Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der sehr verehrte Herr Kollege Bergstraeßer hat ein Thema angeschnitten, dessen Ernst nicht zu verkennen ist, und hat Meinungen vertreten, die ich nicht unwidersprochen hinnehmen kann.
Sie haben eine alte, etwas rostige, ich möchte sagen: etwas schartige Streitaxt ausgegraben, und Sie haben Ansichten vertreten, die zur Zeit des aktuellen politischen Kampfes in der Weimarer Republik von Ihrem Gesichtspunkt aus eine Berechtigung hatten. Ich glaube aber, für die heutigen Verhältnisse kann man diese Ansichten nicht vertreten.
Es ist eine längst erwiesene Tatsache, daß die monarchische Staatsform — wir haben sie in England — mit einer echten Demokratie sehr wohl vereinbar ist. Im Gegenteil, die Erfahrung in Schweden, in Dänemark und in anderen Ländern hat bewiesen, daß die monarchische Staatsform die Repräsentanz des Volkes und des Staates durch einen erblichen Monarchen, sehr viel für das Staatsbewußtsein, die Festigkeit des Volkes beigetragen hat. Ich erinnere an geschichtliche Tatsachen.
Preußen hätte in den Jahren 1806 bis 1813 die fremde Besatzung nicht mit so viel Würde überstanden, wenn nicht die Liebe zu seinem Königshaus gewesen wäre.
— Für Sie mag das alles lächerlich sein; für uns sind das Tatsachen von großer Tragweite,
und ich bekenne als gewählter Abgeordneter dieses Hauses, daß ich von ganzem Herzen Monarchist bin.
Meine Damen und Herren, es wurde hier die Auffassung vertreten, — —
— Lassen Sie mich reden! Sie haben ja auch geredet! Ich kann hier nicht nur brüllen!
— Es wurde hier die Auffassung vertreten, daß der monarchische Gedanke
mit dem Geist des Grundgesetzes unvereinbar sei.
Dieser Auffassung muß ich mit aller Entschiedenheit entgegentreten,
denn eine freiheitliche Demokratie ist in der Welt von den Monarchien bedeutend dauerhafter und Notzeiten besser überstehend vertreten worden als unter der republikanischen Staatsform.
— Darüber kann man streiten.
Ich bin eigentlich erstaunt darüber, daß der Herr Bundesinnenminister einem Beamten, dem Ministerialrat Bargatzky, für einen sehr abgewogen, zurückhaltend und solide geschriebenen Artikel die Mißbilligung ausgesprochen hat. Ich stelle hier fest, daß dieser besonders befähigte Beamte einen objektiven, staatsrechtlichen Beitrag geschrieben hat, ohne irgendwie erkennen zu lassen, daß er den monarchischen Gedanken vertrete oder gar propagiere. Wir können doch nicht in eine derart muffige Atmosphäre geraten, daß kein Mensch mehr eine Meinung sagen kann, die einem anderen nicht gefällt, die aber, an objektiven Maßstäben gemessen, vertretbar ist. Auch wenn er Beamter ist, muß er seine Meinung sagen können.
Das ist doch eine absolut abwegige und, ich möchte behaupten, undemokratische Gesinnung,
eine ausgesprochen undemokratische Gesinnung.
Und nun lassen Sie mich bitte noch zu zwei Fragen Stellung nehmen.
Es wurde kritisiert, daß ein Bundesminister an der Beisetzung des letzten deutschen Kronprinzen teilgenommen hat. Ich muß bekennen, daß mich diese Teilnahme sehr bewegt und sehr gefreut hat.
Denn an diesem Tage, an dem man den letzten
deutschen Kronprinzen zu Grabe getragen hat, hat
man auch etwas von meiner, von unserer Heimat
und von unserer Tradition zu Grabe getragen. Ich sage das als Flüchtling. Als bei der Beisetzung der Hohenfriedberger Marsch zum letztenmal aufgeklungen ist,
da ist eine Epoche zu Ende gegangen, auf deren Werte wir stolz sein werden bis an das Ende unserer Tage.
Meine Damen und Herren, es ist ferner angegriffen worden, daß zwei meiner Fraktionskollegen und Minister an der Hochzeit des Prinzen Ernst August in Hannover teilgenommen haben.
— Vielleicht werden Sie diese Dinge nicht verstehen.
Aber darüber kann man nicht streiten, weil es Gefühlsdinge sind, über die letzthin kein Streit möglich ist. Ich kann Ihnen nur unsere Auffassung sagen: Auch wenn diese beiden Kollegen Minister dieser Bundesrepublik sind, — wer will ihnen verwehren, an einem solchen Tage ihrer alten Treue und ihrer Anhänglichkeit an das Haus Braunschweig-Lüneburg, an das Haus Hannover Ausdruck zu geben? Wo kommen wir denn da hin!
— Gewiß, im 20. Jahrhundert! Sie sollten sich darüber freuen, daß auch in diesem 20. Jahrhundert Gemütswerte und Faktoren eines Staatsbewußtseins noch lebendig geblieben sind, die unsere Geschichte und unser Land durch ein ganzes Jahrtausend getragen haben, in glücklichen und in unglücklichen Stunden.
Meine Damen und Herren, ich bin der festen Überzeugung — ich glaube, Churchill hat es gesagt —: wenn man nicht 1918 die deutsche Monarchie zerstört hätte, wenn man nicht die Monarchie in Österreich-Ungarn zerstört hätte,
wäre Europa viel Unglück erspart geblieben.
— Ich stelle fest, daß man in diesem Hause über
Imponderabilien, über Auffassungen bereits nicht
mehr frei sprechen kann, ohne daß ein Teil dieses
Hauses in ein Gewüte und in ein Getöse ausbricht.
Mit mir bleiben viele meiner politischen Freunde unverbrüchlich bei unserer Auffassung; das nehmen Sie zur Kenntnis!
Und dabei fühlen wir uns mit getragen von vielen
in diesem Volke, die über diese im Grunde un-
politische Frage nicht ein bißchen anders denken.
Meine Damen und Herren, es war nötig, zu dieser Angelegenheit Stellung zu nehmen, damit nicht in den Annalen dieses Hauses eine völlig falsche Auffassung über die Begriffe Demokratie und Monarchie niedergelegt wird.
Lassen Sie mich zum Abschluß noch einige Worte zur Polizeifrage sagen. Wir sind im großen und ganzen von dem Bericht des Herrn Innenministers über die Organisation der Grenzschutzpolizei befriedigt.
Diese Einrichtung hat mit Parteipolitik gar nichts zu tun, sondern sie ist ein Instrument, das wir nicht damit diffamieren sollten, daß man Verdächtigungen, wie man sie damals gegen die Reichswehr vorgebracht hat, von Anfang an auch gegenüber dieser Formation verwendet. Es handelt sich um Polizeiformationen, und der gesamte Aufbau — davon kann sich jeder überzeugen — ist der von Polizeiformationen.
Wir würden es begrüßen, wenn es irgendwie möglich wäre, den Art. 131 des Grundgesetzes, d. h. die Unterbringungsverpflichtungen, im Rahmen des Aufbaues dieser Polizeiformationen möglichst zu berücksichtigen, und zwar, wenn angängig, mehr als bisher.
Wir erkennen aber auch die außerordentlichen organisatorischen Schwierigkeiten an, die durch die Notwendigkeit gegeben sind, in so kurzer Frist ein zuverlässiges, frisches und nach modernen und neuartigen Gesichtspunkten aufgebautes Instrument zu bilden. Wir wünschen und hoffen, daß im Interesse der Staatssicherheit diese Formation noch erheblich erweitert wird. Sie ist keine militärische Formation, sondern ihrem ganzen Wesen nach eine mit polizeilichen Aufgaben betraute Formation. Wir hoffen, daß es möglich sein wird, in derselben Linie wie bisher diesen Verband erheblich zu erweitern, und hoffen noch mehr, daß insbesondere die Bereitschaftspolizeien in den Ländern weiter ausgebaut werden. Dabei können wir nicht umhin, unser erhebliches Erstaunen über die Haltung des Landes Niedersachsen in den ganzen Polizeifragen zum Ausdruck zu bringen. Was der Herr Kollege Menzel hier im Hinblick auf die Grenzbegehung gesagt hat, stellt hinsichtlich der Haltung des Landes Niedersachsen eine sehr fadenscheinige Entschuldigung dar.