Rede von
Adolf
von
Thadden
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(Fraktionslos)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DRP)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zu den Ausführungen, die Herr Dr. Menzel hier gemacht hat, als er den „Leidensweg der Bemühungen der SPD" um die Verbesserung der Polizei schilderte, möchte ich bemerken: Gott sei Dank, daß diese Bemühungen bisher nicht im totalen Umfang realisiert werden konnten und daß es bei der „Menstapo" in Nordrhein-Westfalen geblieben ist.
— „Menstapo" ist doch ein schöner Ausdruck.
— Richtig, das ist Geschmacksache. Was aber die andere Kritik anlangt, so sind wir allerdings gleicher Auffassung. Wir haben bei der ersten Beratung des Gesetzes über die Einrichtung des Bundesgrenzschutzes hier ausgeführt, daß es uns zweckdienlicher erscheine, die vorhandene Kommunalpolizei in ihrer Zusammensetzung, Ausrüstung und Ausbildung etwas zu verbessern, und daß man sich die Einrichtung einer so kostspieligen Angelegenheit sehr überlegen sollte. Wir haben erklärt, wenn man dies unbedingt tun wolle, dann müsse man es auch mit dem entsprechenden Fundament tun. Wir haben damals Ihre Anträge auf Änderung des Grundgesetzes durchaus unterstützt, weil uns das sachlich der vernünftigste Weg zu sein schien. Es ist nun ein anderer Weg eingeschlagen worden, und manches ist auf Grund eines falschen Aufbaues unseres Erachtens nicht so gelaufen, wie es an sich hätte laufen müssen.
Ich wende mich nun dem Grenzschutz zu, so wie er ist. Hier ist Kritik daran geübt worden, daß sowenig alte Polizeibeamte hineingenommen worden sind. Meine Damen und Herren, wenn man einen Grenzschutz aufbauen will, der vernünftig eingesetzt werden soll, dann kann man meines Erachtens dafür, für den eigentlichen Frontdienst — so muß man es in diesem Fall mal als Fachausdruck bezeichnen — nicht alte Polizisten nehmen. Die gehören in den Kommunaldienst hinein, nicht aber in den Bundesgrenzschutz; und die Ablehnungen, die da erfolgt sind, haben meines Erachtens keinen Anlaß zu großer Kritik gegeben.
Nun ist der sogenannte Braunschweiger Vorfall hier auch zitiert worden. Es wurde immer erklärt: Die Bevölkerung hat protestiert. Wer ist denn die Bevölkerung? Irgendein vis-à-vis wohnender Gewerkschafts- oder Parteisekretär. der es irgendwie mal gehört und in seine Zeitungen hineingebracht hat! Das ist dann der Bevölkerungszorn gewesen, und aus dem Gesinge einiger Polizisten hat Ihre Presse ein NS-Sängerfest in Braunschweig gemacht. Das war es in keiner Weise. Und nun fordern Sie hier drakonische Maßnahmen.
— Das werde ich Ihnen — — sagen, Herr Dr. Greve!
— Ich stottere nicht, ich will es mir nur gut überlegen.
Sie kommen aus Ihrem Muspott heraus und singen die Internationale, und die anderen kommen aus dem anderen Muspott heraus und singen ihre Lieder.
Meine Damen und Herren, wenn Sie nun aber hier Kritik üben wollen, so haben Sie doch wenig konkrete Vorschläge gemacht. Es wurde hier von Fragebogen gesprochen. Herr Greve, viel umfänglichere Fragebogen sind meines Erachtens erforderlich. Ich würde also in einem neuen Fragebogen den Bewerber fragen: a) Haben Sie jemals in der HJ NS-Lieder gesungen? b) Welche Parteien haben Sie seit 1945 gewählt? c) Warum haben Sie nicht SPD gewählt? Eidesstattliche Erklärungen vielleicht.
Ja, das sind doch konkrete Dinge. Eidesstattliche Erklärungen, alles das, was man früher vielleicht getan hat, in Zukunft nicht wieder zu tun. Und selbstverständlich die Auswahl der Leute in engem Konnex mit den lokalen Entnazifizierungsausschüssen. Vielleicht können wir die Gewerkschaften auch hinzuziehen, um eine möglichst breite Basis für eine möglichst umfassende Beurteilung der Leute zu schaffen.
Meine Damen und Herren, wenn Sie jetzt noch 300 000 Mann Militär aufbauen wollen, Sie werden Ihr blaues Wunder erleben, was Sie da prüfen müssen und was Ihnen da noch alles passieren wird. Denn es ist doch nun wirklich nicht abzustreiten, daß eine gewisse Generation, auf die Sie nun einfach rein numerisch nicht verzichten können, eben aus einer anderen Ecke kommt, als Sie das gern haben möchten.
— Ach so, natürlich! Ein Liederverzeichnis für den Grenzschutz scheint mir außerordentlich dringlich, vielleicht als Nr. 1 die Internationale und als zweites „Fuchs, du hast die Gans gestohlen",
wenn Fridericus Rex oder ähnliche Dinge nicht mehr kommen sollen.
— Herr Greve, wenn ich mich immer so laut über Sie ärgern würde, wie Sie sich jetzt gerade über mich ärgern, würde überhaupt niemand mehr sein Wort hier verstehen.