Meine Damen und Herren! Mit den Rednern, die gesprochen haben, stimme ich erstens dahin überein, daß wir hier nur über einen Einzelfall diskutieren, über die Vertretung des Bundestages in diesem Fall, nicht aber generell. Zum zweiten stimme ich mit ihnen darin überein, daß vor dem Bundesverfassungsgerichtshof nur die Rechtsfrage schwebt.
Zum dritten darf ich nun meinerseits hinzufügen: Wenn wir der Auffassung sind, daß die politische Frage an dem Tage erledigt ist, an dem hier abgestimmt, spätestens an dem Tage, an dem das Gesetz veröffentlicht worden ist, und wenn jetzt nur noch die Rechtsfrage zur Erörterung steht, dann wollen wir, die Legislative, nicht in diesem Augenblick dadurch in die Rechtsprechung hineinreden, daß wir Rechtsfragen, die jetzt in Karlsruhe zur Entscheidung stehen, unsererseits noch erörtern. Ich möchte also auf den Punkt nicht eingehen.
Hier dreht es sich nur um die sachliche Frage: Soll der Bundestag vor Gericht vertreten sein oder nicht? Und diese Frage bejahen meine Freunde allerdings im gleichen Umfang wie der Herr Vertreter der SPD. Wir sind der Auffassung, der Bundestag sollte sich nicht in jedem Falle bei Fällen dieser Art vertreten lassen, sondern darüber von Fall zu Fall, je nach der Wichtigkeit, abstimmen.
Herr Kollege Arndt führt als einen Grund dafür, daß sich der Bundestag vertreten lassen müsse, an, nach seiner Meinung sei aus den Verhandlungen im Rechtsausschuß die Schlußfolgerung zu ziehen, daß die Regierung die Auffassung von der Rechtsgültigkeit des von uns beschlossenen Gesetzes in Karlsruhe nicht mit dem nötigen Nachdruck vertreten werde. Er schließt das aus den Andeutungen des Herrn Bundesjustizministers im Rechtsausschuß über die Richtung, in der die Regierung die Auffassung von der Rechtsgültigkeit dieses Gesetzes verteidigen will. Wenn aber die Verteidigung zunächst mehr in formeller Beziehung geführt wird, so schließt das, glaube ich, keineswegs aus, daß im zweiten Gang und in omnem eventum auch die Frage der materiellen Rechtsgründe in gehöriger Form zum Zuge kommen wird.
Deshalb glaube ich nicht, daß die Behauptung, die Bundesregierung sei bei der Vertretung der Rechtsgültigkeit dieses Gesetzes nicht zuverlässig, begründet ist und für uns ausschlaggebend sein könnte. Ausschlaggebend ist für uns die Tatsache, daß es sich erstens um einen sehr wichtigen Fall handelt, zum zweiten, daß das Gesetz, das hier verteidigt werden soll, nicht ein von der Regierung eingebrachtes Gesetz, sondern ein Initiativgesetz dieses Hohen Hauses gewesen ist, und zum dritten, daß der Kläger schließlich nicht ein Staatsbürger, nicht eine kleine Kommune, sondern nun mal ein deutsches Land ist, womit auch die Wichtigkeit dieses Falles unterstrichen ist. Das sind die Gründe, die uns bestimmen, hierfür zu sprechen.
Ich darf aber noch eines hinzufügen: Wir haben im Rechtsausschuß auch die Frage erörtert, was der Vertreter des Bundestags in Karlsruhe vorzutragen habe. Ich glaube, eigentlich können nur Juristen darüber streiten,
denn normalerweise sollte man der Meinung sein, daß, wenn jemand jemanden zu seinem Vertreter bestellt, dieser Vertreter die Sache, die zu vertreten ist, so schneidig, so tatkräftig und so umsichtig führt, wie es eben nur geht. Wenn deshalb der Standpunkt vertreten wird, der Vertreter, den der Bundestag bestimme, solle seinerseits auch die Argumente der Minderheit vortragen, dann kommt mir das genau so vor, als wenn der Vorstand einer Genossenschaft mit fünf gegen zwei Stimmen die Erhebung einer Klage beschlossen hat und nun seinem Anwalt den Auftrag gibt: Du hast jetzt aber nicht nur zu sehen, daß wir den Prozeß gewinnen, sondern du hast auch unsere beiden Vorstandsmitglieder zu vertreten, die den Prozeß nicht führen wollten; gib dir die größte Mühe und laß jeden in die Schwäche unserer Position ja nur richtig hineingucken. Und zum dritten: ich habe nicht den Eindruck, daß das Land Baden bei der Erhebung seiner Klage nach dem gleichen Rezept verfahren ist.
Also die Gründe, die hier vorzutragen sind, ergeben sich aus der von mir angedeuteten Richtung ganz von selbst.
Wenn schließlich im Ausschuß noch der Gedanke vertreten wurde, es dürften nicht noch mehr Gründe als die hier besprochenen vorgetragen werden, so wollen wir doch, meine Damen und Herren, der Phantasie unserer Kollegen Kiesinger und Arndt wirklich keinen Zaum anlegen. Wenn sie noch Gründe finden, die hier nicht besprochen worden sind, dann sollen sie sie nicht nur in Gottes Namen vortragen, sondern wir halten es für ihre Pflicht, sie vorzutragen.
Also, lieber Herr Kollege Jaeger, auch auf die Gefahr hin, daß Sie der Meinung sind, der Bundesrat wäre taktvoller als wir — notabene würde das höchstens auf Sie zurückfallen —,
und auf die Gefahr hin, diesen Widerspruch Ihrerseits herauszufordern, bin ich der Meinung, daß wir den Vertreter bestellen und entsprechend beschließen sollten. Und, verehrter Herr Kollege Jaeger, auch auf die Gefahr hin, daß es Ihnen zum Halse heraushängt — so habe ich Sie wohl richtig verstanden —: beschlossen wird es doch!