Meine Damen und Herren! Ich spreche als stellvertretender Vorsitzender des „Außenhandelsverhinderungsausschusses".
Ich glaube, Herr Kollege Kalbitzer, Sie können sich gerade heute nicht beklagen, denn im Außenhandelsausschuß ist ja der Beschluß gefaßt worden, den § 4 in das Zolltarifgesetz einzubauen, so daß derartige Verordnungen nun nicht mehr von der Regierung und dem Bundesrat erlassen werden können, sondern daß sie dem Bundestag zum Beschluß vorgelegt werden. Sie sollten also mindestens insofern anerkennen, daß wir uns im Außenhandelsausschuß sehr stark Gedanken darüber gemacht haben, welche Verantwortung wir vor der Innen- und insbesondere natürlich vor der Außenwirtschaft zu tragen haben.
Herr Kalbitzer, ich glaube nicht, daß es ganz richtig ist, wenn Sie dem Hohen Hause nur einige Negativzahlen genannt haben.
Es muß hier ausgesprochen werden: Wenn wir mit dem § 4 nicht Vorsorge getroffen hätten, wüßte ich keineswegs, ob dann nicht der Zuckerzoll doch erhoben werden würde.
Sie haben recht, wenn Sie auf die Zeit vor dem 30. Juni zurückgreifen, so bedeutet die jetzige Verordnung eine Erhöhung. Aber es muß auch ausgesprochen werden, daß Erhöhungen, die nach dem 30. Juni von der Regierung vorgenommen wurden, die damals noch nicht an den § 4 gebunden war, nunmehr gesenkt werden. Der Zoll wird z. B. für Gefrierfleisch in Zukunft nicht, wie in den letzten Wochen, 35 DM für den Doppelzentner betragen, sondern nur 22,90 DM. Dasselbe gilt für lebende Rinder, bei denen der Zoll von 16 DM auf 10,20 DM herabgesetzt worden ist.
Nun haben Sie gesagt, Herr Kalbitzer, das ganze Vertragswerk, das hier vorliegt, sei ein Gegenseitigkeitsgeschäft zwischen Bauernverband und Regierung. Ich bin Ihnen besonders dankbar, daß Sie nicht gesagt haben, es sei ein Gegenseitigkeitsgeschäft zwischen Bauernverband und Industrie.
— Herr Kalbitzer, ich glaube, es hätte mehr im Sinne Ihrer Ausführungen gelegen, wenn Sie von einem Gegenseitigkeitsgeschäft zwischen Bauernverband und Industrie unter Assistenz der Regierung gesprochen hätten.
Aber nun, Herr Kalbitzer, glauben Sie, daß man Zollverträge abschließen und Zollverordnungen erlassen kann, ohne daß man abzuwägen versucht, was der einen Seite recht und der andern Seite billig ist?
Wir müssen uns doch, gerade auch, wenn wir an den Konsumentenstandpunkt denken, restlos darüber klar sein, daß wir eine Verantwortung tragen, die über allem anderen steht: die Verantwortung dafür, aus unserem Boden herauszuholen, was nur irgendwie herausgeholt werden kann.
Dabei müssen wir berücksichtigen, daß die Produktionsverhältnisse in Deutschland gerade auch auf landwirtschaftlichem Gebiet doch in keiner Weise mit den Produktionsverhältnissen in anderen Ländern verglichen werden können.
Aber noch ein weiteres ist zu erwägen. Wir haben es doch gerade erst vor einem Jahr empfunden, wie gefährlich es ist, wenn Deutschland zum Sog von Importen wird — ich denke dabei besonders an Dänemark und Frankreich —, einerlei ob auf landwirtschaftlichem oder gewerblichem Gebiet, einfach deswegen, weil Überproduktionen nach Westdeutschland eingeführt wurden, die uns vieles über den Haufen geworfen haben. Ich möchte mich aus diesem Grunde auch der von einem meiner Vorredner vorgetragenen Bitte an den Herrn Finanzminister anschließen, die von diesem Hause geschaffenen Ein- und Ausfuhrstellen nun wirklich dadurch zur Arbeit kommen zu lassen, daß man ihnen auch die notwendigen Mittel zur Verfügung stellt. Dann wird es in zukünftigen Verhandlungen möglich sein, noch gerechter abzuwägen, was für die gesamtdeutsche Entwicklung wirklich notwendig ist.
Aber nun noch ein sehr ernstes Wort zu Ihnen, Herr Kalbitzer. In den monatelangen Beratungen sowohl im Zollunterausschuß wie auch im Außenhandelsausschuß haben wir im Grunde erfreulicherweise doch immer eine gemeinsame Linie gefunden und die verschiedenen Standpunkte gegeneinander abgewogen. Das Entscheidende, was wir damals beschlossen haben und was auch bei der Verabschiedung der heutigen Verordnung nicht übersehen werden darf, liegt doch darin: wir haben das jetzige Zolltarifgesetz so labil gemacht, daß mit Hilfe des § 4 die Dinge jeweils der wirtschaftlichen Notwendigkeit angeglichen und angepaßt werden können. Daher bedaure ich es, daß Sie nun bei der ersten entscheidenden Anwendung dieses § 4 allzusehr in die rein negative Einstellung verfallen sind. Ich glaube, in dem einen oder anderen Punkt wäre es durchaus möglich gewesen, das eine oder andere noch zu ändern, wenn dem nicht ein allzu stures ewiges Nein von Ihrer Seite entgegengestanden hätte.
Ich bin überzeugt, wir hätten manchen Beschluß leichter fassen können. Jetzt allerdings mußten wir zu diesen Beschlüssen kommen, denn wenn wir vor dem 1. Oktober diese Verordnung nicht verabschieden, dann — und das wissen Sie, Herr Kollege Kalbitzer, so gut wie ich, und das muß das ganze Haus wissen — treten Sätze in Kraft, die weder Sie noch wir vor dem deutschen Volk verantworten können.