Warme Würstchen, die Ihre Kollegen, Herr Arndgen, sehr gern in Empfang genommen haben! Wenn Sie auf diese Lügenmeldung hereingefallen sind, würde das ja nur Ihrer geistigen Konzeption entsprechen.
Meine Damen und Herren, ich möchte noch ganz kurz einige Bemerkungen machen. Ich beneide Sie nicht, Kollege Mellies, daß Sie sich zum Verfechter der Politik der Bundesregierung gemacht haben.
Ich komme nun zu der Frage, die Herr Schütz angeschnitten hat, als er über diejenigen sprach, die aus dem Gebiet der Deutschen Demokratischen Republik kommen.
Vielleicht sind Sie so liebenswürdig und lesen einmal die „Stuttgarter Zeitung" nach, die darüber berichtet — auch der „Rheinische Merkur" hat das geschrieben, der bestimmt nicht kommunistenverdächtig ist —, daß vom Herbst 1949 bis zum Herbst 1950, also in einem Jahr, über 150 000 deutsche Facharbeiter aus dem Westen nach der Deutschen Demokratischen Republik gegangen sind.
Der „Rheinische Merkur" schreibt außerdem, daß eine große Anzahl von Vertretern der Wissenschaft und der Intelligenz den gleichen Weg gegangen sind
— daß Sie das nicht hören wollen, verstehe ich; aber Sie müssen den Tatsachen Rechnung tragen—, ungeachtet derjenigen, die als nichtgelernte Arbeiter bzw. als Nichtfacharbeiter aus dem Westen nach der Deutschen Demokratischen Republik gegangen sind.
Meine Damen und Herren! Noch eine andere Bemerkung. Sie, Herr Schütz, sind in dieser Weise aufgetreten. Ich möchte die Frage an Sie richten, ob Sie mit derselben Emphase
seinerzeit, als Zehntausende oder hunderttausend gegen das „tausendjährige" Reich Hitlers und Henleins kämpften, auch gegen diese Herrschaft Hitlers und Henleins gekämpft haben. Wenn Sie das getan hätten, würden Sie heute anders sprechen; dann wären Sie überhaupt erst legitimiert, hier aufzutreten.
— Wenn Sie mit mir zusammen gewesen wären, dann hätten Sie verschiedene Jahre Zuchthaus und Konzentrationslager durchgemacht.
Das wäre erst die Legitimation für Ihr Auftreten hier gewesen.
Aber ich möchte Ihnen noch einige Dokumente zum Zwecke der Beweisführung vor Augen halten, die Ihnen auch sehr unangenehm sind. Sie kennen Herrn Mikolaiczyk und seine Memoiren, die er veröffentlicht hat. Vielleicht kennen Sie aus diesen im „Tagesspiegel" veröffentlichten Memoiren auch die Stelle, wo er auf die Unterredung und das Ergebnis der Beratung mit Churchill zu sprechen kommt. Ich zitiere wörtlich:
Churchill wurde plötzlich vergnügt. „Ich sehe jetzt eine neue Hoffnung für ein Übereinkommen", sagte er begeistert. „Zur Frage der Curzon-Linie muß ich im Namen der britischen Regierung erklären, daß diese Linie angesichts der großen Verluste, die die Sowjetunion erlitten hat, und im Hinblick auf die Verdienste der Roten Armee an der Befreiung Polens dessen Ostgrenze bilden muß. Wir werden dafür sorgen, daß sie dafür durch Gebiete in Ostdeutschland, in Ostpreußen und Schlesien entschädigt werden. Sie werden einen schönen Zugang zum Meer, einen guten Hafen in Danzig und die unschätzbaren Mineralien Schlesiens erhalten."
Sie können diese Ausführungen im Protokoll des britischen Unterhauses nachlesen.
Aber nicht nur Churchill gab diese Erklärung ab, durch die damals die Festlegung der Oder-Neiße-Linie als endgültige Grenze zum Ausdruck gekommen ist. Am 2. Februar 1944, also 17 Monate vor der Potsdamer Konferenz, schrieb der englische Unterstaatssekretär Mr. Cadogan:
Die britische Regierung ist der Ansicht, daß
Polen das Recht haben müsse, sein Gebiet bis
zur Oder-Neiße-Linie einschließlich des Stettiner Haffs auszudehnen.
Und am 27. Februar 1944 erklärte der englische Kriegspremier Winston Churchill vor dem britischen Unterhaus:
Ich fühle mich nicht alarmiert durch die Aussicht auf eine Loslösung der Bevölkerung, auch nicht einmal durch die großen Transferierungen, die unter modernen Verhältnissen eher möglich sind, als es jemals der Fall war.
— Sie wollen das natürlich nicht hören; das weiß ich! — Am 17. November 1944 erklärte Präsident Roosevelt:
Was die künftigen Grenzen Polens angeht, so
hat die amerikanische Regierung gegen das
geplante, eine Entschädigung Polens durch
deutsche Gebiete vorsehende Abkommen zwischen Polen, Rußland und England nichts einzuwenden.
Falls die polnische Regierung und das polnische Volk den Wunsch haben sollten, nach der neuen Grenzziehung ihre nationalen Minderheiten umzusiedeln, soll dem von amerikanischer Seite nichts entgegenstehen; wir werden diese Umsiedlungen nach Kräften erleichtern.
Präsident Truman hat dieselbe Linie bezogen.
Ich glaube, meine Damen und Herren, damit ist die Argumentation, mit der Sie so gern draußen bei den Umsiedlern und Flüchtlingen hausieren gehen, um sie, nachdem die Pläne Englands und Washingtons mit einem Polen, das ihnen gefügig sein sollte, nicht gelungen sind, unter der Parole: „Zurück in die alte Heimat!" für deren Ziele, für deren Krieg zu gewinnen, erledigt. Ich bin davon überzeugt, daß die Politik dieser Regierung mithelfen wird, bei den Umsiedlern und Flüchtlingen über den Mißbrauch, der mit ihnen im Interesse der Kriegstreiber getrieben wird, Klarheit zu schaffen, und daß sie sich dafür nicht zur Verfügung stellen werden.