen Weg vor Augen führen müßte. Schon vor nahezu Jahresfrist war uns von den Besatzungsmächten die Möglichkeit gegeben worden, eine Bereitschaftspolizei von 30 000 Mann aufzustellen; und wenn wir heute nur eine Bundesgrenzschutzpolizei von 10 000 Mann glücklich auf die Beine gestellt haben, so ist das wahrlich kein Ruhmesblatt in der Geschichte dieses jungen Parlaments.
Es wurde zunächst befürchtet, daß Befugnisse der Länder verletzt würden, wenn eine Bereitschaftspolizei des Bundes geschaffen würde. Der Blick für das große Ganze, für die zwingenden Erfordernisse der Zeit — nicht nur die Sicherheit nach außen, auch die Sicherheit im Innern muß der Bund gewährleisten — war, und das zeugt von einer gewissen Engstirnigkeit, getrübt. Es war aus diesen Gründen nicht möglich, die Bereitschaftspolizei zu schaffen.
Statt ihrer wurde zunächst die Grenzschutzpolizei eingerichtet. Nun wendet sich Herr Kollege Dr. Menzel gegen die Unterbringung in Kasernen, die angeblich nicht vereinbart gewesen sei. Der Standort der einzelnen Formationen sei ein anderer, als ursprünglich angegeben worden sei. Demgegenüber möchte ich als Mitglied des Ausschusses für Angelegenheiten der inneren Verwaltung ganz entschieden feststellen, daß der Herr Bundesminister des Innern uns damals über den beabsichtigten Standort der einzelnen Formationen aufs genaueste informiert hat und daß er uns ebenso darüber nicht im Unklaren gelassen hat, daß die Grenzschutzpolizei kaserniert werden solle. Es hat sich damals eine übereinstimmende Auffassung gebildet, die ihren Niederschlag in der Resolution, die dieses Hohe Haus angenommen hat, gefunden hat.
Meine Damen und Herren, und nun wird gewünscht, diese Grenzschutzpolizei sei — damit sie ihren Charakter als Grenzschutz nicht verliere — nur innerhalb einer Reichweite von 30 Kilometern
von der Grenze zu verwenden. Diesem Wunsch ist Rechnung getragen worden. Aber wenn heute einmal außerhalb dieser 30-Kilometer-Grenze innere Unruhen ausbrechen? Da vertritt man bei Ihnen, meine sehr verehrten Herren, die Auffassung, daß der Grenzschutz nicht herangezogen werden könne. Ich glaube, man braucht darüber keine weiteren Worte zu machen. So engstirnig darf man doch nicht sein, daß man den Grenzschutz ausgerechnet an eine Zone von 30 Kilometern hinter der Grenze bindet, und wenn meinetwegen 50 oder 100 Kilometer hinter der Grenze etwas passiert, soll der Grenzschutz nicht eingreifen dürfen. Das würde ja eine derartige Schwächung des Ganzen bedeuten, daß der Grenzschutz als solcher seine Wirksamkeit verlieren würde.
Genau so ist es im Falle des Art. 91. Was hätte der Art. 91, der dem Bundesinnenminister das Recht gibt, die Länderpolizei im Falle einer inneren Gefahr an sich zu ziehen, für einen Zweck, wenn ihm nicht auch gleichzeitig gestattet wäre, den Grenzschutz einzusetzen? Wozu soll denn dieses Instrument, das wir glücklicherweise jetzt endlich geschaffen haben, dienen, wenn es nicht zur inneren Sicherheit verwendet werden darf? Wenn man derartige Ansichten hört, so muß man sagen: „Difficile est satiram non scribere" — es ist schwer, keine Satire zu schreiben. Es ist bedauerlich, daß ich etwas Derartiges in einem deutschen Parlament sagen muß, aber die Verhältnisse zwingen mich dazu, mit aller Deutlichkeit zu betonen, daß diese Angriffe, die gegen den Grenzschutz gerichtet werden, von uns aufs schärfste zurückgewiesen werden müssen. Wir hoffen, daß der Grenzschutz, so wie er jetzt steht, ein Instrument ist, das die Regierung befähigt, mit Unruhen im Innern fertig zu werden.
Weiter wird behauptet, die Auswahl der Persönlichkeiten sei nicht demokratischen Grundsätzen entsprechend erfolgt. Es seien hier Mißgriffe vorgekommen. Es wird auf den Vorfall in Braunschweig hingewiesen. Wir haben vom Herrn Innenminister gehört, daß er sofort eine Untersuchung eingeleitet hat. Meine Damen und Herren! Auch wir wünschen nicht, daß hier eine Polizei ersteht, die alte Nazimethoden einführt. Davon soll gar keine Rede sein. Ich bin überzeugt, daß das auch nicht der Wunsch des Innenministeriums selbst ist. Der Herr Kollege Menzel war ja lange genug Innenminister, um zu wissen, daß man sich nicht für jeden Beamten verbürgen kann. Es kann da einmal etwas vorkommen, was der Minister selber nicht billigt; aber die Hauptsache ist doch, daß sofort eingegriffen und die Sache auch sofort in Ordnung gebracht worden ist.
Ich möchte auch keinen Zweifel über unsere Auffassung lassen, daß diese Grenzschutzpolizei die Ordnung auch im Innern aufrechtzuerhalten hat, wenn Umtriebe von radikaler Seite, sei es von rechts oder von links, gegen die Ordnung des Staates erfolgen.
Schließlich wird gerügt, daß zu viele Soldaten in den Grenzschutz aufgenommen worden seien. Ja, meine Damen und Herren, will man denn die Soldaten immer noch weiter diffamieren, daß sie nicht befähigt seien, hier in einem ihnen doch sehr naheliegenden Berufsstande unterzukommen?
Aber das eine möchte ich noch einmal sagen: Wir werden die Hoffnung nicht aufgeben, daß es doch noch gelingen wird, hier in diesem Hohen Hause die Bereitschaftspolizei durchzusetzen, diese Bereitschaftspolizei, die bis jetzt wegen der Schwierigkeiten, die ich vorhin kurz gestreift habe, noch nicht geschaffen werden konnte. Diese Bereitschaftspolizei muß das ceterum censeo des Bundesinnenministers sein und bleiben, bis sie als das Instrument auf die Beine gestellt worden ist, das wirklich der Bundesrepublik ausreichenden Schutz gegen alle Umtriebe gewährt.
Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich noch einige kurze Ausführungen zu einer andern Frage machen. Das Bundesinnenministerium ist auch das Beamtenministerium. Wir sind immer dafür eingetreten, daß die Sauberkeit des Beamtentums und die Sauberkeit der Verwaltung gewahrt werden. Die Verwaltung ist die Flagge, unter der das Staatsschiff segelt. Eine saubere Verwaltung wird auch das Vertrauen der Bevölkerung zu dem Staat und zur Verwaltung herbeiführen. Damit eng verbunden ist auch das Ansehen, das sich der junge Staat in den Augen der Bevölkerung erringen muß. Je tüchtiger und je sauberer unsere Verwaltung ist, desto enger wird sich auch der Staatsbürger mit seinem Staate verbunden fühlen. Dann werden auch solche Erscheinungen, wie wir sie leider in der Nachkriegszeit in weiten Schichten der Bevölkerung feststellen mußten, wieder ausgemerzt werden, Erscheinungen, die in keiner Weise zu unseren Verhältnissen paßten, Erscheinungen, die neben bitterer Not oft völlig unerhörten Luxus zeitigten, die das Schiebertum neben dem ordentlichen Kaufmann groß werden, die den Schwarzhandel blühen ließen. Alle diese Erscheinungen werden weniger durch gesetzgeberische Maßnahmen als durch die Sauberkeit des Staates beseitigt werden können. Wenn das Vertrauen der Bevölkerung zu dem Staat, wenn die Achtung vor dem Staat wieder auflebt, wenn der Staatsgedanke als solcher in den Herzen unserer Bevölkerung wieder Wurzeln schlägt, dann werden auch solche von uns mißbilligten Erscheinungen wieder verschwinden. Deshalb betrachte ich es auch als eine wesentliche Aufgabe des Bundesinnenministeriums, dafür zu sorgen, daß die Sauberkeit im Staate garantiert und damit auch der Staatsgedanke selbst in der Bevölkerung wieder stärker verankert wird, als dies bisher leider noch der Fall ist.
Im übrigen stimmen wir dem Antrag des Haushaltsausschusses zu und billigen den Etat, den der Herr Bundesinnenminister vorgelegt hat, in der vom Haushaltsausschuß vorgeschlagenen Form.